Naturschutzgebiet Plagefenn: „Hier soll der Wald sein Leben leben“

Direkt neben Brodowin erstreckt sich das Naturschutzgebiet Plagefenn, eines der Moore im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin.

Lage des NSG Plagefenn auf der Karte
Quelle: Googlemaps

Das Plagefenn ist ein Moorgebiet um den Großen und Kleinen Plagesee südwestlich des Ökodorfs Brodowin im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin.
Unser erster Ausflug ins Plagefenn fand ein jähes Ende, weil die Mückenplage [sic!] dort so arg war, dass die Hunde und ich schleunigst Reißaus nahmen. Beim nächsten Mal waren wir gewappnet: Ich hatte mich mit einer dicken Schicht Antimücken-Milch (Naturpräparat aus ätherischen Ölen) eingecremt und das Fell der Doggies ebenfalls mit einer Mixtur aus ätherischen Ölen besprüht (nicht ganz so dolle, denn Hunde sind ja ziemlich empfindlich, was Düfte anlangt). Kaum zu glauben, aber diese Maßnahmen bescherten uns einige (fast) mückenlose Stunden im Plagefenn – ich wurde gänzlich gemieden, nur die Hunde hatten ein wenig zu tun, sich die Quälgeister vom Leib zu halten (zur Gegenwehr rieben sie entweder ihren Kopf im bodenbedeckenden Laub oder wälzten sich überhaupt als Ganzes).

„Das Plagefenn war 1907 das erste Naturschutzgebiet Preußens und das erste Gebiet im heutigen Deutschland, das eigens zur Entwicklung von Wildnis geschützt wurde. Hier entfaltet sich die Natur frei vom Menschen möglichst unbeeinflusst – seit über 110 Jahren! Angeregt hat die Unterschutzstellung damals der Leiter der Lehroberförsterei Chorin, Max Kienitz. Er schrieb: ‚Hier soll der Wald sein Leben leben.‘ Es heißt, dass Max Kienitz bei der Jagd auf einen 14-Ender von dem prächtigen Tier und von der Stimmung, den Geräuschen und den Farben der Natur so tief beeindruckt war, dass er nicht nur den starken Rothirsch verschonte, sondern zudem anregte, die Natur in diesem Gebiet zu bewahren.“ (Wandern rund um Brodowin 2019, 105).

Plagefenn-Tour: Infostein am Fennweg, Juli 2021

„Der Name des Gebietes ist mit Sicherheit auf die im Jahre 1258 erwähnte Siedlung Plawe zurückzuführen. Plawe wird mundartlich auch in Plaue oder Plage umgewandelt. Plaw bedeutet auf altpolabisch sumpfiges Gelände oder Moor.
Eine weitere Erwähnung von 1459 ‚Plauel deserta‘ deutet die Aufgabe der Siedlung oder deren Zerstörung an. Der Standort des damaligen Dorfes ist bis heute nur zu vermuten. Einige Plätze im NSG lassen eine ehemalige menschliche Ansiedlung vermuten“ (Henne 2007, 22).

Plagefenn: Speedy & Chekotee im Tümpel, Juli 2021

„Das Naturschutzgebiet Plagefenn besteht aus unterschiedlichen Zonen: Die Kernzone ist tatsächlich unbewirtschaftet und wild. In der Schutzzone 2 (Pflegezone) wird der Wald nachhaltig bewirtschaftet. Dabei achtet der Förster besonders darauf, auch hier einen möglichst naturnahen Wald mit Totholz und Höhlenbäumen zu erhalten. Das ist wichtig, weil die Kernzone allein für viele Tierarten zu klein ist. Auch die umgebenden Wirtschaftswälder müssen daher Lebensräume bieten. Der Unterschied zwischen ungenutzter Kernzone und naturnahem Wirtschaftswald ist dennoch deutlich zu erkennen.
Als das Schutzgebiet 1907 eingerichtet wurde, umfasste es 177 ha, also knapp zwei Quadratkilometer. Mit der Ausweisung des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin wurde das Naturschutzgebiet auf 10,5 km2 erweitert. Die Fläche versechsfachte sich. Von diesen 1.055 ha sind 280 ha unbewirtschaftete Kernzone.
Die Kernzone besteht aus zwei Seen, dem Großen und Kleinen Plagesee, sowie aus angrenzenden Mooren, Erlenbruchwäldern und Buchenwald. Einige 1907 noch relativ junge Nadelholz-Aufforstungen entwickeln sich nun allmählich zu Buchen- und Laubmischwäldern. Die Kiefern, Fichten und Lärchen sterben nach und nach ab und werden zu Totholz, während die Laubbäume das Regiment übernehmen.
Nur in den Torfmoosmooren kommen Kiefern auch natürlicherweise vor. Hier werden sie jedoch nie alt und groß, weil ihre Wurzeln im Moor keinen ausreichenden Halt finden. Sie kippen allmählich um und werden im Moorkörper konserviert.
Der Begriff ‚Fenn‘ bezeichnet übrigens im niederdeutschen Raum eine morastig-sumpfige Niederung oder ein Moor. In Brandenburg wurden meistens eher nährstoffarme Moore mit Torfmoosen mit diesem Begriff belegt“ (Wandern rund um Brodowin 2019, 106).

Plagefenn: I = Kernzone, II = Schutzzone
Quelle: Richert 2007, 78

Die Plagefenn-Tour ist – wenn man von den Mücken absieht;-) – ein mehrstündiger wunderschöner Wanderweg rund um den Großen und Kleinen Plagesee, wo es viel zu entdecken gibt. Einzelne Stationen sind durch besondere Findlinge, an denen metallene Infotafeln angebracht wurden, markiert.

Naturschutzgebiet Plagefenn
Plagefenn-Tour, Juli 2021

Der mit dem Kranichsymbol beschilderte Rundwanderweg ist in der Broschüre „Wandern rund um Brodowin“, die 2019 vom Verein Ökodorf Brodowin e.V. herausgegeben wurde, auf den Seiten 98-129 (mit schönen Fotos illustriert) beschrieben und ebenso auf der Website des Ökodorf-Vereins.

Touren bei Brodowin – Karte
Quelle: Website Ökodorf Brodowin e.V.
Großer Plagesee (der blaue Pfeil zeigt, wo wir den Fennweg entlang gegangen sind)
Quelle: Mapsme

Wir starteten auf dem Waldweg von Brodowin Richtung Großer Plagesee und bogen bald in den Fennweg ein, wo uns an der Infostation nicht nur die Entstehungsgeschichte des Naturschutzgebiets Plagefenn kurz erläutert wurde, sondern auch ein tiefgehendes Zitat des Gründers Max Kienitz zu lesen war, welches das Anthropozän charakterisiert und heute nichts von seiner Gültigkeit verloren hat – im Gegenteil! „Wo aber finden wir in einem Kulturlande den Ort, wohin die Menschheit nicht gekommen ist? Nirgendwo! Überall, selbst in den entlegensten, unzugänglichsten Gebiet macht sich die menschliche Wirtschaft in irgendeiner Form geltend. Aus diesem Verlangen, sich in das Anschauen der unberührten Natur zu versenken …, ist der Gedanke entsprungen, Plätze zu schaffen, an denen der einsame Wanderer sich zurückversetzen kann in Urzeiten, und sich ein Bild ausmalen, wie es vordem aussah“ (Infotafel am Fennweg; ebenso zitiert in: 100 Jahre Naturschutzgebiet Plagefenn 2007, 17).

Plagefenn – Infostein mit Zitat von Max Kienitz, Juli 2021

Nicht nur die Ausläufer der Moorzonen, die viele Tümpel am Wegesrand entstehen ließen, sondern auch die hügeligen Formationen der eiszeitlichen Moränenlandschaft versetzen einen in die von Max Kienitz angesprochenen Urzeiten zurück.

„Auffallend ist heute, nach über 110 Jahren freier Entwicklung, das in großer Menge natürlich entstandene Totholz. Ob liegend oder stehend, mit oder ohne Rinde, besonnt oder schattig – Totholz steckt voller Leben!
Hier ist der Tisch reichhaltig gedeckt für die Holzbewohner unter den Pilzen, Käfern, Vögeln und vielen anderen Artengruppen“ (Wandern rund um Brodowin 2019, 105).

Plagefenn: Chekotee ruht inmitten von Totholz im kühlen Laub, Juli 2021

Unsere nächste Station war das Torfmoos-Moor, wo wir wiederum von einem Findlingsstein mit Infotafel begrüßt wurden:

Plagefenn: Station Torfmoos-Moor (Infotafel), Juli 2021

„Ein Torfmoos-Moor ist eine besondere Ausprägung eines Fenns – hier herrscht Wildnis! Torfmoospolster, Randlagg, Wollgras und Sumpfporst – die Worte zeigen schon, dass wir hier in eine andere, vielen Menschen unbekannte Welt hineinblicken.
Das Moor besteht aus einem wassergesättigten hellgrünen Torfmoospolster, das im Zentrum des Moores etliche Meter mächtig sein kann. Torfmoose sind wundersame Pflanzen: Sie bilden keine festen Kissen wie viele andere Moose, sondern wachsen lose und nicht durch Wurzeln verbunden nebeneinander her. Es sind Wesen, die fast unendlich lange wachsen können. Die Moospflänzchen wachsen immer weiter nach oben, während sie unten absterben. Auf diese Weise könnten Torfmoospflanzen mehrere Hundert oder gar Tausende Jahre alt werden!
Bis zum Himmel können sie aber nicht wachsen, da sie kein Stützgewebe ausbilden. Sie sacken in sich zusammen. Durch das Wasser von der Luft getrennt, entsteht Torf. Eine Faustregel besagt, dass ein Moor in 100 Jahren nur zehn Zentimeter nach oben wächst, das entspricht einem Meter in tausend Jahren. Je nach Niederschlag und Wasserstand hebt und senkt sich die Moorfläche, quillt auf und schrumpft wieder zusammen. Man sagt, das Moor oszilliert.
Auf dem Torfmoospolster wachsen besondere Pflanzen: Scheidiges Wollgras, Rauschbeere [auch Moor- oder Nebelbeere genannt (Vaccinium uliginosum), Strauch aus der Gattung der Heidelbeeren, Anm. M. Silber], Moosbeere, Polei-Gränke [Rosmarinheide (Andromea polifolia), Anm. M. Silber] und hier und da sogar Sonnentau. Die Moorfläche ist dicht bestanden mit einem immergrünen, niedrigen, sehr intensiv nach Rosmarin duftenden Strauch, der im Mai weiße Blütenkerzen bildet: der Sumpfporst (Ledum palustre). Auch Moorbirken und Kiefern wachsen auf dem Torfmoospolster. Wenn sie älter und schwerer werden, finden die Wurzeln keinen Halt mehr auf der Moorfläche. Die Bäume kippen allmählich um, bis ihr Stamm im Torfkörper eingeschlossen und konserviert wird.
Das Torfmoosmoor wird von einem sogenannten Randlagg umgeben. Es handelt sich um einen Saum, der besonders im Winter und Frühjahr Wasser führt, im Spätsommer und Herbst jedoch trockenfallen kann und dann eine schlammige Fläche bildet. Wegen des oben beschriebenen Oszillierens kann das Torfmooskissen nicht mit dem umgebenden Waldboden zusammenwachsen. Und so bleibt das Randlagg erhalten“ (Wandern rund um Brodowin 2019, 111-112).

Wollgras (Eriophorum sp.), Ziskenmoor/Schlaubetal, Mai 2020

Die obigen Fotos zur Moorbotanik stammen alle aus dem Schlaubetal, nicht vom Plagefenn. Denn auch wenn insbes. Chekotee, der Moormonitoring-Hund, sooooo gerne ins Moor wollte, blieben wir auf dem Waldweg (bzw. die Doggies durften natürlich am Rand schnüffeln und sich in den Tümpelchen erfrischen). Immerhin habe ich für die Region Schorfheide-Chorin (noch) keinen Naturschutz-Ausweis von der Unteren Naturschutzbehörde, also halte ich mich an die Regeln, die für alle Besucher*innen einer geschützten Region gelten.

Wir kehrten dann – trotz der bezaubernd wilden Urtümlichkeit dieser Waldmoorlandschaft – doch bald um, weil es an diesem Tag besonders heiß war und ich außerdem nicht riskieren wollte, dass unser Mückenschutz seine Wirkung verliert;-) Aber das nächste Mal machen wir den gesamten Rundweg …


LITERATURANGABEN
– Henne, E. (2007). Geschichte, Gegenwart und Zukunft. In: 100 Jahre Naturschutzgebiet Plagefenn, 22-28.
– Richert, Arnold (2007). Historische und aktuelle Untersuchungsergebnisse zur Schmetterlingsfauna des NSG Plagefenn (Lepidoptera). In: 100 Jahre Naturschutzgebiet Plagefenn, 77-88.
– Wandern rund um Brodowin, hg. v. Ökodorf Brodowin e.V. (2019).
– 100 Jahre Naturschutzgebiet Plagefenn (= Eberswalder Forstliche Schriftenreihe, Band XXXI), hg. v. MLUV & Landesforstanstalt Eberswalde (2007).

Trautzke-Seen und Moore – Teil 10: Ein Moor in voller Blüte

Frühling und Frühsommer – das ist für botanische Entdeckungen eine herrliche Zeit! So auch in den Trautzke-Mooren: Insbesondere Trautzke-3 ist übervoll mit wunderschöner Moorvegetation, darunter auch seltene und unter Naturschutz stehende Pflanzen.

Im Naturschutzgebiet Trautzke-Seen und Moore, zwischen dem ehemaligen Kleinen und Großen Drauzen, liegt eine Moorstelle, welche ich Trautzke-3 genannt habe (lies mehr dazu in den Beiträgen Trautzke-Seen und Moore – Teil 3: Mirjam´s topographische Nomenklatur, Trautzke-Seen und Moore – Teil 2: Geschichte und Etymologie, Trautzke-Seen und Moore – Teil 1: Lage und Geomorphologie).

Trotz des sehr heißen, ja schwülen und dunstigen Tages leuchtet uns schon vom nördlichen Rand des Moors erfrischend glänzendes Grün entgegen – dieser Einladung zu einer Rast auf dem feucht-kühlen Erdboden am Rande von Trautzke-3 können die Hunde und ich natürlich nicht widerstehen.

Was ich im Monat zuvor anhand der (noch jungen) Blattrosetten als Beinwell ansah, entpuppt sich nunmehr – hoch aufgewachsen und blühend – als Fingerhut! Digitalis purpurea (Roter Fingerhut) – GIFTIG, aber wunderschön anzuschauen:-)

Trautzke-3: Roter Fingerhut (Digitalis purpurea), Juni 2021

Unter den purpurfarbenen Fingerhüten fand ich auch weiß-gelbe Varianten – dabei könnte es sich evtl. um Gelben Fingerhut (Digitalis lutea) oder Großblütigen Fingerhut (Digitalis grandiflora) handeln. Beide Arten stehen laut Bundesartenschutzverordnung unter Naturschutz (siehe BArtSchV).

„Die Mythologie des Nordens berichtet, dass Elfen die Blüten von Fingerhüten aufsetzen, wenn sie im Mondschein tanzen“ (Kosmos-Pflanzen 2020, 64).
Die Gattung Fingerhut (Digitalis) zählt nach neueren molekularbiologischen Erkenntnissen zur Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae). „Die neue phylogenetische Klassifizierung hat diese Familie beträchtlich vergrößert. In unseren Regionen beinhaltete sie vorher nahezu allein die Wegeriche. Aber jetzt ist sie um mehrere wichtige Gattungen reicher, wie Ehrenpreis, Leinkräuter, Fingerhüte – früher ein Teil der Braunwurzgewächse (Scrophulariaceae)“ (Fragnière et al. 20202, 261).
Die Wegerichgewächse sind eine überaus vielgestaltige Pflanzengruppe, die etwa 95 Gattungen mit rund 1900 Arten umfasst. „Sie sind weltweit in allen Klimazonen beheimatet. In der mitteleuropäischen Flora gibt es knapp 20 Gattungen mit etwa 75 Arten“ (Lüder 2018, 659).

Trautzke-3: Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) – Blüten, Juni 2021

„Der Rote Fingerhut wächst in Europa vor allem in Gebirgslagen auf Waldwiesen und Lichtungen. Auch in Gärten ist er als Zierpflanze beliebt. Für die Drogengewinnung wird er in Feldkulturen angebaut. […] Die Droge enthält wichtige Kardioglykoside. Das gesamte Material wird in der pharmazeutischen Industrie zu wichtigen Medikamenten für die Behandlung von Herzleiden verarbeitet. Die Medikamente darf nur der Arzt verschreiben. Sie kommen bei Versagen der Herztätigkeit, zur Dämpfung des Pulsschlags, beim Ausgleich unregelmäßiger und nicht ausreichender Herztätigkeit und bei Herzhypertrophie zum Einsatz“ (Naturapotheke 1983, 133).

Digitalis purpurea (Roter Fingerhut)
[Quelle: Thomé 1885, 123/501]

Im Altertum war der Fingerhut unbekannt. „Er soll zuerst im 5. Jahrhundert in Irland heilkundlich genutzt worden sein. Man nannte die Pflanze damals ‚Frairie´s Herb‘ und versuchte mit ihr ‚verhexte‘ Kinder zu heilen, was oft tödlich endete. Seit dem 11. Jahrhundert wurde der Fingerhut in England angewandt und fand 1650 Eingang in die Londoner Pharmakopöe. Man gebrauchte die Pflanze damals zur Behandlung von Geschwüren. Leonhard Fuchs und Hieronymus Bock erwähnten den Fingerhut als Brech- und Abführmittel. Diese Wirkungen beruhten auf Vergiftungen und es kam auch zu Todesfällen. Der Fingerhut geriet dadurch als Droge in Verruf. Im Jahre 1786 entdeckte der Schotte William Withering die richtige Dosierung sowie die herzstärkende Wirkung der Pflanze, nachdem er sie zuerst bei Wassersucht verwendete. Seinen Siegeszug begann der Rote Fingerhut, nachdem es gelang die wirksamen Digitalisglycoside zu isolieren“ (Botanicus.de).

Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) – Blüten mit Blüten-/Saftmalen, Juni 2021

„Die Blütenmale beim Fingerhut weisen den Insekten den Weg zum Nektar und täuschen gleichzeitig ein größeres Pollenangebot vor. Hummeln bieten die Blüten Regenschutz und einen Schlafplatz. Kleineren Insekten wird der Eingang durch hochstehende Sperrhaare verwehrt“ (Lüder 2018, 660).

Zwar fand ich keine Hummel, dafür aber einen Trauer-Rosenkäfer (Oxythyrea funesta) auf einer Digitalis-Blüte! Dieses Mitglied der Skarabäiden kommt an sonnigen Waldrändern und auf blütenreichen Wiesen vor, ist jedoch in Deutschland sehr selten, hingegen im Mittelmeergebiet ziemlich häufig (vgl. Kosmos-Insekten 2018, 178). Ein Zeichen der wärmeren Temperaturen aufgrund des Klimawandels? Immerhin können wir an vielen Insekten beobachten, dass immer mehr mediterrane Arten bei uns heimisch werden.

Trautzke-3: Trauer-Rosenkäfer (Oxythyrea funesta) auf Fingerhut-Blüte, Juni 2021

GIFTIG wie der Fingerhut ist auch die Sumpfkalla (Calla palustris), eine typische Moorpflanze, die streng GESCHÜTZT ist (vgl. BArtSchV) und auf der ROTEN LISTE in Kategorie 3 (= gefährdet) geführt wird (vgl. Rote Liste). „Der Name Calla leitet sich von griech. kallos = Schönheit ab und bezieht sich auf das auffällige, weiße Hochblatt, das direkt unter dem Blütenkolben sitzt“ (Kosmos-Pflanzen 2020, 284). Sie wird auch Schlangen- oder Drachenwurz genannt, denn wenn die Moorgewässer im heißen Sommer versiegen, „dann liegen die grünen Wurzelstöcke der Pflanzen wie Schlangen über- und nebeneinander auf dem weichen Moorschlamm. Das Bild erinnert an Schlangen, die die warme Frühlingssonne aus der Winterherberge hervorgelockt hat und die nun ähnlich wie die Wurzelstöcke der Drachenwurz sich gelagert haben“ (Mahler 1958, 24).

Trautzke-3: Schlangen-/Drachenwurz bzw. Sumpfkalla (Calla palustris), Juni 2021
Calla palustris (Schlangen-/Drachenwurz bzw. Sumpfkalla)
[Quelle: Thomé 1885, 21/42]

Im antiquarisch erstandenen Buch „Moore in der Landschaft“ wird die Sumpfkalla „Schweinsohr“ genannt (Succow & Jeschke 19902, 80-82), wobei mir nicht klar ist, ob sich dieser Name auf die besondere Form des weißen Hüllblattes oder auf die Größe der grünen Blätter bezieht.
Es könnte aber auch einen ganz anderen Grund für die Bezeichnung „Schweinsohr“ geben: „Der schlangenförmige Wurzelstock, der für den zweiten deutschen Namen der Pflanze (Schlangenwurz) verantwortlich ist, enthält Stärke. Früher verfütterte man ihn an Schweine“ (Kosmos-Pflanzen 2020, 284).

Trautzke-3: „Schweinsohr“ bzw. Sumpfkalla (Calla palustris), Juni 2021

„Die Pflanze überdauert mit einem langen, käftigen Wurzelstock. In 2 Zeilen treiben von hier die Blätter aus. Sie haben lange Stiele und stehen aufrecht. Die lederartige Beschaffenheit und die rundliche oder herzförmige Anlage der Blätter sind gute Kennzeichen. Wenn die Pflanze in der Zeit von Mai bis Juli blüht, ist sie nicht zu verwechseln, nur wird man sehr an den Aronstab (Arum macultatum) erinnert, mit dem sie auch tatsächlich nahe verwandt ist. Beide gehören in die Familie der Aronstabgewächse (Araceae). Typisch ist der etwa 2 cm lange Blütenkolben, der unten Zwitterblüten und an der Spitze männliche Blüten trägt. Der Kolben wird seinerseits umstanden von einer weißlichen Scheide. Beim Aronstab umschließt diese Scheide den Kolben in Form einer Tüte, bei der Drachenwurz wird der Kolben nicht eingeschlossen“ (Pott 1985, 60).

Ganz besondere Freude bereiten mir die mystisch anmutenden dunkelroten bzw. dunkelpurpurnen Blüten der Sumpf-Blutaugen (Potentilla palustris), deren typische Stängelblätter mir ja schon im Mai aufgefallen waren (siehe Trautzke-Seen und Moore – Teil 6: Trautzke-3). Die Bezeichnung palustris kommt aus dem Lateinischen: palus = Sumpf, Pfuhl; paluster/palustris = sumpfig. „Der wissenschaftliche Name Potentilla leitet sich von der Heilkraft einiger Arten ab (‚potentia‘ = ‚Kraft‘)“ (Lüder 2018, 361). „Wie Blutaugen schauen die Pflanzen aus dem Sumpf hervor. Die Pflanze heißt daher Sumpfblutauge“ (Mahler 1958, 31).

Trautzke-3: Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris), Juni 2021

Das nur in Mooren verbreitete Sumpf-Blutauge wird zwar auf der ROTEN LISTE noch als ungefährdet eingestuft, steht jedoch auf der Vorwarnliste (vgl. Rote Liste). Es ist „eine Staude aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). […] Die Pflanze ist mit einer verholzten, bis zu 1 m langen Grundachse im Boden verankert. Während die hinteren Teile des Wurzelstocks absterben, wächst er vorne weiter, bewurzelt sich in Abständen und bildet Triebe aus. Einige der Triebe tragen nur Blätter, andere tragen die Blütenstände. Die Blätter sind fünf- oder siebenzählig gefiedert. […] Die Blüten öffnen sich im Juni/Juli. Sie stehen zu Trugdolden gehäuft. Auffällig sind die trüb purpurfarbenen Kelchblätter. Kaum halb so lang sind die dunkelroten Kronblätter. Bei dieser Pflanze übernimmt also vor allem der Kelch die Anlockung von Insekten“ (Pott 1985, 34).

Trautzke-3: Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris), Juni 2021

Fingerkräuter „sind eng mit den Erdbeeren (Fragaria) verwandt, und die Abgrenzung dieser beiden Gattungen wird unterschiedlich gehandhabt. Dazu kommt, dass es auch Mischformen (Bastarde) dieser beiden Gattungen gibt. Einige Fingerkräuter werden den Gattungen Comarum, Dasiphora und Drymocallis zugeordnet“ (Lüder 2018, 361). Früher trug das Sumpf-Blutauge den botanischen Namen Comarum palustre.

Comarum palustre = Potentilla palustris (Sumpf-Blutauge)
[Quelle: Thomé 1885, 105/209]

Ebenso üppig wie Sumpfkallas und Sumpf-Blutaugen sind in Trautzke-3 Pflanzen mit leuchtend-gelben, dicht-traubigen Blütenköpfchen im unteren Stängelbereich: Straußblütiger Gilbweiderich (Lysimachia thyrsiflora).

Trautzke-3: Straußblütiger Gilbweiderich (Lysimachia thyrsiflora), Juni 2021

Trotz der Strauß-Gilbweiderich-Teppiche (zumindest hier in Trautzke-3) dürfen wir nicht vergessen, dass diese Pflanze auf der ROTEN LISTE mit Gefährdungsstufe 3 kategorisiert, d.h. generell selten ist (vgl. Rote Liste).

Sind Euch auf manchen Fotos vielleicht die gehäuft vorkommenden kreisförmigen, gekerbten Blätter in glänzendem Dunkelgrün aufgefallen?!? Interessanterweise sitzen deren Stängel nicht am Rande, sondern in der Mitte der runden Blätter, weshalb diese Pflanze den Namen Wassernabel (Hydrocotyle vulgaris, d.h. Gewöhnlicher Wassernabel) erhalten hat.

„Je nach Standort kann der Stiel unterschiedlich kräftig ausgebildet sein. Wächst der Wassernabel auf trockenem Untergrund, dann ist der Blattstiel kurz, dick und fest; er muß ja nun die Pflanze in der Luft halten. Wächst der Wassernabel im flachen Wasser, dann ist der Blattstiel länger, dünner und biegsam; jetzt trägt das umgebende Medium Wasser das Blatt“ (Pott 1985, 40).
Die weißen Blüten des Wassernabels sind winzig (etwa 1 mm breit) und stehen in kurz gestielten Dolden bzw. Quirlen, bei denen aber jeweils nur 3-5 Blüten zusammengefasst sind (blüht erst im Juli/August). Die Pflanze ist GIFTIG, gilt laut ROTER LISTE bei mäßiger Bestandsabnahme als ungefährdet (vgl. Rote Liste), kommt aber nichtsdestotrotz ziemlich selten – eben nur in Mooren und auf Sumpfwiesen – vor (vgl. BLV 2015, 368).

Hydrocotyle vulgaris (Gemeiner Wassernabel)
[Quelle: Thomé 1885, 102/365]

Noch eine weitere kleinblütige, aber höher als der Wassernabel wachsende Pflanze schmückt die Schwingrasenfläche von Trautzke-3: Weidenröschen (Epilobium sp.) aus der Familie der Nachtkerzengewächse (Onagraceae). „Ihren Namen verdankt diese Familie den Arten, die, wie beispielsweise die Nachtkerze (Gattung Oenothera), ihre Blüten erst abends öffnen“ (Lüder 2018, 459).

Trautzke-3: Weidenröschen (Epilobium sp.), Juni 2021

Ob es sich um Kleinblütiges (Epilobium parviflorum) oder Sumpf-Weidenröschen (Epilobium palustre) handelt, muss ich erst noch genau erforschen … beide Arten kommen an Feuchtstellen vor, haben runde Stängel und schmal lanzettliche, schwach gezähnte Blätter, die „im unteren Teil des Stängels gegenständig, im oberen wechselständig“ (Kammer 2016, 199f.) angeordnet sind. Die Blütenblätter beider Weidenröschen sind rosa bis hellviolett, etwa 3-6/7 mm lang und eingeschnitten, die Früchte haben die Form von langen dünnen, nach oben stehenden Kapseln, worauf auch der botanische Name hinweist: epi, griech. = auf, aufrecht, lobium, lat. = kleine Hülse, Schote (vgl. Kammer 2016, 199f.).

Auch die Gräser blühen – beispielsweise tragen die Binsen (Juncus sp.), welche Trautzke-3 überziehen, frische Blütenstände, die echt putzig wirken.

Binsenbult mit Blüten (Juncus sp.), Juni 2021

Ein besonderes Faszinosum ist für mich, dass viele Spinnen wieder begonnen haben, ihre Gespinstsäcke an Halmen und deren alten Samenständen zu bauen – die dabei entstehenden Konstrukte sind überaus raffiniert und wunderschön. Über Spinnen erscheint demnächst eine eigene Blogpost-Serie …

Und die Doggies …?!?
Als alte Artenschutz-„Hasen“ wissen Speedy und Chekotee aus Erfahrung, was Sache ist, wenn ich meine botanischen Forschungen anstelle, nämlich sich ein feines Plätzchen suchen und chillen, noch dazu sind sie bei solch großer Hitze sowieso froh, wenn sie im kühlen Gras liegen können und nichts tun brauchen, außer dösen und evtl. mal ein wenig gucken und wittern;-)

Trautzke-3: Chekotee chilling – Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris), Juni 2021

Quellen:
Fagnière, Y. et al. (20202). Botanische Grundkenntnisse auf einen Blick. 40 mitteleuropäische Pflanzenfamilien. Bern. Haupt.
Der illustrierte BLV-Pflanzenführer für unterwegs (2015). München. BLV.
Kammer, P.M. (2016). Pflanzen einfach bestimmen. Schritt für Schritt einheimische Arten kennenlernen. Bern. Haupt.
Der Kosmos-Insektenführer (2018). Stuttgart. Franck-Kosmos.
Der Kosmos-Pflanzenführer (2020). Stuttgart. Franck-Kosmos.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.
Mahler, H. (1958). Pflanzen unserer Moore. Bremerhaven. Ditzen & Co.
Naturapotheke: Schwester Bernardines große Naturapotheke (1983). München. Mosaik.
Pott, E. (1985). Moor und Heide. Pflanzen und Tiere nach Farbfotos bestimmen. München. BLV.
Succow, M. & Jeschke, L. ( 19902). Moore in der Landschaft. Entstehung, Haushalt, Lebewelt, Verbreitung. Nutzung und Erhaltung der Moore. Leipzig. Urania.

Internetquellen:
BArtSchV: Bundesartenschutzverordnung (zuletzt aufgerufen am 19.06.2021)
Botanicus.de: http://www.botanicus.de > Informatives > Giftpflanzen > Alle Giftpflanzen > Fingerhut (zuletzt aufgerufen am 19.06.2021)
Rote Liste: Download über die Website des Bundesamts für Naturschutz (BfN) möglich (zuletzt aufgerufen am 19.06.2021)
Thomé, O. W. (1885). Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz:
– Calla palustris:
https:// commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Calla_palustri0.jpg (zuletzt aufgerufen am 18.06.2021)
– Comarum palustre (= Potentilla palustris):
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Comarum_palustre0.jpg (zuletzt aufgerufen am 18.06.2021)
– Digitalis purpurea: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Digitalis_purpurea0.jpg (zuletzt aufgerufen am 18.06.2021)
– Hydrocotyle vulgaris:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Hydrocotyle_vulgaris0.jpg (zuletzt aufgerufen am 18.06.2021)

Trautzke-Seen und Moore – Teil 9: Trautzke-6 oder das verschwundene Moor

Früher existierten zwischen dem Großen und dem Kleinen Drauzen noch einige weitere (nicht namentlich bekannte) kleinere Teiche. Dieser heute längst trocken gefallene Bereich liegt zwischen den von mir persönlich als Trautzke-1/Trautzke-2 und Trautzke-5 bezeichneten Trautzke-Seen und wird von mir Trautzke-6 genannt.

Mach Dich HIER vertraut mit der von mir gewählten topographischen Nomenklatur des NSG Trautzke-Seen und Moore.

NSG Trautzke-Seen und Moore – Satellitenaufnahme
[Quelle: Googlemaps]
Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-6
[Quelle: Maps.me]

Ausgangspunkt unserer Entdeckungstour Richtung Trauzke-6 ist der Hügelkamm im Norden von Trautzke-3:

Trautzke-3: Nordteil – Hügelkamm, Mai 2021

Vom Hügelkamm gelangen wir zu einer Senke, an deren Rand Birken wachsen und die von Blaubeerengebüsch überwuchert ist, weshalb ich sie „Blaubeeren-Senke“ nenne – und im Sommer sicherlich öfter hierher kommen werde, yummie;-)

Trautzke-6: Vom Hügelkamm nördlich von Trautzke-3 Richtung Trautzke-6 zur Blaubeeren-Senke (Blick vom Rand der Blaubeeren-Senke nach NO), Mai 2021
Trautzke-6: Blaubeeren-Senke, Blick nach W, Mai 2021

Mitten in der Blaubeeren-Senke stehend und den Blick in Richtung Trautzke-3, also nach Nordosten wendend, sieht das Panorama so aus:

Trautzke-6: Blaubeeren-Senke, Blick nach NO Richtung Trautzke-3, Mai 2021

Weiter geht´s dann in Richtung Trautzke-4 und Trautzke-5:

Trautzke-6: Blickrichtung zu Trautzke-4 und Trautzke-5
[Quelle: Maps.me]
Trautzke-6: Blaubeeren-Senke Richtung Trautzke-4 und Trautzke-5, Mai 2021

So kommen wir zur nächsten Senke, die viel weiträumiger als die vorhin beschriebene Blaubeeren-Senke ist und auf den ersten Blick nicht unbedingt nach einem ehemaligen Feuchtgebiet aussieht, obwohl zwischen den Kiefern vereinzelt Birken stehen und auch hier der Boden überwiegend von Blaubeerstauden bedeckt ist. Doch da muss ich bei nächster Gelegenheit die Krautschicht noch genauer untersuchen …

Trautzke-6: Senke, vom W-Rand nach O, Mai 2021

Speedy ist jedenfalls total in seinem Element – Scannen: tja, so mitten im Wald gibt´s natürlich verlockende Erlebnisse für alle Sinne;-)

An dieser Stelle ein kleiner Wald-Knigge: „Normale“ Spaziergänger*innen, quasi Erholungssuchende, sollten keine solchen „Wildnis-Abenteuer“ unternehmen. Erstens stören sie die Natur im Allgemeinen und die Wildtiere im Besonderen, zweitens dürfen in den Wäldern nur Befugte abseits der Wege sein, z.B. Leute aus den Tätigkeitsbereichen Jagd, Forst oder Naturschutz, wobei für das Artenschutzmonitoring die Bestätigung einer anerkannten Naturschutzorganisation (bei mir der BUND Brandenburg) und/oder der Unteren Naturschutzbehörde vorliegen muss. Freiwillige, die ehrenamtlich im Artenschutz tätig sind, können sich von der Unteren Naturschutzbehörde einen sog. NATURSCHUTZAUSWEIS ausstellen lassen.
Dazu ein interessanter NABU-Artikel.

Meine beiden Hunde Speedy und Chekotee sind ja „alte Monitoringexperten“;-) Sie wissen, dass sie keine Tiere aufstöbern und schon gar nicht hinter ihnen her rennen sollen, sie verhalten sich ruhig (auch bei Tiersichtungen gibt´s kein Gekläffe) und finden ihr „Jagdglück“ im Scannen, wo sie – an Ort und Stelle bleibend – den Tieren mit Nase, Augen und Ohren „nachspüren“. Scannen ist so toll für sie, dass ich es sogar als Belohnung einsetzen kann, nach dem Motto: „Das habt Ihr gut gemacht, dafür dürft Ihr nun scannen!“

Auch der eher nicht so „nervenstarke“ Chekotee ist ein großer Scan-Fan geworden, soll heißen: statt Ausflippen ist nunmehr (zu 99,9%) Gucken, Lauschen und Wittern, eben Scannen angesagt (es lohnt sich also wirklich, solche funktionalen Verstärker im Hundetraining einzusetzen). Und weil alles so positiv assoziiert ist, wird klarerweise auch der Rückruf zum freudigen Ereignis:-)

Trautzke-6: Chekotee beim Scannen, Mai 2021
Trautzke-6: Chekotee kommt auf Rückruf freudig herangelaufen – und das bei all den tollen Ablenkungen im Wald, Mai 2021

Kein Wunder, dass Chekotee so gern zurückkommt, wenn´s doch dann eine Suuuuuuper-Belohnung wie bspw. Buddeln in einem Wurzelteller gibt!

Trautzke-6: Chekotee glückselig nach dem Buddelspaß, Mai 2021

Beim Weitergehen schimmern bald schon die Wasserstellen von Trautzke-5 durch die Bäume und das ist auch gut so, denn die Hunde sind nach dem Buddeln ziemlich durstig – deshalb guckt Chekotee auch schon sehnsüchtig zum Wasser hinunter …

Trautzke-6: Chekotee blickt Richtung Trautzke-5, weil´s dort unten Wasser gibt, Mai 2021
Trautzke-6: Blick hinunter zu Trautzke-5, Mai 2021

Nachdem wir bei Trautzke-5 ein wenig Rast gemacht und die Hunde ihren Durst gestillt hatten, machen wir uns wieder auf den Weg – an der Westseite von Trautzke-5 weiter durch den Wald. Und stoßen auf eine völlig „verwilderte“ Senke: meiner Meinung nach das Relikt eines Nebenteiches der früheren Drauzen-Seen.

Trautzke-6: Lag in dieser Senke früher mal ein Nebenteich der Drauzen-Seen? Mai 2021

Zur Orientierung: Diese „wilde Senke“ (wie ich sie nenne) liegt nordwestlich von Trautzke-5 und hat eine Art „Kipferl“-Form (in Deutschland sagt man „Hörnchen“ zum Wiener Kipferl), genauso wie der kleine Teich nördlich des Großen Drauzen auf der Karte aus dem 18. Jahrhundert.

Die wilde Senke möchte ich demnächst unbedingt noch genauestens untersuchen – ich könnte mir vorstellen, dass es dort in ähnlicher Art „moortypische“ Vegetation zu entdecken gibt wie in Trautzke-3, aber wir werden ja sehen, welche Überraschungen noch auf uns warten …

Erschöpft, aber glücklich über die schönen Entdeckungen treten die Doggies und ich unseren Heimweg an. Einem Wildwechsel mitten durch den Wald in nördlicher Richtung folgend erspähen wir durch die Bäume bald die Silhouette von Trautzke-2.

Trautzke-6: Auf dem Weg zu Trautzke-2
[Quelle: Maps.me]
Trautzke-6: Wildwechsel nach Norden in Richtung Trautzke-2 (kleine lichtgrüne Fläche rechts im Bild), Mai 2021
Trautzke-2: Panorama, Mai 2021

Trautzke-Seen und Moore – Teil 8: Trautzke-5

Einst bildete Trautzke-5 zusammen mit Trautzke-4 den Großen Drauzen See, doch das ist schon lange her.

Großer und Kleiner Drauzen im 18. Jahrhundert
[Quelle: Atlas Neuzelle 2018, 9]
Trautzke-5
[Quelle: Maps.me]

Trautzke-5 ist fast zur Gänze mit Schilfröhricht bewachsen, also wesentlich feuchter als Trautzke-4. Der gesamte Ostrand hat mehrere offene Wasserstellen, die sich bis weit über die Mitte von Trautzke-5 hinaus ziehen. Wir haben es hier mit einer moortypischen Schwingrasendecke zu tun, die bei jedem Schritt schaukelt.

Trautzke-5: von N nach S, April 2021

Die Wasserstellen werden bevorzugt von Wildschweinen genutzt: insbesondere am SO-Rand entdeckten wir in den Suhlen auch deutliche Schwarzwild-Spuren.

Speedy wies mich ja bereits im Böschungsbereich auf die Wildschweinhaare hin und unten an der Suhle wachte er „gestrenge“ über meine improvisatorische Kennzeichnung der Spuren mittels Lipstick (hatte an diesem Tag meinen Zollstock nicht dabei und die kleinen Holzlineale, die ich sonst immer parat habe, steckten in der Tasche einer anderen Jacke). Nu, das Wichtigste ist, dass man überhaupt ein Referenzobjekt zum Größenvergleich dazulegt …

Trautzke-5: Wildschweinhaare, April 2021

Und während Speedy an der Suhle nach allen Richtungen scannt, ob nicht doch noch ein Wildschwein in der Nähe ist, behält Chekotee von der Böschung aus den Überblick;-)

Die ganze Ostseite entlang ziehen sich solche Wildschweinsuhlen und weil Trautzke-5 noch nicht so stark verlandet ist, zeigen sich dabei auch mehrere offene, wenngleich schlammige Wasserstellen.

Auf den obigen Fotos ist auch zu erkennen, dass die Oberfläche – wenn nicht von Schilfröhricht – von Seggen und Binsen in ihren typischen Bultformen bewachsen ist.

Natürlich hat auch ein röhricht- und schilfbewachsenes Moor sein Fleur, jedoch im Sinne der Artenvielfalt ist hier dringend Renaturierung nötig.

Trautzke-5: Schilf, April 2021

Quelle:
Stiftung Stift Neuzelle, Hg. (2018). Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. Berlin. Verlag für Berlin-Brandenburg.

Trautzke-Seen und Moore – Teil 7: Trautzke-4

Trautzke-4 ist ein Teil des ehemaligen Großen Drauzen, doch von dem einstigen See ist heute nicht mehr viel übrig.

Großer und Kleiner Drauzen im 18. Jahrhundert
[Quelle: Atlas Neuzelle 2018, 9]
Trautzke-4
[Quelle: Maps.me]
Trautzke-4: von SW nach N, April 2021

Der ehemalige Große Drauzen hat sich im Laufe der Geschichte zweigeteilt: Trautzke-4 und Trautzke-5. Beide sind von Kiefern (vereinzelt auch Birken) umsäumt und zum großen Teil trocken gefallen.
Trautzke-4 ist vor allem im südlichen Abschnitt stark verlandet (nur am südlichsten Zipfel zeigen Schilfröhrichte und etwas morastiger Boden eine Restwasserstelle an). Im Nordteil besteht eine offene, mit Schilf und Röhricht bewachsene Wasserfläche, der Binsen- und Seggenboden rundherum hat Schwingrasen-Charakter.

An den Böschungen des trocken gefallenen Südteils fand ich neben einem völlig einsam sprießenden Korbblütler* jede Menge Hundsveilchen (Viola canina), also nicht duftende Veilchen.

* Dieser kleine gelbe Korbblütler harrt noch der Bestimmung – wahrscheinlich ist das arg zernepfte Pflänzchen doch „nur“ ein gemeiner Löwenzahn (Taraxacum officinale) oder ein rauer Löwenzahn (Leontodon hispidus); jedenfalls kein Habichtskraut, denn bei denen kommen solch löwenzahnartige Blätter nicht vor. An dem Tag bei Trautzke-4 waren die Doggies und ich schon mehrere Stunden unterwegs und ich dementsprechend k.o., also examinierte ich das winzige zerrupfte Pflänzchen nicht genauer … leider ist zudem das Foto nicht besonders scharf, aber ich werde die Stelle sicherlich bald wieder besuchen.

Unter den Bäumen der Böschung des südlichsten Zipfels stießen wir auf einen Haufen Federn und Flaumen – da hat sich jemand einen Vogel gut schmecken lassen.

Nicht weit davon durfte sich Chekotee an einem alten Wurzelteller „austoben“ – er jedenfalls hatte seinen Spaß, Speedy hingegen war eher missmutig, weil sein Kumpel ihn beim Buddeln voll mit Erde einstaubte. Tja, das Leben ist manchmal echt grausam;-) Aber Speedy durfte im Nachhinein natürlich auch buddeln, während ich Chekotee mit einem Suchspiel ablenkte.

Am Rand des trockenen Südteils machten wir eine kleine Rast, nachdem Chekotee dort eine Losung gefunden hatte. Da es sich aber weder um eine Wolfs- noch eine Fuchslosung handelte, sondern um verklumpte Rehkotbeeren, war er im ersten Moment unsicher, ob er es überhaupt anzeigen sollte. Doch schließlich siegte sein Eifer – er dachte sich wohl voller Stolz: „Ist zwar kein Wolfspoops, aber immerhin hab ich´s gefunden!“

Trautzke-4: von O nach W, Hunde ruhen im Gras, April 2021
Trautzke-4: von N-Böschung nach S, April 2021

Quelle:
Stiftung Stift Neuzelle, Hg. (2018). Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. Berlin. Verlag für Berlin-Brandenburg.

Trautzke-Seen und Moore – Teil 6: Trautzke-3

Dieses langgestreckte Feuchtgebiet trägt zwar keine offenen Wasserflächen mehr, dafür aber viele Merkmale eines (ehemaligen) Moors, also noch einen relativ großen Artenreichtum.

Trautzke-3
[Quelle: Maps.me]

Trautzke-3 ist eingebettet in eine längs verlaufende Senke, welche sich in drei Abschnitte teilt: der südliche Teil ist schon stark trocken gefallen, dort breitet sich über den Gräserhorsten vorwiegend Himbeergestrüpp aus, der nördliche Teil ist das eigentliche „Restmoor“ mit Schwingrasendecke und vielfältiger Flora.

Trautzke-3: Südteil, April 2021
Trautzke-3: Nordteil, April 2021

Und der dritte Teil?
Im Foto vom Nordteil erkennt Ihr eine Art kiefernbewachsenen „Wall“ – dieser „Hügelkamm“ trennt den dritten Teil von den beiden ineinander übergehenden Hauptteilen ab. Der separate dritte Bereich ist ebenso wie der Südteil ziemlich trocken gefallen und mit Blaubeer- und Himbeergestrüpp zugewachsen. Ihr könnt Euch dessen Lage dort vorstellen, wo in der Karte oben mein blauer Pfeil positioniert ist.
An der Ostseite führt ein Waldweg an Trautzke-3 vorbei, über den wir direkt zu Trautzke-4 kommen. Das Landschaftsbild entlang dieses Weges lässt vermuten, dass einst wohl die gesamte N-S-Strecke zwischen Trautzke-2 und Trautzke-4 Moorgebiet gewesen ist (auf der Maps.me-Karte müssten wir Trautzke-3 also nach oben und unten verlängern).
Das macht auch Sinn, denn im Vergleich mit der historischen Karte vom Kleinen und Großen Drauzen aus dem Neuzeller Atlas lässt sich ausmalen, dass der dritte, nördlichste Abschnitt von Trautzke-3 das südlichste Zipfelchen des Kleinen Drauzen sein könnte. Die in der Maps.me-Karte verzeichnete Wasserfläche für (wie von mir genannt) Trautzke-3 ist wohl gleichzusetzen mit dem schmalen länglichen Gewässer zwischen dem Kleinen und Großen Drauzen auf der Karte des Neuzeller Atlas. Dabei ist zu bedenken, dass der Große Drauzen früher eben noch seine tatsächliche Größe hatte.

Kleiner und Großer Drauzen im 18. Jahrhundert
[Quelle: Neuzeller Atlas]

Ein kleiner Ausflug in die Botanik

Der nördliche Schwingrasenteil von Trautzke-3 ist zwar bei Weitem kein intaktes Moor mehr, aber hier hat sich noch am ehesten moortypische (bzw. zumindest feuchtigkeitsliebende) Vegetation erhalten.

Carex – Gattung Segge

Trautzke-3: Seggenbult, Mai 2021

Seggen zählen zur Familie der Sauergräser (Cyperaceae), andere Gattungen der Sauergras-Familie, ebenfalls in Feuchtgebieten vorkommend, sind bspw. Simse (Scirpus) und Wollgras (Eriophorum).

Bei uns in Mitteleuropa gibt es über 100 Seggen-Arten, was die Gattung Carex zur größten innerhalb der Sauergräser macht (vgl. Lüder 2018, 169). Und das erleichtert die Bestimmung keinesfalls …
Hier tippe ich anhand der Blüten jedoch auf Carex cespitosa, Rasen-Segge, eine typische Moor-Segge (meine Blütenfotos stammen aus Trautzke-3, Mai 2021).


Mehr zu den Seggen erfahrt Ihr in meinem Blogpost Moorbotanik: Oj wej, eine Carex!

Juncus – Gattung Binse

Trautzke-3: Binsenbult, Mai 2021

Binsen sind die namensgebende Gattung in der Familie der Binsengewächse (Juncaceae) – eine andere Gattung ist die Hainsimse (Luzula). In Mitteleuropa gedeihen etwas 20 Binsen-Arten, hauptsächlich auf Feuchtwiesen, in Sümpfen und Mooren (vgl. Lüder 2018, 183).

In den Trautzke-Seen und Mooren finden wir die Flatter-Binse (Juncus effusus), eine der am häufigsten vorkommenden Binsen-Arten, wie auch die lateinische Bezeichnung „effusus“ (d.h. weit ausgedehnt, zerstreut, verschwenderisch, maßlos) suggeriert.

Juncus effusus (Flatter-Binse), November 2020

Mehr über Binsen und „Binsenweisheiten“ gibt´s in meinem Blogpost Moorbotanik: In die Binsen gegangen!

Gras – noch unbestimmt

Symphytum officinale – Gewöhnl. Beinwell

Eine uralte Heilpflanze, die im Sommer wunderschöne blauviolette Blüten hervorbringt. Gesammelt und (meist zu einer Salbe) verarbeitet wird vor allem im Herbst die Wurzel – anwendbar bei Prellungen, Stauchungen, Brüchen und schlecht heilenden Wunden. Aber auch zerstoßene Blätter sind als Gelenkspackungen hilfreich.
Das griechische Wort „symphyein“ bedeutet übrigens „zusammenwachsen lassen“ – wie so häufig prägt die Wirkung der Pflanze ihren Namen.
Symphytum officinale (Gewöhnlicher Beinwell) gehört zu den Raublattgewächsen (Boraginaceae) und wächst bevorzugt auf feuchten Standorten.

Stellaria media – Vogel-sternmiere

Trautzke-3: Stellaria media (Vogelmiere), Mai 2021

Am Rand des nördlichen Moorteils breitet sich Vogelmiere aus – die schmackhaften und vitaminreichen winzigen Frühlingspflänzchen halten durch ihren flächigen (und höchst üppigen) Wuchs den Boden feucht.

PotentillA palustris – Sumpf-Blutauge

Trautzke-3 ist übersät mit diesen außergewöhnlichen Schönheiten – schon von Anfang an vermutete ich, es handle sich um eine Potentilla-Art, aber ich war mir nicht sicher, welches Fingerkraut. Jedenfalls strahlen sie für mich einen ganz besonderen Zauber aus:-)
Erst als ich wenige Tage später erneut Trautzke-3 besuchte und den Zuwachs auf 5 und 7 Fiederblätter bemerkte, wusste ich es: das wird ein Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris)! Die Bezeichnung palustris kommt aus dem Lateinischen: palus = Sumpf, Pfuhl; paluster/palustris = sumpfig.
„Der wissenschaftliche Name Potentilla leitet sich von der Heilkraft einiger Arten ab (‚potentia‘ = ‚Kraft‘). So ist beispielsweise das Aufrechte Fingerkraut (Potentilla erecta) seit alters her vor allem wegen der magenschonenden Gerbstoffe ein geschätztes Heilkraut. Es wird auch Tormentill oder Blutwurz genannt“ (Lüder 2018, 361).
Zur Blütezeit im Juni/Juli werde ich Euch dann noch viel mehr über das magische Sumpf-Blutauge erzählen und auch über andere Potentilla-Arten, denn die Fingerkräuter gehören zu meinen Lieblingen:-)

Pflanzen – noch unbestimmt

Überall verteilt im Nordteil von Trautzke-3 wachsen einige Pflänzchen, die ich noch nicht bestimmen konnte – bin schon sehr gespannt, was da mal draus wird …

Moose

Neben den Gräsern gibt es noch eine ziemlich verzwickte Gruppe in der Botanik: die Moose! Aus dem Moormonitoring kenne ich natürlich bereits einige Torfmoose (Sphagnum sp.), aber grundsätzlich ist dieses Gebiet absolutes Neuland für mich. Außerdem stellte ich fest, dass ich bei Moosen mit meinen Lupen nicht sehr weit komme, also warte ich auf das Mikroskop, welches mir der BUND Brandenburg liebenswürdigerweise als Dauerleihgabe zur Verfügung stellt:-)

In Trautzke-3 entdeckte ich wunderschöne Moose auf dem Wurzelteller eines umgestürzten Baumes, so zart und zerbrechlich wirkend, dabei unglaublich beständig: Frauenhaarmoos – entweder Goldenes Frauenhaarmoos (Polytrichum commune) oder Schönes bzw. Wald-Frauenhaarmoos (Polytrichum formosum).

Trautzke-3: Frauenhaarmoos, Mai 2021

Es werden noch viele Pflanzen folgen, gerade jetzt im Frühling ist es jedes Jahr wieder ein Wunder, wenn überall das frische, hell leuchtende Grün aufkommt und sich stetig ausbreitet:-)

Trautzke-3: Nordteil mit Frühlingsgrün, Mai 2021

Quellen:
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.
Stiftung Stift Neuzelle, Hg. (2018). Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. Berlin. Verlag für Berlin-Brandenburg.

Moorbotanik: In die Binsen gegangen!

Wenn etwas „in die Binsen geht“, dann ist es missglückt bzw. verloren gegangen. Diese Redewendung kommt vermutlich aus der Jägersprache: Wenn Enten die Gefahr durch die Jäger wahrnehmen, so fliehen sie in die dichte Ufervegetation, in Schilf- oder Binsenbestände. Dort sind sie vor den Blicken der Jäger verborgen, also nicht mehr jagdbar: gut für die Enten, aber schlecht für die Jäger! Ist aus Sicht der Jäger ein Jagdversuch missglückt, so ist er in die Binsen gegangen (vgl. Kremer & Oftring 2013, 193).

Flatter-Binse (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Binsen sind die namensgebende Gattung in der Familie der Binsengewächse (Juncaceae). „In Mitteleuropa gedeihen etwas 20 Arten. Sie sind vor allem in Uferzonen, auf Feuchtwiesen, in Mooren und Sumpfgebieten zu finden. Sie sind als Futterpflanze wertlos, und das Vieh meidet die harten Stängel. Einige Binsen sind als Zierpflanzen für Gartenteiche und Sumpfbeete beliebt. Früher wurden sie vor allem als Flechtmaterial für Matten, Körbe und Fischreusen verwendet. Allerdings ist der Namensursprung von lat. ‚jungere‘ = ‚binden‘ umstritten“ (Lüder 2018, 183).

Ein typisches Merkmal von Binsen ist, dass sie knotenlose Stängel haben – daher kommt auch der Ausspruch „Binsenwahrheit“ bzw. „Binsenweisheit“, welcher sich auf die alten Römer zurückführen lässt: „Vermutlich im Anschluß an l. quaerere in scirpo nodum ‚in der Binse einen Knoten suchen‘ = ’sich unnötige Mühe machen‘ (weil die Binse keine Knoten hat); also etwa ‚eine Weisheit, die man nicht suchen muß, die offen zutage liegt'“ (Kluge 198922, 86).

Flatter-Binse (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Der Blütenstand von Flatter-Binsen ist in Form einer Spirre und seitenständig (d.h. seitlich vom Stängel abstehend), was besonders im Herbst markant ins Auge fällt:

Juncus effusus (Flatter-Binse), November 2020

Ein weiteres Merkmal der Flatter-Binse ist der elliptisch-runde, dunkelgrün glänzende Stängel (wie gesagt: ohne Knoten), welcher im Inneren mit einem durchgehenden weißen, schwammigen Gewebe gefüllt ist, dem Aerenchym. Das ist ein typisch für den sumpfigen Standort ausgebildetes Durchlüftungsgewebe. „Früher wurde dieses Mark wegen der trockenen Konsistenz mit seiner Sogwirkung als Lampendocht verwendet. Es lässt sich leicht mit dem Fingernagel aus dem Stängel schieben“ (Lüder 2018, 184).

Stängel der Flatter-Binse im Querschnitt, April 2021
Aerenchym (Durchlüftungsgewebe) aus dem Stängel der Flatter-Binse herausgeschält, April 2021

Das durchgehende Mark im Stängel ist ein charakteristisches Kennzeichen für die Flatter-Binse (Juncus effusus), denn andere Arten, z.B. die Blaugrüne Binse (Juncus inflexus), haben etagenweise Markschichten in ihren runden Hohlstängeln. „Durch die großen Zwischenräume (sog. Interzellularen oder Lakunen) dieses schwammartigen Gewebes wird ein optimaler Gasaustausch und eine ausreichende Versorgung mit Sauerstoff ermöglicht. […] Die luftgefüllten Räume und das Durchlüftungsgewebe dienen zusätzlich der Schwimmfähigkeit. Werden Pflanzen im Uferbereich durch Tiere oder Hochwasser von ihrem Standort gerissen, können sie lange auf der Oberfläche treiben, ohne abzusinken, und an einem anderen Ort Fuß fassen“ (Lüder 2018, 184).

Aerenchym: links Flatter-Binse (Juncus effusus), rechts Blaugrüne Binse (Juncus inflexus)
[Quelle: Lüder 2018, 183]
Flatter-Binse mit Spirre (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Quellen:
Kluge, F. (198922). Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin. Walter de Gruyter.
Kremer, B.P. & Oftring, B. (2013). Im Moor und auf der Heide. Natur erleben – beobachten – verstehen. Bern. Haupt.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.

Moorbotanik: Oj wej, eine Carex!

Tja, eigentlich könnte ich aufschreien: „Oj wej, ein Gras!“ Mit den Gräsern beschäftige ich mich nämlich erst seit Kurzem – wer ernsthaft Moormonitoring betreiben will, muss sich eben mit Gräsern auseinandersetzen;-) Und das ist ein weites Feld …

Seggenbult (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-4), Mai 2021

CAREX sp. [sp. = species; wenn man eine Grasart nicht genau bestimmen kann, fügt man dem Gattungsnamen „sp.“ an und meint damit, dass diese Art zur Gattung Carex (Segge) gehört – wenigstens eine erste Kategorisierung]: Seggen zählen zur Familie der Sauergräser (Cyperaceae), andere Gattungen der Sauergras-Familie, ebenfalls in Feuchtgebieten vorkommend, sind bspw. Simse (Scirpus) und Wollgras (Eriophorum).

„Mit über 100 Arten ist diese Gattung die weitaus größte innerhalb der Sauergräser. Ihr Name geht auf das alteuropäische Wort ’sek‘ für ’schneiden‘ zurück und bezieht sich auf die schneidend scharfen Blattränder. Dies findet sich auch im wissenschaftlichen Gattungsnamen Carex wieder. ‚Secare‘ bedeutet lateinisch ’schneiden‘, und ‚carrere‘ steht für ‚kratzen‘, so wurden diese Gräser ‚kratzendes Gestrüpp‘ genannt. Umgangssprachlich werden Seggen auch Riedgräser genannt und die Riedgrasbestände Sauerwiesen. Dies bedeutet so viel wie ‚wertloses Grünland‘ und ist auf den geringen Futterwert der Seggen zurückzuführen. Allerdings wurde das Heu der Seggenriede als Einstreu für Tiere genutzt. Die Feuchtwiesen sind entstanden, als der Mensch begann, die Feuchtwälder entlang der Bäche und Seen in Grünland zu verwandeln. Die meisten Arten gedeihen auf feuchten Standorten“ (Lüder 2018, 169).

Bei den Seggen, die ich in den Trautzke-Seen und Mooren gefunden habe, tippe ich anhand der Blüten auf Carex cespitosa, Rasen-Segge, eine typische Moor-Segge:

„Die Rasen-Segge (Carex cespitosa) bildet auf Sumpfwiesen dichte Horste. Hier sind die oberen männlichen Ährchen mit den heranreifenden Staubbeuteln zu sehen. Darunter befinden sich die weiblichen Ährchen“ (Lüder 20157, 237).

Rasen-Segge
[Quelle: Lüder 20157, 237]
Seggenbult (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Quellen:
Lüder, R. (20157). Grundkurs Pflanzenbestimmung. Wiebelsheim. Quelle & Meyer.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.

Trautzke-Seen und Moore – Teil 5: Trautzke-2

Chekotee guckt gebannt auf Trautzke-2 hinunter. Tagelang wanderten wir immer wieder dran vorbei und ich vertröstete meine forschungsfreudigen Hunde jedesmal auf später: „Later on we´re gonna explore that part, too.“ Und dann war es endlich soweit …

Wie bereits im vorigen Blogpost erwähnt, ist Trautzke-2 mit Trautzke-1 verbunden, d.h. die Darstellung auf der Karte von Maps.me täuscht. Und auch hier ist es ähnlich wie bei Trautzke-1, dass nämlich die westliche Ausbuchtung aufgrund der massiven Verlandung längst nicht mehr so groß ist. Aus der Position des blauen Pfeils in der Karte nahm ich das obige Titelfoto (mit Chekotee) auf, wo die eher geringen Ausmaße von Trautzke-2 erkennbar sind.

Trautzke-2
[Quelle: Maps.me]

Im Panoramafoto, bei dem ich inmitten von Trautzke-2 stand, ist links die westliche Begrenzung durch den Wald, mittig der Birkensaum (dahinter liegt Trautzke-1) und rechts die östliche Begrenzung durch den Wald zu sehen.

Trautzke-2: Panorama, Mai 2021
Trautzke-2: Mitte – Blick nach N (Trautzke-1 liegt hinter den Birken), Mai 2021

Trautzke-2 ist augenscheinlich vor geraumer Zeit schon komplett trocken gefallen: Der dicht mit Gras bewachsene Boden weist nicht das kleinste Morastfleckchen auf und deshalb schwingt da klarerweise rein gar nix mit beim Gehen. Nur vereinzelt existieren noch Binsen- und Seggenbulte, lichte Schilfbestände hie und da sind nur noch Relikte einer längst vergangenen Periode als Feuchtbiotop.

Die Doggies kamen jedenfalls voll auf ihre Kosten – wortwörtlich: Sie fanden Überbleibsel von einem Riss und knabberten glückselig auf alten Knochen herum.

Hinter dem Birkensaum zieht sich im Norden eine Art „Schwelle“ quer durch Trautzke-2, ähnlich wie bei Trautzke-1, wenngleich nicht ganz so erhaben: der Übergang von Trautzke-2 zu Trautzke-1 (auf dem Foto ist links im Hintergrund der schilfumschlossene Moorsee von Trautzke-1 auszumachen, die Birken rechts „gehören“ z. gr. T. bereits zu Trautzke-1).

„Schwelle“ zwischen Trautzke-2 und Trautzke-1, Mai 2021

So gesehen stimmt die Karte von Maps.me ja eigentlich – zwischen Trautzke-1 und Trautzke-2 ist quasi „Land“, bloß dass Trautzke-2 schon sehr, sehr lange keine offene Wasserfläche mehr birgt.

„Schwelle“ zwischen Trautzke-2 und Trautzke-1
[Quelle: Maps.me]
Trautzke-2: Blick vom Ostrand, Mai 2021

Trautzke-Seen und Moore – Teil 4: Trautzke-1

Trautzke-1 ist das nördlichste Moor im NSG Trautzke-Seen und Moore und gliedert sich in zwei Teile: der Süd-Part trägt dieses Jahr wieder Wasser, sodass sich ein kleiner See gebildet hat, hingegen ist der Nord-Part schon vor Jahren trocken gefallen.

Trautzke-1
[Quelle: Maps.me]

Obwohl Maps.me an sich recht genaue Daten liefert, stimmen die Ausmaße von Trautzke-1 nicht mit der Wirklichkeit überein. Der nördliche (trocken gefallene) Teil ist längst nicht (mehr) so breit wie auf der Karte dargestellt (Ihr könnt es Euch so vorstellen, dass die westliche Ausdehnung im Grunde kaum mehr existiert – Wald dringt hier immer weiter vor).
Mein blauer Pfeil zeigt in Richtung Moorsee, welcher im südlichen Part von Trautzke-1 liegt. Die kleine Wasserstelle ist von Schilf umwachsen, worin versteckt ein Kranichpaar brütet, begleitet vom vielstimmigen Froschkonzert.

Rund um die Wasserstelle ist der Boden naturgemäß matschig und nass, jedoch hatte ich nicht das Gefühl von Schwingrasen, zumindest nicht an der Ostseite dieses südlichen Moorteils. Die Verlandung ist offenbar stark fortgeschritten, was sich auch am Aufkommen von üppigen Birkensäumen entlang der Außenseiten zeigt.

Die Kraniche flogen natürlich bei unserer Ankunft auf und kreisten eine Weile über uns, schließlich ließ sich einer der Kraniche wieder seelenruhig im Schilfdickicht nieder. Auch hier zeigte sich wiederum, dass nicht einmal meine beiden Hunde als Gefahr angesehen werden, weil sie sich – wie ich – sehr behutsam und respektvoll in der Natur verhalten. Sie dürfen „scannen“, d.h. gucken, lauschen und wittern, aber eben ganz in Ruhe, da gibt´s kein Vorstürmen und auch kein Bellen! Speedy ist sowieso unser „Musterschüler“, doch sogar der ansonsten gern übermütige Chekotee weiß es mittlerweile zu schätzen, wie toll das ruhige „Scannen“ ist;-)

Chekotee & Speedy beim „Scannen“, Sommer 2020

Auch im Trautzke-1-Moor waren meine Hunde vorbildlich!

Trautzke 1: Südteil mit See und braven Doggies – Panorama, Mai 2021

Am Panoramafoto ist östlich vom Moorteich deutlich eine birkenbewachsene „Schwelle“ zu erkennen (im Bild rechts, wo Speedy im Gras schnüffelt) – dies ist in der Tat die Trennschwelle zwischen dem südlichen Wasserpart und dem nördlichen Trockenpart von Trautzke-1.

Trautzke-1: Zweiteilung (links der südliche Moorteich-Part, ungefähr mittig die „Schwelle“, rechts der nördliche trockene Part) – Panorama, Mai 2021

Kucken wir von der „Schwelle“ aus nach Süden, so haben wir weiterhin den schilfumwachsenen See im Blick.

Trautzke-1: Moorsee von „Schwelle“ aus, Mai 2021


Wenden wir aber unsere Augen von der „Schwelle“ aus nach Norden, so überblicken wir den „Birkenteil“, wie ich diesen Bereich von Trautzke-1 nenne.

„Trautzke-1: „Birkenteil“ von „Schwelle“ aus, Mai 2021

Hier ist alles ganz trocken, nur vereinzeltes Schilfaufkommen zeigt, dass es tief im Boden noch Feuchtigkeitsansammlungen geben muss.

Trautzke-1: „Birkenteil“ vom Nordost-Rand mit Blick nach Süden (hinter den Birken liegt der Part mit dem Moorsee), Mai 2021

Trautzke-1: Moorsee von „Schwelle“ aus – Panorama, Mai 2021