Bemerkenswert

Helping Dogs on Tour: Natur- und Artenschutz in Deutschland

Helping Dogs – das sind wir:

SPEEDY: 9-jähriger Tierschutzhund, Helping Dog

Speedy&VgT-cow

CHEKOTEE: 8-jähriger Tierschutzhund, Hund mit Ängsten & „Nesthäkchen“

Chekotee guckt

MIRJAM SILBER: Ethnomusikologin (Feldforschungsprojekte zur jüdischen, speziell jiddischen Musik & Lehre an der Universität Wien), Sängerin (Klezmer-Ensemble Scholem Alejchem), Pädagogin, Bibliothekarin/Archivarin, vor mehr als 15 Jahren wegen Körperbehinderung frühpensioniert, kam über das Assistenzhundetraining zur Kynologie (Canine Science) und zu ihrem Spezialgebiet Wölfe, war in Brandenburg viele Jahre im Natur- und Artenschutz tätig (Wolfsmonitoring & Aufklärung über Wölfe und Herdenschutz, Moormonitoring), lebt jetzt in Eberswalde, wo sie sich aktiv gegen Rassismus und Antisemitismus einsetzt (u.a. im Afrikanischen Kulturverein Palanca e.V.), ihr aktueller Forschungsschwerpunkt zum jüdischen Eberswalde bringt sie quasi wieder an ihre wissenschaftlichen „Ursprünge“ zurück, Guided tours – Jewish Eberswalde.


LEAH – in memoriam:
15-jährige Tierschutzhündin, Therapiebegleithund (a.D.), Servicehund (a.D.)
gestorben am 19. Oktober 2018

Geliebte Seelenfreundin! Du wirst immer in meinen Gedanken und in meinem Herzen sein!

GIZMO – in memoriam:
13,5-jähriger Tierschutzhund, Therapiebegleithund (a.D.), Servicehund (a.D.)
gestorben am 7. Juli 2020

Mein liebster Wirbelwind! Ohne dich ist es so schrecklich ruhig!

Der gemeinnützige Assistenzhunde- und Tierschutzverein HELPING DOGS wandert nach Deutschland aus (warum – das erfahrt Ihr in den weiteren Blogbeiträgen der Kategorie „Präambel“: Backgroundstory – „Woodquarter“ & Politics, Warum gerade Deutschland?, Auswahl der Wolfs- und Moorregionen)!
In Deutschland werde ich ehrenamtlich im Naturschutz tätig sein (natürlich gemeinsam mit meinen Hunden: die beiden Junghunde als Artenschutz-Suchhunde). Eigentlich wollte ich ja an die Ostsee ziehen, doch da wimmelt es nur so von Touristen – nichts für uns. Deshalb nahm ich liebend gern das Offert des BUND Brandenburg an, für das LfU (Landesamt für Umwelt) im „Wolfsmonitoring“ und „Moormonitoring“ tätig zu sein!
Da ich glücklicherweise seit Jahren keinen Rollstuhl mehr benötige, sondern dank meiner Bein-Orthesen recht gut gehen kann (auch auf Waldwegen) und sowieso viel mit meinen Hunden draußen unterwegs bin, lässt sich das Naturschutzmonitoring ideal in meinen Alltag integrieren.
Durch Umbau des Autos auf Handbetrieb sind auch Menschen mit Behinderung wie ich in der Lage, eigenständig und sogar mit Wohnwagen mobil zu sein! Eh klar, ein Camperleben ist nicht jederfraus Sache, aber für mich – noch dazu mit mehreren Hunden – bedeutet dies ein Optimum an Selbstbestimmtheit, Unabhängigkeit und Freiheit:-)

In diesem Blog nehme ich Euch mit auf unsere faszinierende, spannende, lehrreiche und abenteuerliche Reise auf der Suche nach einem neuen Zuhause in Brandenburg, zu Deutschlands Wölfen und Mooren, zu Naturschutzgebieten und deren Vielfalt an Fauna und Flora, zu Menschen, die sich für eine bessere Welt einsetzen und auch zu sinnlichen Momenten des Erlebens elementarer Verbundenheit mit der Natur.

Viel Freude beim Mitreisen wünschen Mirjam Silber und die Helping Dogs!

NEBELKRÄHEN in EBERSWALDE – Einleitung

Neue Blog-Serie über Nebelkrähen im Eberswalder Stadtwald.

Nach über einjähriger Blog-Pause (währenddessen sich enorm viel getan hat) gibt es nun einen Neustart mit einer Serie zu meinen Begegnungen und Erlebnissen mit Nebelkrähen (Corvus cornix) in Eberswalde.

Seit Herbst/Winter 2021 haben sich meine beiden Hunde Speedy & Chekotee und ich – behutsam, Schritt für Schritt – mit einer Schar Nebelkrähen vom Brandenburgischen Viertel in Eberswalde angefreundet. Mittlerweile werden wir bei jedem Spaziergang im Eberswalder Stadtwald von einer kleineren oder größeren Krähengruppe begleitet, wobei einige der Nebelkrähen so vertraut geworden sind, dass sie von mir – aufgrund charakteristischer Merkmale – Namen erhielten, auf die sie auch hören. Einzelne von diesen Nebelkrähen sind unsere ständigen Begleiter, was dazu geführt hat, dass mich meine Bekannten und Freund:innen nur noch „die Krähenflüsterin“ nennen.

Als langjährige Mitarbeiterin beim Wolfsmonitoring in Brandenburg verfolgte und protokollierte ich Spuren von Wölfen – eine höchst spannende Tätigkeit! Dabei war es mir aber auch vergönnt, Wölfe quasi hautnah zu erleben: Wenn ich – achtsam bei größerem Abstand im Gebüsch versteckt (schließlich heißt die ethische Prämisse: nicht-invasives Monitoring) – mit dem Fernglas Wölfe beobachtete, so erschloss sich mir die wundervolle Welt der Wolfsfamilien. Unendlich faszinierend und immer wieder aufs Neue bewegend, beeindruckend, hochinteressant und auch überraschend! Ich bin so dankbar, dass ich diese Erfahrungen machen durfte.
Mitten unter den Wölfen habe ich jedoch nicht nur viel über Wölfe gelernt, sondern ebenso über Kolkraben, denn die waren immer mit von der Partie. Also vertiefte ich mich auch in die Literatur über Corviden und wuchs langsam in die Thematik Rabenvögel hinein. An der HNEE (Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde) hielt ich im Rahmen des „Tierartenseminars“ einen Vortrag zur Biologie und Ökologie des Kolkraben (Corvus corax), wozu auch ein Skript entstand, welches als Open Access zur Verfügung steht.
Seitdem ich nicht mehr im Wolfsmonitoring tätig bin, reduzierten sich naturgemäß auch meine Kolkrabenbegegnungen, doch dafür blüht nunmehr meine Freude an Rabenvögeln mit den Nebelkrähen im Eberswalder Stadtwald wieder auf.

Ich konnte viele faszinierende Verhaltensbeobachtungen machen, durfte Nebelkrähen als individuelle Persönlichkeiten kennenlernen und hatte zugleich auch echt viel Freude und Spaß mit „meinen“ Krähen.
Einige der Begegnungen habe ich bereits bei KraMobil eingetragen – KraMobil ist eine Citizen-Science-App der Universität Wien (Department für Verhaltens- und Kognitionsbiologie) und der Konrad Lorenz Forschungsstelle.

Dabei kam auch wieder die Lust am Bloggen und so entschloss ich mich, eine Serie über „meine“ Eberswalder Nebelkrähen zu gestalten. Hier sind schon mal erste Eindrücke – detaillierte Berichte (mitsamt weiteren Fotos und spannenden Videos) folgen dann in nächster Zeit laufend …

Naturschutzgebiet Plagefenn: „Hier soll der Wald sein Leben leben“

Direkt neben Brodowin erstreckt sich das Naturschutzgebiet Plagefenn, eines der Moore im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin.

Lage des NSG Plagefenn auf der Karte
Quelle: Googlemaps

Das Plagefenn ist ein Moorgebiet um den Großen und Kleinen Plagesee südwestlich des Ökodorfs Brodowin im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin.
Unser erster Ausflug ins Plagefenn fand ein jähes Ende, weil die Mückenplage [sic!] dort so arg war, dass die Hunde und ich schleunigst Reißaus nahmen. Beim nächsten Mal waren wir gewappnet: Ich hatte mich mit einer dicken Schicht Antimücken-Milch (Naturpräparat aus ätherischen Ölen) eingecremt und das Fell der Doggies ebenfalls mit einer Mixtur aus ätherischen Ölen besprüht (nicht ganz so dolle, denn Hunde sind ja ziemlich empfindlich, was Düfte anlangt). Kaum zu glauben, aber diese Maßnahmen bescherten uns einige (fast) mückenlose Stunden im Plagefenn – ich wurde gänzlich gemieden, nur die Hunde hatten ein wenig zu tun, sich die Quälgeister vom Leib zu halten (zur Gegenwehr rieben sie entweder ihren Kopf im bodenbedeckenden Laub oder wälzten sich überhaupt als Ganzes).

„Das Plagefenn war 1907 das erste Naturschutzgebiet Preußens und das erste Gebiet im heutigen Deutschland, das eigens zur Entwicklung von Wildnis geschützt wurde. Hier entfaltet sich die Natur frei vom Menschen möglichst unbeeinflusst – seit über 110 Jahren! Angeregt hat die Unterschutzstellung damals der Leiter der Lehroberförsterei Chorin, Max Kienitz. Er schrieb: ‚Hier soll der Wald sein Leben leben.‘ Es heißt, dass Max Kienitz bei der Jagd auf einen 14-Ender von dem prächtigen Tier und von der Stimmung, den Geräuschen und den Farben der Natur so tief beeindruckt war, dass er nicht nur den starken Rothirsch verschonte, sondern zudem anregte, die Natur in diesem Gebiet zu bewahren.“ (Wandern rund um Brodowin 2019, 105).

Plagefenn-Tour: Infostein am Fennweg, Juli 2021

„Der Name des Gebietes ist mit Sicherheit auf die im Jahre 1258 erwähnte Siedlung Plawe zurückzuführen. Plawe wird mundartlich auch in Plaue oder Plage umgewandelt. Plaw bedeutet auf altpolabisch sumpfiges Gelände oder Moor.
Eine weitere Erwähnung von 1459 ‚Plauel deserta‘ deutet die Aufgabe der Siedlung oder deren Zerstörung an. Der Standort des damaligen Dorfes ist bis heute nur zu vermuten. Einige Plätze im NSG lassen eine ehemalige menschliche Ansiedlung vermuten“ (Henne 2007, 22).

Plagefenn: Speedy & Chekotee im Tümpel, Juli 2021

„Das Naturschutzgebiet Plagefenn besteht aus unterschiedlichen Zonen: Die Kernzone ist tatsächlich unbewirtschaftet und wild. In der Schutzzone 2 (Pflegezone) wird der Wald nachhaltig bewirtschaftet. Dabei achtet der Förster besonders darauf, auch hier einen möglichst naturnahen Wald mit Totholz und Höhlenbäumen zu erhalten. Das ist wichtig, weil die Kernzone allein für viele Tierarten zu klein ist. Auch die umgebenden Wirtschaftswälder müssen daher Lebensräume bieten. Der Unterschied zwischen ungenutzter Kernzone und naturnahem Wirtschaftswald ist dennoch deutlich zu erkennen.
Als das Schutzgebiet 1907 eingerichtet wurde, umfasste es 177 ha, also knapp zwei Quadratkilometer. Mit der Ausweisung des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin wurde das Naturschutzgebiet auf 10,5 km2 erweitert. Die Fläche versechsfachte sich. Von diesen 1.055 ha sind 280 ha unbewirtschaftete Kernzone.
Die Kernzone besteht aus zwei Seen, dem Großen und Kleinen Plagesee, sowie aus angrenzenden Mooren, Erlenbruchwäldern und Buchenwald. Einige 1907 noch relativ junge Nadelholz-Aufforstungen entwickeln sich nun allmählich zu Buchen- und Laubmischwäldern. Die Kiefern, Fichten und Lärchen sterben nach und nach ab und werden zu Totholz, während die Laubbäume das Regiment übernehmen.
Nur in den Torfmoosmooren kommen Kiefern auch natürlicherweise vor. Hier werden sie jedoch nie alt und groß, weil ihre Wurzeln im Moor keinen ausreichenden Halt finden. Sie kippen allmählich um und werden im Moorkörper konserviert.
Der Begriff ‚Fenn‘ bezeichnet übrigens im niederdeutschen Raum eine morastig-sumpfige Niederung oder ein Moor. In Brandenburg wurden meistens eher nährstoffarme Moore mit Torfmoosen mit diesem Begriff belegt“ (Wandern rund um Brodowin 2019, 106).

Plagefenn: I = Kernzone, II = Schutzzone
Quelle: Richert 2007, 78

Die Plagefenn-Tour ist – wenn man von den Mücken absieht;-) – ein mehrstündiger wunderschöner Wanderweg rund um den Großen und Kleinen Plagesee, wo es viel zu entdecken gibt. Einzelne Stationen sind durch besondere Findlinge, an denen metallene Infotafeln angebracht wurden, markiert.

Naturschutzgebiet Plagefenn
Plagefenn-Tour, Juli 2021

Der mit dem Kranichsymbol beschilderte Rundwanderweg ist in der Broschüre „Wandern rund um Brodowin“, die 2019 vom Verein Ökodorf Brodowin e.V. herausgegeben wurde, auf den Seiten 98-129 (mit schönen Fotos illustriert) beschrieben und ebenso auf der Website des Ökodorf-Vereins.

Touren bei Brodowin – Karte
Quelle: Website Ökodorf Brodowin e.V.
Großer Plagesee (der blaue Pfeil zeigt, wo wir den Fennweg entlang gegangen sind)
Quelle: Mapsme

Wir starteten auf dem Waldweg von Brodowin Richtung Großer Plagesee und bogen bald in den Fennweg ein, wo uns an der Infostation nicht nur die Entstehungsgeschichte des Naturschutzgebiets Plagefenn kurz erläutert wurde, sondern auch ein tiefgehendes Zitat des Gründers Max Kienitz zu lesen war, welches das Anthropozän charakterisiert und heute nichts von seiner Gültigkeit verloren hat – im Gegenteil! „Wo aber finden wir in einem Kulturlande den Ort, wohin die Menschheit nicht gekommen ist? Nirgendwo! Überall, selbst in den entlegensten, unzugänglichsten Gebiet macht sich die menschliche Wirtschaft in irgendeiner Form geltend. Aus diesem Verlangen, sich in das Anschauen der unberührten Natur zu versenken …, ist der Gedanke entsprungen, Plätze zu schaffen, an denen der einsame Wanderer sich zurückversetzen kann in Urzeiten, und sich ein Bild ausmalen, wie es vordem aussah“ (Infotafel am Fennweg; ebenso zitiert in: 100 Jahre Naturschutzgebiet Plagefenn 2007, 17).

Plagefenn – Infostein mit Zitat von Max Kienitz, Juli 2021

Nicht nur die Ausläufer der Moorzonen, die viele Tümpel am Wegesrand entstehen ließen, sondern auch die hügeligen Formationen der eiszeitlichen Moränenlandschaft versetzen einen in die von Max Kienitz angesprochenen Urzeiten zurück.

„Auffallend ist heute, nach über 110 Jahren freier Entwicklung, das in großer Menge natürlich entstandene Totholz. Ob liegend oder stehend, mit oder ohne Rinde, besonnt oder schattig – Totholz steckt voller Leben!
Hier ist der Tisch reichhaltig gedeckt für die Holzbewohner unter den Pilzen, Käfern, Vögeln und vielen anderen Artengruppen“ (Wandern rund um Brodowin 2019, 105).

Plagefenn: Chekotee ruht inmitten von Totholz im kühlen Laub, Juli 2021

Unsere nächste Station war das Torfmoos-Moor, wo wir wiederum von einem Findlingsstein mit Infotafel begrüßt wurden:

Plagefenn: Station Torfmoos-Moor (Infotafel), Juli 2021

„Ein Torfmoos-Moor ist eine besondere Ausprägung eines Fenns – hier herrscht Wildnis! Torfmoospolster, Randlagg, Wollgras und Sumpfporst – die Worte zeigen schon, dass wir hier in eine andere, vielen Menschen unbekannte Welt hineinblicken.
Das Moor besteht aus einem wassergesättigten hellgrünen Torfmoospolster, das im Zentrum des Moores etliche Meter mächtig sein kann. Torfmoose sind wundersame Pflanzen: Sie bilden keine festen Kissen wie viele andere Moose, sondern wachsen lose und nicht durch Wurzeln verbunden nebeneinander her. Es sind Wesen, die fast unendlich lange wachsen können. Die Moospflänzchen wachsen immer weiter nach oben, während sie unten absterben. Auf diese Weise könnten Torfmoospflanzen mehrere Hundert oder gar Tausende Jahre alt werden!
Bis zum Himmel können sie aber nicht wachsen, da sie kein Stützgewebe ausbilden. Sie sacken in sich zusammen. Durch das Wasser von der Luft getrennt, entsteht Torf. Eine Faustregel besagt, dass ein Moor in 100 Jahren nur zehn Zentimeter nach oben wächst, das entspricht einem Meter in tausend Jahren. Je nach Niederschlag und Wasserstand hebt und senkt sich die Moorfläche, quillt auf und schrumpft wieder zusammen. Man sagt, das Moor oszilliert.
Auf dem Torfmoospolster wachsen besondere Pflanzen: Scheidiges Wollgras, Rauschbeere [auch Moor- oder Nebelbeere genannt (Vaccinium uliginosum), Strauch aus der Gattung der Heidelbeeren, Anm. M. Silber], Moosbeere, Polei-Gränke [Rosmarinheide (Andromea polifolia), Anm. M. Silber] und hier und da sogar Sonnentau. Die Moorfläche ist dicht bestanden mit einem immergrünen, niedrigen, sehr intensiv nach Rosmarin duftenden Strauch, der im Mai weiße Blütenkerzen bildet: der Sumpfporst (Ledum palustre). Auch Moorbirken und Kiefern wachsen auf dem Torfmoospolster. Wenn sie älter und schwerer werden, finden die Wurzeln keinen Halt mehr auf der Moorfläche. Die Bäume kippen allmählich um, bis ihr Stamm im Torfkörper eingeschlossen und konserviert wird.
Das Torfmoosmoor wird von einem sogenannten Randlagg umgeben. Es handelt sich um einen Saum, der besonders im Winter und Frühjahr Wasser führt, im Spätsommer und Herbst jedoch trockenfallen kann und dann eine schlammige Fläche bildet. Wegen des oben beschriebenen Oszillierens kann das Torfmooskissen nicht mit dem umgebenden Waldboden zusammenwachsen. Und so bleibt das Randlagg erhalten“ (Wandern rund um Brodowin 2019, 111-112).

Wollgras (Eriophorum sp.), Ziskenmoor/Schlaubetal, Mai 2020

Die obigen Fotos zur Moorbotanik stammen alle aus dem Schlaubetal, nicht vom Plagefenn. Denn auch wenn insbes. Chekotee, der Moormonitoring-Hund, sooooo gerne ins Moor wollte, blieben wir auf dem Waldweg (bzw. die Doggies durften natürlich am Rand schnüffeln und sich in den Tümpelchen erfrischen). Immerhin habe ich für die Region Schorfheide-Chorin (noch) keinen Naturschutz-Ausweis von der Unteren Naturschutzbehörde, also halte ich mich an die Regeln, die für alle Besucher*innen einer geschützten Region gelten.

Wir kehrten dann – trotz der bezaubernd wilden Urtümlichkeit dieser Waldmoorlandschaft – doch bald um, weil es an diesem Tag besonders heiß war und ich außerdem nicht riskieren wollte, dass unser Mückenschutz seine Wirkung verliert;-) Aber das nächste Mal machen wir den gesamten Rundweg …


LITERATURANGABEN
– Henne, E. (2007). Geschichte, Gegenwart und Zukunft. In: 100 Jahre Naturschutzgebiet Plagefenn, 22-28.
– Richert, Arnold (2007). Historische und aktuelle Untersuchungsergebnisse zur Schmetterlingsfauna des NSG Plagefenn (Lepidoptera). In: 100 Jahre Naturschutzgebiet Plagefenn, 77-88.
– Wandern rund um Brodowin, hg. v. Ökodorf Brodowin e.V. (2019).
– 100 Jahre Naturschutzgebiet Plagefenn (= Eberswalder Forstliche Schriftenreihe, Band XXXI), hg. v. MLUV & Landesforstanstalt Eberswalde (2007).

In Corona-Zeiten zum ersten Mal wieder ON TOUR mit dem Wohnwagen

Eigentlich wollte ich meinen kleinen Wohnwagen, das Puscherl, schon verkaufen … eigentlich! Doch nun bin ich sehr froh, dass nichts daraus geworden ist. So frei und ungebunden durch die Gegend zu fahren und dort Station zu machen, wo´s einem grad gefällt, das ist halt herrlich!

Ziel war die Region Schorfheide-Chorin – am Campingplatz Triangel in Niederfinow waren die Doggies und ich stationiert. Der kleine familiäre Campingplatz, der von einem sehr sympathischen Frauenteam geleitet wird, liegt idyllisch direkt am Finowkanal, wo man nicht nur Bootfahren, sondern auch Schwimmen kann – eine wohltuende Erfrischung an heißen Sommertagen (und glücklicherweise ohne Mücken)!

Weitere Fotos in der Galerie der Homepage des CP Triangel.

Trotz der – durch Corona bedingten – langen Campingpause entpuppte sich Speedy als „old camper“, lief fröhlich mit mir durch den Campingplatz und fand auch immer wieder neue Hundefreunde zum Spielen. Chekotee hatte hingegen mit seinen Ängsten zu kämpfen und fühlte sich eher gestresst – insofern war es überaus günstig, dass die Wohnwagenleute ihre Autos vor ihren Parzellen parken durften, wodurch eine gewisse Sicherheitsbarriere entstand, die für Chekotee spürbare Erleichterung brachte (dennoch hielt er sich – im Gegensatz zu Speedy – die meiste Zeit im Puscherl auf, wenn wir nicht grad unterwegs waren).

Puscherl + Qubo am CP Triangel, Juli 2021

Entlang des Kanals konnte ich mich botanisch wieder mal so richtig „austoben“;-) Neben Sumpf-Storchschnabel (Geranium palustre), Sumpf-Ziest (Stachys palustris), Sumpf-Weidenröschen (Epilobium palustre), Blutweiderich (Lythrum salicaria), Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris) und Wasserdost (Eupatorium cannabinum) entdeckte ich die wunderschöne Schwanenblume (auch Wasserviole genannt; Butomus umbellatus).

In Niederfinow befindet sich das gewaltige Schiffshebewerk, das älteste noch arbeitende Schiffshebewerk in Deutschland – seit 1934 in Betrieb. Es gilt als geschütztes Industriedenkmal und erhielt 2007 die Auszeichnung Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland. Parallel zum bisherigen Hebewerk wird das Schiffshebewerk Niederfinow Nord, welches auch für größere Schiffe geeignet ist, errichtet. Das neue Hebewerk soll das alte spätestens 2025 ersetzen.

Schiffshebewerk Niederfinow
Quelle: Wikipedia

Am meisten freute ich mich darauf, einige Mitglieder vom Eberswalder Philosophiekreis persönlich kennenzulernen. Wegen Corona finden die Veranstaltungen des Philosophiekreises seit Längerem ONLINE statt, was mir die Gelegenheit gab, dazu zu stoßen. Die illustre Philosophie-Gruppe trifft sich zweimal monatlich jeweils Freitag Abends: Nach einem Impulsreferat zu einem bestimmten Thema finden im Plenum spannende Diskussionen statt (manchmal bis Mitternacht) – ein sehr inspirierender intellektueller Austausch in einer sehr sympathischen, respektvollen und achtsamen Gruppe.

Buchenwald Grumsin

Mit Anke machten die Doggies und ich eine schöne Wanderung im GRUMSIN, dem UNESCO-Weltnaturerbe Buchenwald Grumsin. Als gebürtige Wienerin liegt es ja auf der Hand, dass ich zu Buchenwäldern eine besondere Beziehung habe – Stichwort: Wienerwald!

Der GRUMSIN war mir bereits durch die Webinar-Reihe Biodiversität im Wald namentlich bekannt und vor meiner Reise kaufte ich das reich illustrierte Buch „Grumsin – Weltnaturerbe im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin“, herausgegeben von Beate Blahy und Martin Flade, welches mir eine Fülle an Informationen lieferte.

In einem Weltnaturerbe-Wald ist es klarerweise nicht ganz so menschenleer wie bei uns im Schlaubetal, wo wir – zur Erleichterung der Doggies, v.a. Chekotee´s – normalerweise auf unseren Waldtouren niemanden treffen. Im GRUMSIN hatten wir drei Begegnungen (immerhin!), die Chekotee schon lang im Vorhinein „meldete“, indem er sich im Gebüsch versteckte, wo er verharrte, bis die „Aliens“ wieder weg waren. Speedy, der sich ja bereits am Campingplatz als überaus mutig erwies, reagierte auf fremde Wanderer ziemlich gelassen. Gewohnheitsmäßig platzierte er sich neben mich an den Wegrand, beobachtete die vorbeiziehenden Leute aber mit entspannt-fröhlicher Neugier.

Ein echter Moormonitoring-Hund

Dafür aber bot Chekotee während unseres Spaziergangs eine Überraschung, die ich höchst bemerkenswert fand: Die Doggies, Anke und ich schlenderten gemächlich über den Buchenpfad, als Chekotee plötzlich vom Weg abbog und uns in den Wald hineinführte. Da ich im Laufe unserer gemeinsamen Jahre im Artenschutzmonitoring gelernt hatte, den Hunden zu vertrauen, wenn sie „eine Fährte aufnehmen“, weil sie mir stets etwas Interessantes zeigen, ließ ich Chekotee gewähren. Selbstverständlich ist das niemals „Nachspüren“ bzw. Verfolgen eines Tieres – das ist gegen die Naturschutz-Ethik und berechtigterweise laut Bundesnaturschutzgesetz verboten (Tieren nachzuhetzen, das ist für meine Hunde tabu, stattdessen dürfen sie ja genussvoll „Scannen“, wie ich es bereits in einem früheren Blogartikel beschrieb). In der Regel finden die Hunde bei ihren ruhigen Suchaktionen Wolfspoopie oder andere Hinterlassenschaften eines Wildtieres, doch das schloss ich diesmal aus, weil es weit und breit keinerlei Spuren, nicht einmal vereinzelte Trittsiegel gab.

Umso größer war schließlich meine Verwunderung (und Begeisterung!), als Chekotee uns zu einer Senke mit einem dicht von Binsen bewachsenen Feuchtbiotop führte! Dort angekommen, warf er sich vergnügt am Rand in´s Gras und kuckte mich erwartungsvoll an, so als würde er sagen: „Nu mach mal! An die Arbeit! Moormonitoring!“

Ist es nicht erstaunlich, dass Hunde einfach durch´s Miterleben lernen, was für ihren Menschen wichtig ist?!? Seit Jahr und Tag besuchen wir Moore und ich mache dort meine (botanischen) Dokumentationen – währenddessen stehen, sitzen oder liegen die Doggies am Rand, schnüffeln und scannen vielleicht ein bissl, befinden sich aber prinzipiell im Ruhemodus. Ebenso ist es, wenn ich irgendwo anders unterwegs Pflanzen bestimme und natürlich auch im Wolfsmonitoring – stets warten die Doggies, bis ich mit meiner Arbeit fertig bin.
Früher, in den allerersten Anfängen unserer Monitoringtouren gab ich ihnen das bekannte Signal „settle down“, doch nach wenigen Malen hatten sich diese Abläufe bereits verselbständigt (auch als die Hunde noch zu viert waren, gab es bei diesem ruhigen Abwarten nie Probleme). Tatsächlich folgt die „Belohnung“ ja direkt danach: weiter geht´s, auf zu neuen Abenteuern! Es zahlt sich also aus, bei der Hundeerziehung „funktionale Verstärker“ einzusetzen (in diesem Fall neben Bewegung in erster Linie „Seeking“, also spannendes Umwelterkundungsverhalten).

Zainhammermühle

Eberswalde ist ein angenehmes Städtchen, denn – nomen est omen – es gibt mittendrin und rundherum jede Menge Wald und auch der Verkehr hält sich in Grenzen, wodurch es nicht übermäßig laut ist. Sogar Chekotee traute sich gemeinsam mit Speedy in die Eberswalder Gassen – zwar nur kurz, aber doch!!

Gemeinsam mit Anke war ich von Dennis und Janine in die Zainhammermühle eingeladen worden, wo wir eine Führung durch die Mühle erhielten. Der Eberswalder Verein Die Mühle e.V., der sich die Förderung von Kunst und Kultur sowie die Erhaltung des Denkmals Zainhammermühle zum Ziel gesetzt hat, kaufte 2008 das denkmalgeschützte Mühlengebäude und saniert es seither liebevoll. Die Mühle wird als Werkstatt für Künstlerinnen und Künstler, Galerie, Theater- und Konzertsaal genutzt, zudem werden Lesungen und Kunstkurse geboten. Das Veranstaltungsprogramm der Mühle ist breit gefächert – ein Besuch lohnt sich allemal! Auch der Philosophiekreis trifft sich in der Zainhammermühle.

Zainhammermühle (Foto: Günter Rinnhofer)

Janine ist ebenfalls Österreicherin – wir beide verwirrten und amüsierten die anderen mit typisch österreichischen bzw. wienerischen Ausdrücken, welche die Deutschen nicht verstehen, schon gar nicht artikulieren können;-)
Weil wir uns alle so gut unterhielten, beschlossen wir, in einer Eberswalder Pizzeria zu Abend zu essen – als Abrundung eines beschwingten, inspirierten und fröhlichen Tages!

Miau, miau, hörst du mich schreien

Anderentags besuchte ich Matthias, seine Frau Sarah und deren zweijähriges entzückendes Söhnchen Falk in ihrem mitten im Wald liegenden idyllischen Gartenhaus bei Niederfinow. Es waren auch noch weitere Freunde des Hauses da, wodurch sich angeregte Gespräche entwickelten. Beim Grillen am Lagerfeuer sangen wir allerlei Lieder, vorwiegend Kanons, wobei der Katzenkanon bei mir für die darauffolgenden Tage und Nächte zum Ohrwurm wurde;-)

Miau, miau, hörst du mich schreien?
Miau, miau, ich will dich freien.
Folgst du mir aus den Gemächern,
Singen wir hoch auf den Dächern.
Miau, komm geliebte Katze,
Miau, reich mir deine Tatze.
Blumberger Mühle

Im NABU-Naturerlebniszentrum Blumberger Mühle hatte ich eine Verabredung mit der Botanikerin Lea Luthardt, die mich netterweise durch die schön angelegte, facettenreiche Naturerlebnislandschaft begleitete und mich über die vielfältigen Aktivitäten des Zentrums informierte.
Den Namen „Blumberger Mühle“ hat das Gebäude vom Müller Martin Blumberg, der an dem kleinen Flüsschen Welse um 1700 eine Wassermühle als Mahl- und Schneidmühle bewirtschaftet hatte. Inzwischen kann man jetzt gerade noch die Grundmauern der alten Mühle zwischen den Blumberger Teichen finden. So bekam das 1997 neu eröffnete Informationszentrum des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin den Namen der alten Mühle.

Entworfen und gebaut wurde das Haus durch den Architekten Bernd Kühn. Dieser hatte die Idee einen großen hohlen Baumstumpf zu errichten. Er symbolisiert den Kreislauf Lebens – aus Altem entsteht Neues.

Blumberger Mühle
Quelle: Blumberger Mühle. Eine Begleitbroschüre zum NABU-Informationszentrum Blumberger Mühle. Angermünde 1997, S. 11
Naturerlebnislandschaft Blumberger Mühle
Quelle: Folder NABU-Naturerlebniszentrum Blumberger Mühle/Hauptinformationszentrum & Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin
Ökodorf Brodowin

Das Ökodorf Brodowin hatte ich bereits während meiner mehrmonatigen Wohnwagen-Reise durch Brandenburg im Jahr 2018 besucht und wusste deshalb, dass sich ein „Abstecher“ dorthin auf jeden Fall lohnt. Der Hofladen ist ja – berechtigterweise – weit über die Grenzen hinaus bekannt. „Landwirtschaft in Brodowin heißt Arbeiten mit der Natur. Wir bekennen uns zum biologisch-dynamischen Landbau. Unsere Arbeit ist ein Kreislauf aus Boden, Pflanze, Tier und Mensch. Durch systematische Fruchtwechsel und gezielte Gründüngung versuchen wir, dem Boden zurückzugeben, was wir ihm entnommen haben“ (Brodowin-Website).
Bewunderns- und nachahmenswert finde ich die von den Dorfbewohner*innen gemeinsam entwickelte Initiative, den Landwirtschaftsbetrieb „Ökodorf Brodowin“ als Bio-Betrieb nach Demeter-Richtlinien zu gründen – für die Natur UND für die Menschen! Der Verein Ökodorf Brodowin e.V. wurde 1991 ins Leben gerufen und hat laut Satzung das Ziel, die ökologische Landwirtschaft, den Naturschutz, den Tourismus und das Dorfleben zu fördern. Bei Hofführungen kann man den Demeter-Betrieb kennenlernen und rund um Brodowin lädt die herrliche Landschaft zum Wandern ein.

Wandern rund um Brodowin - Karte
Quelle: Wandern rund um Brodowin, S. 2

Direkt neben Brodowin erstreckt sich das Naturschutzgebiet Plagefenn, eines der Moore im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Der Weg von Brodowin Richtung Plagefenn durch den Wald war gesäumt von Seifenkraut (Saponaria vulgaris), welches im Sonnenlicht, das durch die Bäume schimmerte, in überirdisch strahlendem Weiß leuchtete.

Über das Plagefenn berichte ich im nächsten Blog-Artikel.

Plagefenn-Wildnis, Juli 2021

Bei all den vielen neuen Abenteuern braucht man verständlicherweise zwischendurch auch mal Erholungspausen: Ich entspannte mich mit Schwimmen im Kanal und Chillen auf unserem lauschigen Campingplätzchen (und Eis!), die Doggies machten ihr Nickerchen im Wohnwagen. Während Speedy sich im Bett ausbreitete, rollte sich Chekotee am kühlen Boden zusammen, doch wenn es Speedy zu warm in der „fahrenden Hundehütte“ wurde, machte er es sich draußen auf der Wiese gemütlich, dafür hatte Chekotee dann das Wohnwagen-Bett ganz für sich allein;-)

Ende August bin ich wieder für eine Woche dort und freue mich schon auf neue Entdeckungen und Begegnungen:-)


QUELLEN
Blahy, B. & Flade, M. (2017). Grumsin – Weltnaturerbe im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin (= Alte Buchenwälder Deutschlands, Bd. 3). Rangsdorf. Natur+Text GmbH.
Wandern rund um Brodowin, hg. v. Ökodorf Brodowin e.V. (2019).

Trautzke-Seen und Moore – Teil 10: Ein Moor in voller Blüte

Frühling und Frühsommer – das ist für botanische Entdeckungen eine herrliche Zeit! So auch in den Trautzke-Mooren: Insbesondere Trautzke-3 ist übervoll mit wunderschöner Moorvegetation, darunter auch seltene und unter Naturschutz stehende Pflanzen.

Im Naturschutzgebiet Trautzke-Seen und Moore, zwischen dem ehemaligen Kleinen und Großen Drauzen, liegt eine Moorstelle, welche ich Trautzke-3 genannt habe (lies mehr dazu in den Beiträgen Trautzke-Seen und Moore – Teil 3: Mirjam´s topographische Nomenklatur, Trautzke-Seen und Moore – Teil 2: Geschichte und Etymologie, Trautzke-Seen und Moore – Teil 1: Lage und Geomorphologie).

Trotz des sehr heißen, ja schwülen und dunstigen Tages leuchtet uns schon vom nördlichen Rand des Moors erfrischend glänzendes Grün entgegen – dieser Einladung zu einer Rast auf dem feucht-kühlen Erdboden am Rande von Trautzke-3 können die Hunde und ich natürlich nicht widerstehen.

Was ich im Monat zuvor anhand der (noch jungen) Blattrosetten als Beinwell ansah, entpuppt sich nunmehr – hoch aufgewachsen und blühend – als Fingerhut! Digitalis purpurea (Roter Fingerhut) – GIFTIG, aber wunderschön anzuschauen:-)

Trautzke-3: Roter Fingerhut (Digitalis purpurea), Juni 2021

Unter den purpurfarbenen Fingerhüten fand ich auch weiß-gelbe Varianten – dabei könnte es sich evtl. um Gelben Fingerhut (Digitalis lutea) oder Großblütigen Fingerhut (Digitalis grandiflora) handeln. Beide Arten stehen laut Bundesartenschutzverordnung unter Naturschutz (siehe BArtSchV).

„Die Mythologie des Nordens berichtet, dass Elfen die Blüten von Fingerhüten aufsetzen, wenn sie im Mondschein tanzen“ (Kosmos-Pflanzen 2020, 64).
Die Gattung Fingerhut (Digitalis) zählt nach neueren molekularbiologischen Erkenntnissen zur Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae). „Die neue phylogenetische Klassifizierung hat diese Familie beträchtlich vergrößert. In unseren Regionen beinhaltete sie vorher nahezu allein die Wegeriche. Aber jetzt ist sie um mehrere wichtige Gattungen reicher, wie Ehrenpreis, Leinkräuter, Fingerhüte – früher ein Teil der Braunwurzgewächse (Scrophulariaceae)“ (Fragnière et al. 20202, 261).
Die Wegerichgewächse sind eine überaus vielgestaltige Pflanzengruppe, die etwa 95 Gattungen mit rund 1900 Arten umfasst. „Sie sind weltweit in allen Klimazonen beheimatet. In der mitteleuropäischen Flora gibt es knapp 20 Gattungen mit etwa 75 Arten“ (Lüder 2018, 659).

Trautzke-3: Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) – Blüten, Juni 2021

„Der Rote Fingerhut wächst in Europa vor allem in Gebirgslagen auf Waldwiesen und Lichtungen. Auch in Gärten ist er als Zierpflanze beliebt. Für die Drogengewinnung wird er in Feldkulturen angebaut. […] Die Droge enthält wichtige Kardioglykoside. Das gesamte Material wird in der pharmazeutischen Industrie zu wichtigen Medikamenten für die Behandlung von Herzleiden verarbeitet. Die Medikamente darf nur der Arzt verschreiben. Sie kommen bei Versagen der Herztätigkeit, zur Dämpfung des Pulsschlags, beim Ausgleich unregelmäßiger und nicht ausreichender Herztätigkeit und bei Herzhypertrophie zum Einsatz“ (Naturapotheke 1983, 133).

Digitalis purpurea (Roter Fingerhut)
[Quelle: Thomé 1885, 123/501]

Im Altertum war der Fingerhut unbekannt. „Er soll zuerst im 5. Jahrhundert in Irland heilkundlich genutzt worden sein. Man nannte die Pflanze damals ‚Frairie´s Herb‘ und versuchte mit ihr ‚verhexte‘ Kinder zu heilen, was oft tödlich endete. Seit dem 11. Jahrhundert wurde der Fingerhut in England angewandt und fand 1650 Eingang in die Londoner Pharmakopöe. Man gebrauchte die Pflanze damals zur Behandlung von Geschwüren. Leonhard Fuchs und Hieronymus Bock erwähnten den Fingerhut als Brech- und Abführmittel. Diese Wirkungen beruhten auf Vergiftungen und es kam auch zu Todesfällen. Der Fingerhut geriet dadurch als Droge in Verruf. Im Jahre 1786 entdeckte der Schotte William Withering die richtige Dosierung sowie die herzstärkende Wirkung der Pflanze, nachdem er sie zuerst bei Wassersucht verwendete. Seinen Siegeszug begann der Rote Fingerhut, nachdem es gelang die wirksamen Digitalisglycoside zu isolieren“ (Botanicus.de).

Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) – Blüten mit Blüten-/Saftmalen, Juni 2021

„Die Blütenmale beim Fingerhut weisen den Insekten den Weg zum Nektar und täuschen gleichzeitig ein größeres Pollenangebot vor. Hummeln bieten die Blüten Regenschutz und einen Schlafplatz. Kleineren Insekten wird der Eingang durch hochstehende Sperrhaare verwehrt“ (Lüder 2018, 660).

Zwar fand ich keine Hummel, dafür aber einen Trauer-Rosenkäfer (Oxythyrea funesta) auf einer Digitalis-Blüte! Dieses Mitglied der Skarabäiden kommt an sonnigen Waldrändern und auf blütenreichen Wiesen vor, ist jedoch in Deutschland sehr selten, hingegen im Mittelmeergebiet ziemlich häufig (vgl. Kosmos-Insekten 2018, 178). Ein Zeichen der wärmeren Temperaturen aufgrund des Klimawandels? Immerhin können wir an vielen Insekten beobachten, dass immer mehr mediterrane Arten bei uns heimisch werden.

Trautzke-3: Trauer-Rosenkäfer (Oxythyrea funesta) auf Fingerhut-Blüte, Juni 2021

GIFTIG wie der Fingerhut ist auch die Sumpfkalla (Calla palustris), eine typische Moorpflanze, die streng GESCHÜTZT ist (vgl. BArtSchV) und auf der ROTEN LISTE in Kategorie 3 (= gefährdet) geführt wird (vgl. Rote Liste). „Der Name Calla leitet sich von griech. kallos = Schönheit ab und bezieht sich auf das auffällige, weiße Hochblatt, das direkt unter dem Blütenkolben sitzt“ (Kosmos-Pflanzen 2020, 284). Sie wird auch Schlangen- oder Drachenwurz genannt, denn wenn die Moorgewässer im heißen Sommer versiegen, „dann liegen die grünen Wurzelstöcke der Pflanzen wie Schlangen über- und nebeneinander auf dem weichen Moorschlamm. Das Bild erinnert an Schlangen, die die warme Frühlingssonne aus der Winterherberge hervorgelockt hat und die nun ähnlich wie die Wurzelstöcke der Drachenwurz sich gelagert haben“ (Mahler 1958, 24).

Trautzke-3: Schlangen-/Drachenwurz bzw. Sumpfkalla (Calla palustris), Juni 2021
Calla palustris (Schlangen-/Drachenwurz bzw. Sumpfkalla)
[Quelle: Thomé 1885, 21/42]

Im antiquarisch erstandenen Buch „Moore in der Landschaft“ wird die Sumpfkalla „Schweinsohr“ genannt (Succow & Jeschke 19902, 80-82), wobei mir nicht klar ist, ob sich dieser Name auf die besondere Form des weißen Hüllblattes oder auf die Größe der grünen Blätter bezieht.
Es könnte aber auch einen ganz anderen Grund für die Bezeichnung „Schweinsohr“ geben: „Der schlangenförmige Wurzelstock, der für den zweiten deutschen Namen der Pflanze (Schlangenwurz) verantwortlich ist, enthält Stärke. Früher verfütterte man ihn an Schweine“ (Kosmos-Pflanzen 2020, 284).

Trautzke-3: „Schweinsohr“ bzw. Sumpfkalla (Calla palustris), Juni 2021

„Die Pflanze überdauert mit einem langen, käftigen Wurzelstock. In 2 Zeilen treiben von hier die Blätter aus. Sie haben lange Stiele und stehen aufrecht. Die lederartige Beschaffenheit und die rundliche oder herzförmige Anlage der Blätter sind gute Kennzeichen. Wenn die Pflanze in der Zeit von Mai bis Juli blüht, ist sie nicht zu verwechseln, nur wird man sehr an den Aronstab (Arum macultatum) erinnert, mit dem sie auch tatsächlich nahe verwandt ist. Beide gehören in die Familie der Aronstabgewächse (Araceae). Typisch ist der etwa 2 cm lange Blütenkolben, der unten Zwitterblüten und an der Spitze männliche Blüten trägt. Der Kolben wird seinerseits umstanden von einer weißlichen Scheide. Beim Aronstab umschließt diese Scheide den Kolben in Form einer Tüte, bei der Drachenwurz wird der Kolben nicht eingeschlossen“ (Pott 1985, 60).

Ganz besondere Freude bereiten mir die mystisch anmutenden dunkelroten bzw. dunkelpurpurnen Blüten der Sumpf-Blutaugen (Potentilla palustris), deren typische Stängelblätter mir ja schon im Mai aufgefallen waren (siehe Trautzke-Seen und Moore – Teil 6: Trautzke-3). Die Bezeichnung palustris kommt aus dem Lateinischen: palus = Sumpf, Pfuhl; paluster/palustris = sumpfig. „Der wissenschaftliche Name Potentilla leitet sich von der Heilkraft einiger Arten ab (‚potentia‘ = ‚Kraft‘)“ (Lüder 2018, 361). „Wie Blutaugen schauen die Pflanzen aus dem Sumpf hervor. Die Pflanze heißt daher Sumpfblutauge“ (Mahler 1958, 31).

Trautzke-3: Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris), Juni 2021

Das nur in Mooren verbreitete Sumpf-Blutauge wird zwar auf der ROTEN LISTE noch als ungefährdet eingestuft, steht jedoch auf der Vorwarnliste (vgl. Rote Liste). Es ist „eine Staude aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). […] Die Pflanze ist mit einer verholzten, bis zu 1 m langen Grundachse im Boden verankert. Während die hinteren Teile des Wurzelstocks absterben, wächst er vorne weiter, bewurzelt sich in Abständen und bildet Triebe aus. Einige der Triebe tragen nur Blätter, andere tragen die Blütenstände. Die Blätter sind fünf- oder siebenzählig gefiedert. […] Die Blüten öffnen sich im Juni/Juli. Sie stehen zu Trugdolden gehäuft. Auffällig sind die trüb purpurfarbenen Kelchblätter. Kaum halb so lang sind die dunkelroten Kronblätter. Bei dieser Pflanze übernimmt also vor allem der Kelch die Anlockung von Insekten“ (Pott 1985, 34).

Trautzke-3: Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris), Juni 2021

Fingerkräuter „sind eng mit den Erdbeeren (Fragaria) verwandt, und die Abgrenzung dieser beiden Gattungen wird unterschiedlich gehandhabt. Dazu kommt, dass es auch Mischformen (Bastarde) dieser beiden Gattungen gibt. Einige Fingerkräuter werden den Gattungen Comarum, Dasiphora und Drymocallis zugeordnet“ (Lüder 2018, 361). Früher trug das Sumpf-Blutauge den botanischen Namen Comarum palustre.

Comarum palustre = Potentilla palustris (Sumpf-Blutauge)
[Quelle: Thomé 1885, 105/209]

Ebenso üppig wie Sumpfkallas und Sumpf-Blutaugen sind in Trautzke-3 Pflanzen mit leuchtend-gelben, dicht-traubigen Blütenköpfchen im unteren Stängelbereich: Straußblütiger Gilbweiderich (Lysimachia thyrsiflora).

Trautzke-3: Straußblütiger Gilbweiderich (Lysimachia thyrsiflora), Juni 2021

Trotz der Strauß-Gilbweiderich-Teppiche (zumindest hier in Trautzke-3) dürfen wir nicht vergessen, dass diese Pflanze auf der ROTEN LISTE mit Gefährdungsstufe 3 kategorisiert, d.h. generell selten ist (vgl. Rote Liste).

Sind Euch auf manchen Fotos vielleicht die gehäuft vorkommenden kreisförmigen, gekerbten Blätter in glänzendem Dunkelgrün aufgefallen?!? Interessanterweise sitzen deren Stängel nicht am Rande, sondern in der Mitte der runden Blätter, weshalb diese Pflanze den Namen Wassernabel (Hydrocotyle vulgaris, d.h. Gewöhnlicher Wassernabel) erhalten hat.

„Je nach Standort kann der Stiel unterschiedlich kräftig ausgebildet sein. Wächst der Wassernabel auf trockenem Untergrund, dann ist der Blattstiel kurz, dick und fest; er muß ja nun die Pflanze in der Luft halten. Wächst der Wassernabel im flachen Wasser, dann ist der Blattstiel länger, dünner und biegsam; jetzt trägt das umgebende Medium Wasser das Blatt“ (Pott 1985, 40).
Die weißen Blüten des Wassernabels sind winzig (etwa 1 mm breit) und stehen in kurz gestielten Dolden bzw. Quirlen, bei denen aber jeweils nur 3-5 Blüten zusammengefasst sind (blüht erst im Juli/August). Die Pflanze ist GIFTIG, gilt laut ROTER LISTE bei mäßiger Bestandsabnahme als ungefährdet (vgl. Rote Liste), kommt aber nichtsdestotrotz ziemlich selten – eben nur in Mooren und auf Sumpfwiesen – vor (vgl. BLV 2015, 368).

Hydrocotyle vulgaris (Gemeiner Wassernabel)
[Quelle: Thomé 1885, 102/365]

Noch eine weitere kleinblütige, aber höher als der Wassernabel wachsende Pflanze schmückt die Schwingrasenfläche von Trautzke-3: Weidenröschen (Epilobium sp.) aus der Familie der Nachtkerzengewächse (Onagraceae). „Ihren Namen verdankt diese Familie den Arten, die, wie beispielsweise die Nachtkerze (Gattung Oenothera), ihre Blüten erst abends öffnen“ (Lüder 2018, 459).

Trautzke-3: Weidenröschen (Epilobium sp.), Juni 2021

Ob es sich um Kleinblütiges (Epilobium parviflorum) oder Sumpf-Weidenröschen (Epilobium palustre) handelt, muss ich erst noch genau erforschen … beide Arten kommen an Feuchtstellen vor, haben runde Stängel und schmal lanzettliche, schwach gezähnte Blätter, die „im unteren Teil des Stängels gegenständig, im oberen wechselständig“ (Kammer 2016, 199f.) angeordnet sind. Die Blütenblätter beider Weidenröschen sind rosa bis hellviolett, etwa 3-6/7 mm lang und eingeschnitten, die Früchte haben die Form von langen dünnen, nach oben stehenden Kapseln, worauf auch der botanische Name hinweist: epi, griech. = auf, aufrecht, lobium, lat. = kleine Hülse, Schote (vgl. Kammer 2016, 199f.).

Auch die Gräser blühen – beispielsweise tragen die Binsen (Juncus sp.), welche Trautzke-3 überziehen, frische Blütenstände, die echt putzig wirken.

Binsenbult mit Blüten (Juncus sp.), Juni 2021

Ein besonderes Faszinosum ist für mich, dass viele Spinnen wieder begonnen haben, ihre Gespinstsäcke an Halmen und deren alten Samenständen zu bauen – die dabei entstehenden Konstrukte sind überaus raffiniert und wunderschön. Über Spinnen erscheint demnächst eine eigene Blogpost-Serie …

Und die Doggies …?!?
Als alte Artenschutz-„Hasen“ wissen Speedy und Chekotee aus Erfahrung, was Sache ist, wenn ich meine botanischen Forschungen anstelle, nämlich sich ein feines Plätzchen suchen und chillen, noch dazu sind sie bei solch großer Hitze sowieso froh, wenn sie im kühlen Gras liegen können und nichts tun brauchen, außer dösen und evtl. mal ein wenig gucken und wittern;-)

Trautzke-3: Chekotee chilling – Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris), Juni 2021

Quellen:
Fagnière, Y. et al. (20202). Botanische Grundkenntnisse auf einen Blick. 40 mitteleuropäische Pflanzenfamilien. Bern. Haupt.
Der illustrierte BLV-Pflanzenführer für unterwegs (2015). München. BLV.
Kammer, P.M. (2016). Pflanzen einfach bestimmen. Schritt für Schritt einheimische Arten kennenlernen. Bern. Haupt.
Der Kosmos-Insektenführer (2018). Stuttgart. Franck-Kosmos.
Der Kosmos-Pflanzenführer (2020). Stuttgart. Franck-Kosmos.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.
Mahler, H. (1958). Pflanzen unserer Moore. Bremerhaven. Ditzen & Co.
Naturapotheke: Schwester Bernardines große Naturapotheke (1983). München. Mosaik.
Pott, E. (1985). Moor und Heide. Pflanzen und Tiere nach Farbfotos bestimmen. München. BLV.
Succow, M. & Jeschke, L. ( 19902). Moore in der Landschaft. Entstehung, Haushalt, Lebewelt, Verbreitung. Nutzung und Erhaltung der Moore. Leipzig. Urania.

Internetquellen:
BArtSchV: Bundesartenschutzverordnung (zuletzt aufgerufen am 19.06.2021)
Botanicus.de: http://www.botanicus.de > Informatives > Giftpflanzen > Alle Giftpflanzen > Fingerhut (zuletzt aufgerufen am 19.06.2021)
Rote Liste: Download über die Website des Bundesamts für Naturschutz (BfN) möglich (zuletzt aufgerufen am 19.06.2021)
Thomé, O. W. (1885). Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz:
– Calla palustris:
https:// commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Calla_palustri0.jpg (zuletzt aufgerufen am 18.06.2021)
– Comarum palustre (= Potentilla palustris):
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Comarum_palustre0.jpg (zuletzt aufgerufen am 18.06.2021)
– Digitalis purpurea: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Digitalis_purpurea0.jpg (zuletzt aufgerufen am 18.06.2021)
– Hydrocotyle vulgaris:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Hydrocotyle_vulgaris0.jpg (zuletzt aufgerufen am 18.06.2021)

Manche sammeln Briefmarken – ich sammle Wolfspoopie …

Nu, tatsächlich sammle ich die gefundenen Wolfslosungen nicht ein (außer zur Nahrungsbestimmung oder es handelt sich um eine besonders frische Losung, die sich zur DNA-Analyse eignet). Die meiste Zeit geht es um Protokollieren, also Verorten, Vermessen und Fotografieren von Wolfslosungen. Und die Doggies helfen mir dabei:-)

So schön und faszinierend es auch ist, Wolfsfährten zu verfolgen, so wenig Gelegenheit bietet sich hierorts, wo es fast ausschließlich dicht mit Nadeln und Laub überzogene Waldwege gibt. Natürlich haben wir hier im und um das Schlaubetal auch sandige bzw. erdige Wegstellen, wo Pfotenabdrücke deutlich zu erkennen sind und einige Zeit sichtbar bleiben, doch häufig entpuppen sich diese Strecken als nicht lang genug, um 50 oder gar 100 Meter geschnürten Trab zu dokumentieren. Nur wenn es im Winter viel Schnee gibt, lohnt sich die Spurensuche!

Parallellaufen zweier Wölfe im geschnürten Trab - Reicherskreuzer Heide, Februar 2019

Parallellaufen zweier Wölfe im geschnürten Trab – Reicherskreuzer Heide, Februar 2019

Da die heutigen Winter hier nicht besonders schneereich sind und ich – egal zu welcher Jahreszeit – sowieso nicht überall zur gleichen Zeit sein kann, verlegte ich mich eben auf Losungen.
Was sehr spannend ist … weil diese Monitoringdaten – wie Fährten, Sichtmeldungen oder Besenderung von Wölfen etc. – wichtige Informationen über „unsere“ Wölfe, deren Familien, Reviere, Wanderungen und Nahrung liefern. Jedes Wolfspoopie ist somit ein wichtiges Puzzleteil, zusammengesetzt ergeben all diese Einzelstückchen aus dem Monitoring ein Bild von Wölfen in Deutschland, wie es von der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) jährlich in einem Status-Bericht veröffentlicht wird.
Auf der DBBW-Website finden sich u.a. Rasterzellenkarten zum Wolfsvorkommen in Deutschland und auch Karten zu Wolfsterritorien je Bundesland, welche kontinuierlich aktualisiert werden.

Zu den interaktiven DBBW-Karten der Wolfsterritorien in Deutschland, die nach Jahr und Bundesland ausgewählt werden können, geht es HIER.

Mehr Infos über Wölfe in Deutschland und insbes. Wölfe in Brandenburg gibt´s auf meiner Website.

Meine Doggies Speedy und Chekotee sind mittlerweile zu wahren Wolfspoopie-Experten geworden: Ohne dass ich es extra mit ihnen geübt hätte, zeigen sie mir jede Wolfslosung an, die sie finden. Wie kam das? Wenn ich früher ein Wolfspoopie entdeckt hatte, freute ich mich jedes Mal sehr darüber und begann mich intensiv damit zu beschäftigen (Zollstab und/oder Lineale auslegen, Losung genau „studieren“ und fotografieren). Das weckte natürlich ihr Interesse, sodass sie herkamen und nachguckten, besser gesagt: nachschnüffelten. Mit der Zeit begannen die Doggies von sich aus, mir Losungen durch Hinschnüffeln und Hingucken anzuzeigen, was von mir klarerweise ausgiebig gelobt und belohnt wurde. Dabei gab ich das größere Lob und die hochwertigere Belohnung beim „Nur-Gucken“, um dieses zu verstärken. Denn wenn Hunde zu intensiv an der Losung herumschnüffeln, kann es sein, dass diese durch Hunde-DNA „kontaminiert“ wird – und das würde jede Genetikprobe unbrauchbar machen.
Mittlerweile hat sich bereits ein individuelles Anzeigeverhalten entwickelt: Hund findet Losung, schaut kurz zu mir, setzt oder legt sich neben den Fund und wartet auf meine Aktionen – vor allem auf die Belohnung:-)

Und das ist der tolle Fund, den die beiden Doggies gemacht haben, nicht mehr sonderlich frisch, aber mit typischem Inhalt (alle Fotos sind vom März 2021). Übrigens werden bei Spuren von Tieren/Pflanzen, die streng geschützt sind, keine Ortsangaben nach außen getragen, weshalb ich auch die Fotos so zurechtgeschnitten hab, dass die Region nicht erkennbar ist. In Brandenburg erhält das LfU (Landesamt für Umwelt) die exakten Daten von allen, die am Wolfsmonitoring beteiligt sind. Daraus wird dann der jährliche Bericht zum Wolfsvorkommen in Brandenburg erstellt, welcher wiederum – wie die Berichte der anderen Bundesländer – die Grundlage für den oben erwähnten DBBW-Statusbericht über Wölfe in ganz Deutschland ist.

Zwischen Speedy und Chekotee existiert tiefe Verbundenheit und Freundschaft, daher kommt es unter ihnen nie zum Wetteifern. Wenn sie gemeinsam eine Losung gefunden haben, so teilen sie sich brüderlich ihren Erfolg:-)

Und wenn einer der beiden Doggies eine Losung gefunden hat, so hält sich der andere fairerweise im Hintergrund und überlässt seinem Kumpel den wohlverdienten Ruhm;-)

Speedy hat mitgekriegt, dass ich nicht nur über Wolfspoopie begeistert bin, sondern über jede Art von Losung. So entwickelte er sich mit der Zeit zum „Spezialisten“ für Kleintierlosungen, die mit freiem Auge in der Tat schwer zu entdecken sind.

Chekotee hingegen blieb lieber bei den Wölfen – so ein Wolfspoopie, das gibt halt was her! Mit stolzgeschwellter Brust zeigt er also seinen markanten Losungfund:

Manchmal findet Chekotee ein Poopie, von dem er ganz genau weiß, dass es nicht vom Wolf hinterlassen wurde. Unschlüssig fragt er sich selbst: „Soll ich das denn nun auch anzeigen oder nicht?“

Von welchem Tier stammt´s?

Zuletzt siegt aber doch sein „Arbeitseifer“ und mit selbstbewusster Pose verweist er auf seine Entdeckung! Rätsel-Auflösung: Es sind Kotbeeren eines Rehs.

Einmal hatten wir das Glück, dass Speedy und Chekotee jeder für sich seine eigene Losung fand – direkt nebeneinander! Das war wie ein Lotto-Gewinn! Zumindest Chekotee lacht sich ein´s, während Speedy wieder mal ganz auf „seriös“ tut;-)

Schlaubetal-Wanderweg zwischen Kieselwitzer und Bremsdorfer Mühle

Ausgangspunkt: Kieselwitzer Mühle, vorbei an den Sümpfen der Schlaube Richtung Bremsdorfer Mühle – so viele faszinierende Entdeckungen …

Schlaubetal-Wanderweg zwischen Kieselwitzer Mühle und Bremsdorfer Mühle
[Quelle: Open Street Map]

Ausgangspunkt: Kieselwitzer Mühle – geplant war eine Wandertour bis zur Bremsdorfer Mühle und wieder zurück, doch gerade an diesem Samstag hatte auch andere Menschen die Wanderlust gepackt, sodass wir, d.h. Chekotee und Speedy, viele Begegnungen meistern mussten. Zu viele! Vor allem Chekotee, der bei fremden Menschen immer noch sehr verängstigt ist (ein Handicap, das ihn sein Leben lang begleiten wird) war auf halber Strecke schon so mit den Nerven fertig, dass ich beschloss, lieber umzukehren. Normalerweise treffen wir monatelang keine Menschenseele auf unseren Waldtouren, jedoch an diesem Tag war erstaunlich viel los.

Unser „halber“ Schlaubetal-Wanderweg von der Kieselwitzer Mühle Richtung Bremsdorfer Mühle
[Quelle: Open Street Map]

Schlaubetal-Wanderweg:
Kennzeichnung = blaues S auf weißem Grund

Nichtsdestotrotz machten wir tolle Entdeckungen und auch die Doggies hatten ihren Spaß – jedenfalls solange niemand sonst in der Nähe war. Höhepunkt für die Hunde war mit Sicherheit ein umgestürzter Baum, der quer über eine Senke gefallen war, also eine Brücke in die Wildnis bildete! Bei solcherart wagemutiger Akrobatik hat Chekotee niemals Angst, da ist er ganz in seinem Element:-)

Chekotee balanciert und lacht, Mai 2021

Natürlich lässt sich auch Speedy diesen Spaß nicht nehmen und so spazieren die beiden Hunde auf dem dicken Baumstamm über einem immerhin ca. 6 Meter tiefen „Abgrund“ hin und her als wäre gar nichts dabei! Aber nur bis zur „natürlichen Grenze“, keineswegs ins Buschwerk hinein – Speedy und Chekotee sind ja brave Naturschutzhunde:-)

Das Schlaubetal hat eine ganz besondere Atmosphäre und die vielen Sumpfgebiete entlang der Schlaube verwandeln das Gebiet in einem „Zauberwald“:-)

„Zauberwald“ im Schlaubetal, Mai 2021

All die Feuchtstellen waren übersät mit weiß-leuchtendem Schaumkraut: Bitteres Schaumkraut (Cardamine amara). „Die Pflanzen bilden Ausläufer und treten so oft truppweise auf. […] Die Blätter sind essbar und liefern bereits früh im Jahr Vitamin C, allerdings schmecken sie – wie der Name verrät – bitter“ (Kosmos 2020, 116).

Schlaubetal: Üppig wächst Bitteres Schaumkraut (Cardamine amara) im Sumpfgebiet, Mai 2021

„Den Namen Schaumkraut verdankt diese Gattung den Schaumzikaden (meist), deren Larven geschützt vor Austrocknung und Fressfeinden in selbst erzeugten Schaumnestern an den Stängeln der Pflanzen leben“ (Lüder 2018, 489). Das Bittere Schaumkraut (Cardamine amara) ist u.U. mit der Brunnenkresse zu verwechseln, doch trägt diese gelbe Staubbeutel, während die Staubbeutel des Bitteren Schaumkrauts violett sind.

Das Bittere Schaumkraut (Cardamine amara) „wächst in unmittelbarer Nähe von Wasser, manchmal steht es sogar mit den Füßen im Wasser“ (Fragnière et al. 20202, 205).

Cardamine amara (Bitteres Schaumkraut) im Nassen, Mai 2021

Zwischen den Schaumkraut-Pflanzen ranken sich die typischen Quirl-Stängel des Kletten-Labkrauts (Galium aparine) empor, welches jedoch zurzeit noch nicht blüht. Mit seinen Borstenhaaren (die auf dem zweiten Foto zu erkennen sind) klimmt es an anderen Pflanzen bzw. auch an Zäunen u.Ä. hoch.

Galium aparine (Kletten-Labkraut), Mai 2021
Galium aparine (Kletten-Labkraut) mit Borstenhaaren, Mai 2021

Die weiß-grüne Pracht der Schaumkraut-Sümpfe erhielt immer wieder leuchtend gelbe Tupfen durch die Blüten des Hahnenfußes. Leider konnte ich nicht exakt bestimmen, um welche Art es sich bei diesen Ranunculaceae (Hahnenfußgewächsen) handelt – ich bin nicht dicht genug heran gekommen, um die Grundblätter anzuschauen, denn da wäre ich im Morast versunken, bis zum Knöchel oder gar noch tiefer!

Sumpf mit Hahnenfuß, Mai 2021
„Sumpfwildnis“ mit Schaumkraut und Hahnenfuß, Mai 2021

Im morastigen Sumpfgebiet fand ich außerdem: Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), Goldnessel (Lamium galeobdolon), Wald-Sauerklee (Oxalis acetosella – nur noch Blätter, denn die Zeit der weißen Waldsauerklee-Blüten ist bereits vorbei) und Gras-Sternmiere (Stellaria graminea – winzig kleine weiße Blütchen, darum der Größenvergleich mit meinem Wanderschuh).

Mitten im Morast machte ich eine faszinierende Entdeckung: Kissen vom Wechselblättrigen Milzkraut (Chrysosplenium alternifolium). „Die Gattung [Milzkraut (Chrysosplenium), Anmerkung M. Silber] verdankt ihren Namen den gelben Hochblättern (‚chrysos‘ = ‚Gold‘) und den milzförmigen Laubblättern (’splen‘ = ‚Milz‘)“ (Lüder 2018, 280). Das Milzkraut zählt zur Familie der Steinbrechgewächse (Saxifragaceae), über die ich bereits in einem Blogpost berichtete. „Aus der milzähnlichen Form der Blätter schloss man im Mittelalter, dass die Pflanze gegen Milzkrankheiten hilft“ (Kosmos 2018, 250). Zur Reifezeit entwickeln sich flachschalige Fruchtkapseln mit vielen winzigen Samen aus den Fruchtblättern des Milzkrauts. „Bei Regen werden die kleinen Samen durch auftreffende Tropfen ausgespült und fortgeschleudert“ (Lüder 2018, 281).

Beim „Hunde-Akrobatik-Baumstamm“ entdeckte ich eine Gruppe noch nicht voll aufgeblühter Pflänzchen der Zweiblättriges Schattenblume (Maianthemum bifolium). Der Standort in schattigen Wäldern und die beiden einander gegenüberstehenden Stängelblätter brachten diesem Blümchen aus der Familie der Spargelgewäche (Asparagaceae) seinen Namen ein (vgl. Lüder 2018, 121).

Überall – an morastigen Tümpeln und am feuchten Waldboden – wächst Schönes Frauenhaarmoos (Polytrichum formosum). Auf den beiden Fotos sind trotz Unschärfe recht gut die Sporenkapseln und deren Häubchen sowie die „splash cups“, die schüsselförmigen Antheridien (männlichen Geschlechtsorgane) zu erkennen. Bei Polytrichum-Moosarten kommen die Geschlechter nämlich getrennt auf verschiedenen Pflanzen vor, d.h. die Geschlechterverteilung ist zweihäusig (diözisch). Typischerweise stehen die einzelnen Geschlechter in Gruppen zusammen (vgl. Rapp 2020, 15). Wie Haarmützenmoose (Polytrichaceae) aufgebaut sind, wie die geschlechtliche Vermehrung und die Ausbreitung durch Sporen funktioniert, das beschreibe ich in einem anderen Blogpost.

Schlaubetal: Polytrichum formosum (Schönes Frauenhaarmoos) mit Sporenkapseln und „splash cups“, Mai 2021
Schlaubetal: Polytrichum formosum (Schönes Frauenhaarmoos) mit Sporenkapseln (Häubchen!) und „splash cups“, Mai 2021

Der Fund des Tages aber war Schachtelhalm (Equisetum sp.)!

Am Rande eines schilfbedeckten Feuchtgebietes entdeckte ich diese urzeitlichen Pflanzen. Es erfüllt mich stets mit besonderer Ehrfurcht, wenn ich Exemplare aus der Gruppe Monilophyta (Farne und farnartige Pflanzen) sehe, die schon vor rund 380 Millionen Jahren entstanden sind (vgl. Lüder 2018, 41).

In der Familie der Schachtelhalmgewächse (Equisetaceae) gibt es „nur die Gattung Schachtelhalm (Equisetum) mit weltweit ca. 20 Arten. In den Wäldern und Feuchtgebieten Mitteleuropas kommen etwa 10 Arten vor. Die meisten haben lange unterirdische Sprossachsen (Rhizome) und vermehren sich auch über abgetrennte Rhizomabschnitte. Die Schachtelhalme enthalten viel Kieselsäure und sind sehr stabil aufgebaut“ (Lüder 2018, 45).
Das sog. Kieselhäutchen „macht die Triebe auffallend hart, so daß sie von Pflanzenfressern gemieden werden. Ihres Kieselgehaltes wegen verwendete man sie früher zum Reinigen kupferner oder zinnerner Gefäße (Scheuer- oder Zinnkraut)“ (Schmeil 1973, 215).

[Quelle: Carl Axel Magnus Lindman]

Ich war so erfreut über meinen Fund, dass ich gar keine genauere Bestimmung vornahm. Dazu hätte ich nämlich eine Pflanze abschneiden müssen, um das Innere des Stängels zu betrachten, was ich aber nicht wollte. Stattdessen bewunderte ich wie gebannt die „geschachtelten“ Stängel mit ihren typischen Qirln.
Meiner Meinung nach handelt es sich nicht um Acker-Schachtelhalm (Equisetum arvense), sondern um Sumpf-Schachtelhalm (Equisetum palustre), denn nachträglich konnte ich anhand der – wenngleich nicht ganz scharfen – Fotos feststellen, dass die untersten Internodien der Seitentriebe kürzer als die Stängelscheide sind. Außerdem sind die Zähnchen an den Stängelscheiden dunkel gefärbt und deren Anzahl eher gering. Und die unteren Scheiden der Seitentriebe haben ebenfalls eine dunkle Färbung. Doch was es damit auf sich hat, erkläre ich in einem späteren, speziell den Equisetaceae gewidmeten Blogpost.

Die Doggies, die stets geduldig warten, wenn ich fotografiere, konnten ihren Durst zwischendurch in einem der vielen Rinnsale stillen.

Schlaubetal: Doggies beim Wassertrinken, Mai 2021

Und nun noch Landschaftsimpressionen (alle Fotos Mai 2021): Tümpel und Wald:-)


Quellen:
Fragnière, Y. et al. (20202). Botanische Grundkenntnisse auf einen Blick. 40 mitteleuropäische Pflanzenfamilien. Bern. Haupt.
Der Kosmos-Pflanzenführer (2020). Stuttgart. Franck-Kosmos.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.
Rapp, C. (2020). Moose des Waldbodens. Der Bestimmungsführer. Bern. Haupt.
Schmeil. Pflanzenkunde (1973). Wiebelsheim. Quelle & Meyer.

Trautzke-Seen und Moore – Teil 9: Trautzke-6 oder das verschwundene Moor

Früher existierten zwischen dem Großen und dem Kleinen Drauzen noch einige weitere (nicht namentlich bekannte) kleinere Teiche. Dieser heute längst trocken gefallene Bereich liegt zwischen den von mir persönlich als Trautzke-1/Trautzke-2 und Trautzke-5 bezeichneten Trautzke-Seen und wird von mir Trautzke-6 genannt.

Mach Dich HIER vertraut mit der von mir gewählten topographischen Nomenklatur des NSG Trautzke-Seen und Moore.

NSG Trautzke-Seen und Moore – Satellitenaufnahme
[Quelle: Googlemaps]
Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-6
[Quelle: Maps.me]

Ausgangspunkt unserer Entdeckungstour Richtung Trauzke-6 ist der Hügelkamm im Norden von Trautzke-3:

Trautzke-3: Nordteil – Hügelkamm, Mai 2021

Vom Hügelkamm gelangen wir zu einer Senke, an deren Rand Birken wachsen und die von Blaubeerengebüsch überwuchert ist, weshalb ich sie „Blaubeeren-Senke“ nenne – und im Sommer sicherlich öfter hierher kommen werde, yummie;-)

Trautzke-6: Vom Hügelkamm nördlich von Trautzke-3 Richtung Trautzke-6 zur Blaubeeren-Senke (Blick vom Rand der Blaubeeren-Senke nach NO), Mai 2021
Trautzke-6: Blaubeeren-Senke, Blick nach W, Mai 2021

Mitten in der Blaubeeren-Senke stehend und den Blick in Richtung Trautzke-3, also nach Nordosten wendend, sieht das Panorama so aus:

Trautzke-6: Blaubeeren-Senke, Blick nach NO Richtung Trautzke-3, Mai 2021

Weiter geht´s dann in Richtung Trautzke-4 und Trautzke-5:

Trautzke-6: Blickrichtung zu Trautzke-4 und Trautzke-5
[Quelle: Maps.me]
Trautzke-6: Blaubeeren-Senke Richtung Trautzke-4 und Trautzke-5, Mai 2021

So kommen wir zur nächsten Senke, die viel weiträumiger als die vorhin beschriebene Blaubeeren-Senke ist und auf den ersten Blick nicht unbedingt nach einem ehemaligen Feuchtgebiet aussieht, obwohl zwischen den Kiefern vereinzelt Birken stehen und auch hier der Boden überwiegend von Blaubeerstauden bedeckt ist. Doch da muss ich bei nächster Gelegenheit die Krautschicht noch genauer untersuchen …

Trautzke-6: Senke, vom W-Rand nach O, Mai 2021

Speedy ist jedenfalls total in seinem Element – Scannen: tja, so mitten im Wald gibt´s natürlich verlockende Erlebnisse für alle Sinne;-)

An dieser Stelle ein kleiner Wald-Knigge: „Normale“ Spaziergänger*innen, quasi Erholungssuchende, sollten keine solchen „Wildnis-Abenteuer“ unternehmen. Erstens stören sie die Natur im Allgemeinen und die Wildtiere im Besonderen, zweitens dürfen in den Wäldern nur Befugte abseits der Wege sein, z.B. Leute aus den Tätigkeitsbereichen Jagd, Forst oder Naturschutz, wobei für das Artenschutzmonitoring die Bestätigung einer anerkannten Naturschutzorganisation (bei mir der BUND Brandenburg) und/oder der Unteren Naturschutzbehörde vorliegen muss. Freiwillige, die ehrenamtlich im Artenschutz tätig sind, können sich von der Unteren Naturschutzbehörde einen sog. NATURSCHUTZAUSWEIS ausstellen lassen.
Dazu ein interessanter NABU-Artikel.

Meine beiden Hunde Speedy und Chekotee sind ja „alte Monitoringexperten“;-) Sie wissen, dass sie keine Tiere aufstöbern und schon gar nicht hinter ihnen her rennen sollen, sie verhalten sich ruhig (auch bei Tiersichtungen gibt´s kein Gekläffe) und finden ihr „Jagdglück“ im Scannen, wo sie – an Ort und Stelle bleibend – den Tieren mit Nase, Augen und Ohren „nachspüren“. Scannen ist so toll für sie, dass ich es sogar als Belohnung einsetzen kann, nach dem Motto: „Das habt Ihr gut gemacht, dafür dürft Ihr nun scannen!“

Auch der eher nicht so „nervenstarke“ Chekotee ist ein großer Scan-Fan geworden, soll heißen: statt Ausflippen ist nunmehr (zu 99,9%) Gucken, Lauschen und Wittern, eben Scannen angesagt (es lohnt sich also wirklich, solche funktionalen Verstärker im Hundetraining einzusetzen). Und weil alles so positiv assoziiert ist, wird klarerweise auch der Rückruf zum freudigen Ereignis:-)

Trautzke-6: Chekotee beim Scannen, Mai 2021
Trautzke-6: Chekotee kommt auf Rückruf freudig herangelaufen – und das bei all den tollen Ablenkungen im Wald, Mai 2021

Kein Wunder, dass Chekotee so gern zurückkommt, wenn´s doch dann eine Suuuuuuper-Belohnung wie bspw. Buddeln in einem Wurzelteller gibt!

Trautzke-6: Chekotee glückselig nach dem Buddelspaß, Mai 2021

Beim Weitergehen schimmern bald schon die Wasserstellen von Trautzke-5 durch die Bäume und das ist auch gut so, denn die Hunde sind nach dem Buddeln ziemlich durstig – deshalb guckt Chekotee auch schon sehnsüchtig zum Wasser hinunter …

Trautzke-6: Chekotee blickt Richtung Trautzke-5, weil´s dort unten Wasser gibt, Mai 2021
Trautzke-6: Blick hinunter zu Trautzke-5, Mai 2021

Nachdem wir bei Trautzke-5 ein wenig Rast gemacht und die Hunde ihren Durst gestillt hatten, machen wir uns wieder auf den Weg – an der Westseite von Trautzke-5 weiter durch den Wald. Und stoßen auf eine völlig „verwilderte“ Senke: meiner Meinung nach das Relikt eines Nebenteiches der früheren Drauzen-Seen.

Trautzke-6: Lag in dieser Senke früher mal ein Nebenteich der Drauzen-Seen? Mai 2021

Zur Orientierung: Diese „wilde Senke“ (wie ich sie nenne) liegt nordwestlich von Trautzke-5 und hat eine Art „Kipferl“-Form (in Deutschland sagt man „Hörnchen“ zum Wiener Kipferl), genauso wie der kleine Teich nördlich des Großen Drauzen auf der Karte aus dem 18. Jahrhundert.

Die wilde Senke möchte ich demnächst unbedingt noch genauestens untersuchen – ich könnte mir vorstellen, dass es dort in ähnlicher Art „moortypische“ Vegetation zu entdecken gibt wie in Trautzke-3, aber wir werden ja sehen, welche Überraschungen noch auf uns warten …

Erschöpft, aber glücklich über die schönen Entdeckungen treten die Doggies und ich unseren Heimweg an. Einem Wildwechsel mitten durch den Wald in nördlicher Richtung folgend erspähen wir durch die Bäume bald die Silhouette von Trautzke-2.

Trautzke-6: Auf dem Weg zu Trautzke-2
[Quelle: Maps.me]
Trautzke-6: Wildwechsel nach Norden in Richtung Trautzke-2 (kleine lichtgrüne Fläche rechts im Bild), Mai 2021
Trautzke-2: Panorama, Mai 2021

Trautzke-Seen und Moore – Teil 8: Trautzke-5

Einst bildete Trautzke-5 zusammen mit Trautzke-4 den Großen Drauzen See, doch das ist schon lange her.

Großer und Kleiner Drauzen im 18. Jahrhundert
[Quelle: Atlas Neuzelle 2018, 9]
Trautzke-5
[Quelle: Maps.me]

Trautzke-5 ist fast zur Gänze mit Schilfröhricht bewachsen, also wesentlich feuchter als Trautzke-4. Der gesamte Ostrand hat mehrere offene Wasserstellen, die sich bis weit über die Mitte von Trautzke-5 hinaus ziehen. Wir haben es hier mit einer moortypischen Schwingrasendecke zu tun, die bei jedem Schritt schaukelt.

Trautzke-5: von N nach S, April 2021

Die Wasserstellen werden bevorzugt von Wildschweinen genutzt: insbesondere am SO-Rand entdeckten wir in den Suhlen auch deutliche Schwarzwild-Spuren.

Speedy wies mich ja bereits im Böschungsbereich auf die Wildschweinhaare hin und unten an der Suhle wachte er „gestrenge“ über meine improvisatorische Kennzeichnung der Spuren mittels Lipstick (hatte an diesem Tag meinen Zollstock nicht dabei und die kleinen Holzlineale, die ich sonst immer parat habe, steckten in der Tasche einer anderen Jacke). Nu, das Wichtigste ist, dass man überhaupt ein Referenzobjekt zum Größenvergleich dazulegt …

Trautzke-5: Wildschweinhaare, April 2021

Und während Speedy an der Suhle nach allen Richtungen scannt, ob nicht doch noch ein Wildschwein in der Nähe ist, behält Chekotee von der Böschung aus den Überblick;-)

Die ganze Ostseite entlang ziehen sich solche Wildschweinsuhlen und weil Trautzke-5 noch nicht so stark verlandet ist, zeigen sich dabei auch mehrere offene, wenngleich schlammige Wasserstellen.

Auf den obigen Fotos ist auch zu erkennen, dass die Oberfläche – wenn nicht von Schilfröhricht – von Seggen und Binsen in ihren typischen Bultformen bewachsen ist.

Natürlich hat auch ein röhricht- und schilfbewachsenes Moor sein Fleur, jedoch im Sinne der Artenvielfalt ist hier dringend Renaturierung nötig.

Trautzke-5: Schilf, April 2021

Quelle:
Stiftung Stift Neuzelle, Hg. (2018). Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. Berlin. Verlag für Berlin-Brandenburg.

Trautzke-Seen und Moore – Teil 7: Trautzke-4

Trautzke-4 ist ein Teil des ehemaligen Großen Drauzen, doch von dem einstigen See ist heute nicht mehr viel übrig.

Großer und Kleiner Drauzen im 18. Jahrhundert
[Quelle: Atlas Neuzelle 2018, 9]
Trautzke-4
[Quelle: Maps.me]
Trautzke-4: von SW nach N, April 2021

Der ehemalige Große Drauzen hat sich im Laufe der Geschichte zweigeteilt: Trautzke-4 und Trautzke-5. Beide sind von Kiefern (vereinzelt auch Birken) umsäumt und zum großen Teil trocken gefallen.
Trautzke-4 ist vor allem im südlichen Abschnitt stark verlandet (nur am südlichsten Zipfel zeigen Schilfröhrichte und etwas morastiger Boden eine Restwasserstelle an). Im Nordteil besteht eine offene, mit Schilf und Röhricht bewachsene Wasserfläche, der Binsen- und Seggenboden rundherum hat Schwingrasen-Charakter.

An den Böschungen des trocken gefallenen Südteils fand ich neben einem völlig einsam sprießenden Korbblütler* jede Menge Hundsveilchen (Viola canina), also nicht duftende Veilchen.

* Dieser kleine gelbe Korbblütler harrt noch der Bestimmung – wahrscheinlich ist das arg zernepfte Pflänzchen doch „nur“ ein gemeiner Löwenzahn (Taraxacum officinale) oder ein rauer Löwenzahn (Leontodon hispidus); jedenfalls kein Habichtskraut, denn bei denen kommen solch löwenzahnartige Blätter nicht vor. An dem Tag bei Trautzke-4 waren die Doggies und ich schon mehrere Stunden unterwegs und ich dementsprechend k.o., also examinierte ich das winzige zerrupfte Pflänzchen nicht genauer … leider ist zudem das Foto nicht besonders scharf, aber ich werde die Stelle sicherlich bald wieder besuchen.

Unter den Bäumen der Böschung des südlichsten Zipfels stießen wir auf einen Haufen Federn und Flaumen – da hat sich jemand einen Vogel gut schmecken lassen.

Nicht weit davon durfte sich Chekotee an einem alten Wurzelteller „austoben“ – er jedenfalls hatte seinen Spaß, Speedy hingegen war eher missmutig, weil sein Kumpel ihn beim Buddeln voll mit Erde einstaubte. Tja, das Leben ist manchmal echt grausam;-) Aber Speedy durfte im Nachhinein natürlich auch buddeln, während ich Chekotee mit einem Suchspiel ablenkte.

Am Rand des trockenen Südteils machten wir eine kleine Rast, nachdem Chekotee dort eine Losung gefunden hatte. Da es sich aber weder um eine Wolfs- noch eine Fuchslosung handelte, sondern um verklumpte Rehkotbeeren, war er im ersten Moment unsicher, ob er es überhaupt anzeigen sollte. Doch schließlich siegte sein Eifer – er dachte sich wohl voller Stolz: „Ist zwar kein Wolfspoops, aber immerhin hab ich´s gefunden!“

Trautzke-4: von O nach W, Hunde ruhen im Gras, April 2021
Trautzke-4: von N-Böschung nach S, April 2021

Quelle:
Stiftung Stift Neuzelle, Hg. (2018). Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. Berlin. Verlag für Berlin-Brandenburg.

Meine neueste botanische Entdeckung: Knöllchen-Steinbrech

Der Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata) gehört – wie der Name schon sagt – zur Familie der Steinbrechgewächse (Saxifragaceae), Gattung Steinbrech (Saxifraga), und gilt als GESCHÜTZT!

„Von dieser Gattung gibt es weltweit etwa 400 Arten, von denen über 30 in Mitteleuropa heimisch sind. Viele von ihnen sind in den Steinschuttfluren und auf felsigen Standorten der Alpen beheimatet. Dort wachsen sie häufig in Felsspalten, und es sieht so aus, als ob sie die Felsen spalten könnten – so sind sie zu ihrem Namen gekommen. Auch der wissenschaftliche Gattungsname hat diesen Ursprung (’saxum‘ = ‚Stein‘ und ‚frangere‘ = ‚brechen‘). […] Einige Arten sind beliebt als Zierpflanzen, vor allem als Bodendecker und in Steingärten“ (Lüder 2018, 285).

Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata), Mai 2020

Der Knöllchen-Steinbrech wächst auf mageren Wiesen (also eher nicht auf Steinen), ist mehrjährig und hat seine Blütezeit von Mai bis Juni. In den Achseln der abgestorbenen Grundblätter bilden sich unterirdische Brutzwiebel (Bulben bzw. Knöllchen – daher auch der Name!); die Knöllchen dienen der vegetativen Vermehrung.
Im Mittelalter dachte man anhand der Signaturenlehre, „die steinchenähnlich aussehenden Zwiebelchen seien ein Zeichen, dass die Pflanze bei Blasen- und Nierensteinen den ‚Stein brechen‘ könne“ (Kosmos 2020, 144).

Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata) – links
[Quelle: Thomé 1885, 351]

Die rosettenartigen Grundblätter des Knöllchen-Steinbrechs sind rundlich nierenförmig und lappig gekerbt. Sie erscheinen oft schon im Herbst und sind wintergrün, zur Blütezeit jedoch meist bereits abgestorben (unten ein Foto, wo die Grundblätter noch zu sehen sind).

Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata) – Grundblätter, Mai 2020

Die Pflanze wird 15-40 cm hoch und trägt außer den Grundblättern zumeist keine weiteren Stängelblätter. Der sich bereits ab der Mitte verzweigende Stängel ist klebrig behaart, wodurch häufig vom Wind verwehte Samenfäden anderer Pflanzen hängen bleiben. Die Blüten sind weiß, ca. 1,5-2 cm im Durchmesser, der Blütenstand ist eine lockere Rispe (vgl. BLV 2015, 64).

Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata) mit hängengebliebenen Samenfäden, Mai 2021
Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata), Mai 2020

Quellen:
Der illustrierte BLV-Pflanzenführer für unterwegs (2015). München. BLV.
Der Kosmos-Pflanzenführer (2020). Stuttgart. Franck-Kosmos.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.
Thomé, O. W. (1885). Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8618 (zuletzt aufgerufen am 20.05.2021).