Trautzke-Seen und Moore – Teil 10: Ein Moor in voller Blüte

Frühling und Frühsommer – das ist für botanische Entdeckungen eine herrliche Zeit! So auch in den Trautzke-Mooren: Insbesondere Trautzke-3 ist übervoll mit wunderschöner Moorvegetation, darunter auch seltene und unter Naturschutz stehende Pflanzen.

Im Naturschutzgebiet Trautzke-Seen und Moore, zwischen dem ehemaligen Kleinen und Großen Drauzen, liegt eine Moorstelle, welche ich Trautzke-3 genannt habe (lies mehr dazu in den Beiträgen Trautzke-Seen und Moore – Teil 3: Mirjam´s topographische Nomenklatur, Trautzke-Seen und Moore – Teil 2: Geschichte und Etymologie, Trautzke-Seen und Moore – Teil 1: Lage und Geomorphologie).

Trotz des sehr heißen, ja schwülen und dunstigen Tages leuchtet uns schon vom nördlichen Rand des Moors erfrischend glänzendes Grün entgegen – dieser Einladung zu einer Rast auf dem feucht-kühlen Erdboden am Rande von Trautzke-3 können die Hunde und ich natürlich nicht widerstehen.

Was ich im Monat zuvor anhand der (noch jungen) Blattrosetten als Beinwell ansah, entpuppt sich nunmehr – hoch aufgewachsen und blühend – als Fingerhut! Digitalis purpurea (Roter Fingerhut) – GIFTIG, aber wunderschön anzuschauen:-)

Trautzke-3: Roter Fingerhut (Digitalis purpurea), Juni 2021

Unter den purpurfarbenen Fingerhüten fand ich auch weiß-gelbe Varianten – dabei könnte es sich evtl. um Gelben Fingerhut (Digitalis lutea) oder Großblütigen Fingerhut (Digitalis grandiflora) handeln. Beide Arten stehen laut Bundesartenschutzverordnung unter Naturschutz (siehe BArtSchV).

„Die Mythologie des Nordens berichtet, dass Elfen die Blüten von Fingerhüten aufsetzen, wenn sie im Mondschein tanzen“ (Kosmos-Pflanzen 2020, 64).
Die Gattung Fingerhut (Digitalis) zählt nach neueren molekularbiologischen Erkenntnissen zur Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae). „Die neue phylogenetische Klassifizierung hat diese Familie beträchtlich vergrößert. In unseren Regionen beinhaltete sie vorher nahezu allein die Wegeriche. Aber jetzt ist sie um mehrere wichtige Gattungen reicher, wie Ehrenpreis, Leinkräuter, Fingerhüte – früher ein Teil der Braunwurzgewächse (Scrophulariaceae)“ (Fragnière et al. 20202, 261).
Die Wegerichgewächse sind eine überaus vielgestaltige Pflanzengruppe, die etwa 95 Gattungen mit rund 1900 Arten umfasst. „Sie sind weltweit in allen Klimazonen beheimatet. In der mitteleuropäischen Flora gibt es knapp 20 Gattungen mit etwa 75 Arten“ (Lüder 2018, 659).

Trautzke-3: Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) – Blüten, Juni 2021

„Der Rote Fingerhut wächst in Europa vor allem in Gebirgslagen auf Waldwiesen und Lichtungen. Auch in Gärten ist er als Zierpflanze beliebt. Für die Drogengewinnung wird er in Feldkulturen angebaut. […] Die Droge enthält wichtige Kardioglykoside. Das gesamte Material wird in der pharmazeutischen Industrie zu wichtigen Medikamenten für die Behandlung von Herzleiden verarbeitet. Die Medikamente darf nur der Arzt verschreiben. Sie kommen bei Versagen der Herztätigkeit, zur Dämpfung des Pulsschlags, beim Ausgleich unregelmäßiger und nicht ausreichender Herztätigkeit und bei Herzhypertrophie zum Einsatz“ (Naturapotheke 1983, 133).

Digitalis purpurea (Roter Fingerhut)
[Quelle: Thomé 1885, 123/501]

Im Altertum war der Fingerhut unbekannt. „Er soll zuerst im 5. Jahrhundert in Irland heilkundlich genutzt worden sein. Man nannte die Pflanze damals ‚Frairie´s Herb‘ und versuchte mit ihr ‚verhexte‘ Kinder zu heilen, was oft tödlich endete. Seit dem 11. Jahrhundert wurde der Fingerhut in England angewandt und fand 1650 Eingang in die Londoner Pharmakopöe. Man gebrauchte die Pflanze damals zur Behandlung von Geschwüren. Leonhard Fuchs und Hieronymus Bock erwähnten den Fingerhut als Brech- und Abführmittel. Diese Wirkungen beruhten auf Vergiftungen und es kam auch zu Todesfällen. Der Fingerhut geriet dadurch als Droge in Verruf. Im Jahre 1786 entdeckte der Schotte William Withering die richtige Dosierung sowie die herzstärkende Wirkung der Pflanze, nachdem er sie zuerst bei Wassersucht verwendete. Seinen Siegeszug begann der Rote Fingerhut, nachdem es gelang die wirksamen Digitalisglycoside zu isolieren“ (Botanicus.de).

Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) – Blüten mit Blüten-/Saftmalen, Juni 2021

„Die Blütenmale beim Fingerhut weisen den Insekten den Weg zum Nektar und täuschen gleichzeitig ein größeres Pollenangebot vor. Hummeln bieten die Blüten Regenschutz und einen Schlafplatz. Kleineren Insekten wird der Eingang durch hochstehende Sperrhaare verwehrt“ (Lüder 2018, 660).

Zwar fand ich keine Hummel, dafür aber einen Trauer-Rosenkäfer (Oxythyrea funesta) auf einer Digitalis-Blüte! Dieses Mitglied der Skarabäiden kommt an sonnigen Waldrändern und auf blütenreichen Wiesen vor, ist jedoch in Deutschland sehr selten, hingegen im Mittelmeergebiet ziemlich häufig (vgl. Kosmos-Insekten 2018, 178). Ein Zeichen der wärmeren Temperaturen aufgrund des Klimawandels? Immerhin können wir an vielen Insekten beobachten, dass immer mehr mediterrane Arten bei uns heimisch werden.

Trautzke-3: Trauer-Rosenkäfer (Oxythyrea funesta) auf Fingerhut-Blüte, Juni 2021

GIFTIG wie der Fingerhut ist auch die Sumpfkalla (Calla palustris), eine typische Moorpflanze, die streng GESCHÜTZT ist (vgl. BArtSchV) und auf der ROTEN LISTE in Kategorie 3 (= gefährdet) geführt wird (vgl. Rote Liste). „Der Name Calla leitet sich von griech. kallos = Schönheit ab und bezieht sich auf das auffällige, weiße Hochblatt, das direkt unter dem Blütenkolben sitzt“ (Kosmos-Pflanzen 2020, 284). Sie wird auch Schlangen- oder Drachenwurz genannt, denn wenn die Moorgewässer im heißen Sommer versiegen, „dann liegen die grünen Wurzelstöcke der Pflanzen wie Schlangen über- und nebeneinander auf dem weichen Moorschlamm. Das Bild erinnert an Schlangen, die die warme Frühlingssonne aus der Winterherberge hervorgelockt hat und die nun ähnlich wie die Wurzelstöcke der Drachenwurz sich gelagert haben“ (Mahler 1958, 24).

Trautzke-3: Schlangen-/Drachenwurz bzw. Sumpfkalla (Calla palustris), Juni 2021
Calla palustris (Schlangen-/Drachenwurz bzw. Sumpfkalla)
[Quelle: Thomé 1885, 21/42]

Im antiquarisch erstandenen Buch „Moore in der Landschaft“ wird die Sumpfkalla „Schweinsohr“ genannt (Succow & Jeschke 19902, 80-82), wobei mir nicht klar ist, ob sich dieser Name auf die besondere Form des weißen Hüllblattes oder auf die Größe der grünen Blätter bezieht.
Es könnte aber auch einen ganz anderen Grund für die Bezeichnung „Schweinsohr“ geben: „Der schlangenförmige Wurzelstock, der für den zweiten deutschen Namen der Pflanze (Schlangenwurz) verantwortlich ist, enthält Stärke. Früher verfütterte man ihn an Schweine“ (Kosmos-Pflanzen 2020, 284).

Trautzke-3: „Schweinsohr“ bzw. Sumpfkalla (Calla palustris), Juni 2021

„Die Pflanze überdauert mit einem langen, käftigen Wurzelstock. In 2 Zeilen treiben von hier die Blätter aus. Sie haben lange Stiele und stehen aufrecht. Die lederartige Beschaffenheit und die rundliche oder herzförmige Anlage der Blätter sind gute Kennzeichen. Wenn die Pflanze in der Zeit von Mai bis Juli blüht, ist sie nicht zu verwechseln, nur wird man sehr an den Aronstab (Arum macultatum) erinnert, mit dem sie auch tatsächlich nahe verwandt ist. Beide gehören in die Familie der Aronstabgewächse (Araceae). Typisch ist der etwa 2 cm lange Blütenkolben, der unten Zwitterblüten und an der Spitze männliche Blüten trägt. Der Kolben wird seinerseits umstanden von einer weißlichen Scheide. Beim Aronstab umschließt diese Scheide den Kolben in Form einer Tüte, bei der Drachenwurz wird der Kolben nicht eingeschlossen“ (Pott 1985, 60).

Ganz besondere Freude bereiten mir die mystisch anmutenden dunkelroten bzw. dunkelpurpurnen Blüten der Sumpf-Blutaugen (Potentilla palustris), deren typische Stängelblätter mir ja schon im Mai aufgefallen waren (siehe Trautzke-Seen und Moore – Teil 6: Trautzke-3). Die Bezeichnung palustris kommt aus dem Lateinischen: palus = Sumpf, Pfuhl; paluster/palustris = sumpfig. „Der wissenschaftliche Name Potentilla leitet sich von der Heilkraft einiger Arten ab (‚potentia‘ = ‚Kraft‘)“ (Lüder 2018, 361). „Wie Blutaugen schauen die Pflanzen aus dem Sumpf hervor. Die Pflanze heißt daher Sumpfblutauge“ (Mahler 1958, 31).

Trautzke-3: Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris), Juni 2021

Das nur in Mooren verbreitete Sumpf-Blutauge wird zwar auf der ROTEN LISTE noch als ungefährdet eingestuft, steht jedoch auf der Vorwarnliste (vgl. Rote Liste). Es ist „eine Staude aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). […] Die Pflanze ist mit einer verholzten, bis zu 1 m langen Grundachse im Boden verankert. Während die hinteren Teile des Wurzelstocks absterben, wächst er vorne weiter, bewurzelt sich in Abständen und bildet Triebe aus. Einige der Triebe tragen nur Blätter, andere tragen die Blütenstände. Die Blätter sind fünf- oder siebenzählig gefiedert. […] Die Blüten öffnen sich im Juni/Juli. Sie stehen zu Trugdolden gehäuft. Auffällig sind die trüb purpurfarbenen Kelchblätter. Kaum halb so lang sind die dunkelroten Kronblätter. Bei dieser Pflanze übernimmt also vor allem der Kelch die Anlockung von Insekten“ (Pott 1985, 34).

Trautzke-3: Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris), Juni 2021

Fingerkräuter „sind eng mit den Erdbeeren (Fragaria) verwandt, und die Abgrenzung dieser beiden Gattungen wird unterschiedlich gehandhabt. Dazu kommt, dass es auch Mischformen (Bastarde) dieser beiden Gattungen gibt. Einige Fingerkräuter werden den Gattungen Comarum, Dasiphora und Drymocallis zugeordnet“ (Lüder 2018, 361). Früher trug das Sumpf-Blutauge den botanischen Namen Comarum palustre.

Comarum palustre = Potentilla palustris (Sumpf-Blutauge)
[Quelle: Thomé 1885, 105/209]

Ebenso üppig wie Sumpfkallas und Sumpf-Blutaugen sind in Trautzke-3 Pflanzen mit leuchtend-gelben, dicht-traubigen Blütenköpfchen im unteren Stängelbereich: Straußblütiger Gilbweiderich (Lysimachia thyrsiflora).

Trautzke-3: Straußblütiger Gilbweiderich (Lysimachia thyrsiflora), Juni 2021

Trotz der Strauß-Gilbweiderich-Teppiche (zumindest hier in Trautzke-3) dürfen wir nicht vergessen, dass diese Pflanze auf der ROTEN LISTE mit Gefährdungsstufe 3 kategorisiert, d.h. generell selten ist (vgl. Rote Liste).

Sind Euch auf manchen Fotos vielleicht die gehäuft vorkommenden kreisförmigen, gekerbten Blätter in glänzendem Dunkelgrün aufgefallen?!? Interessanterweise sitzen deren Stängel nicht am Rande, sondern in der Mitte der runden Blätter, weshalb diese Pflanze den Namen Wassernabel (Hydrocotyle vulgaris, d.h. Gewöhnlicher Wassernabel) erhalten hat.

„Je nach Standort kann der Stiel unterschiedlich kräftig ausgebildet sein. Wächst der Wassernabel auf trockenem Untergrund, dann ist der Blattstiel kurz, dick und fest; er muß ja nun die Pflanze in der Luft halten. Wächst der Wassernabel im flachen Wasser, dann ist der Blattstiel länger, dünner und biegsam; jetzt trägt das umgebende Medium Wasser das Blatt“ (Pott 1985, 40).
Die weißen Blüten des Wassernabels sind winzig (etwa 1 mm breit) und stehen in kurz gestielten Dolden bzw. Quirlen, bei denen aber jeweils nur 3-5 Blüten zusammengefasst sind (blüht erst im Juli/August). Die Pflanze ist GIFTIG, gilt laut ROTER LISTE bei mäßiger Bestandsabnahme als ungefährdet (vgl. Rote Liste), kommt aber nichtsdestotrotz ziemlich selten – eben nur in Mooren und auf Sumpfwiesen – vor (vgl. BLV 2015, 368).

Hydrocotyle vulgaris (Gemeiner Wassernabel)
[Quelle: Thomé 1885, 102/365]

Noch eine weitere kleinblütige, aber höher als der Wassernabel wachsende Pflanze schmückt die Schwingrasenfläche von Trautzke-3: Weidenröschen (Epilobium sp.) aus der Familie der Nachtkerzengewächse (Onagraceae). „Ihren Namen verdankt diese Familie den Arten, die, wie beispielsweise die Nachtkerze (Gattung Oenothera), ihre Blüten erst abends öffnen“ (Lüder 2018, 459).

Trautzke-3: Weidenröschen (Epilobium sp.), Juni 2021

Ob es sich um Kleinblütiges (Epilobium parviflorum) oder Sumpf-Weidenröschen (Epilobium palustre) handelt, muss ich erst noch genau erforschen … beide Arten kommen an Feuchtstellen vor, haben runde Stängel und schmal lanzettliche, schwach gezähnte Blätter, die „im unteren Teil des Stängels gegenständig, im oberen wechselständig“ (Kammer 2016, 199f.) angeordnet sind. Die Blütenblätter beider Weidenröschen sind rosa bis hellviolett, etwa 3-6/7 mm lang und eingeschnitten, die Früchte haben die Form von langen dünnen, nach oben stehenden Kapseln, worauf auch der botanische Name hinweist: epi, griech. = auf, aufrecht, lobium, lat. = kleine Hülse, Schote (vgl. Kammer 2016, 199f.).

Auch die Gräser blühen – beispielsweise tragen die Binsen (Juncus sp.), welche Trautzke-3 überziehen, frische Blütenstände, die echt putzig wirken.

Binsenbult mit Blüten (Juncus sp.), Juni 2021

Ein besonderes Faszinosum ist für mich, dass viele Spinnen wieder begonnen haben, ihre Gespinstsäcke an Halmen und deren alten Samenständen zu bauen – die dabei entstehenden Konstrukte sind überaus raffiniert und wunderschön. Über Spinnen erscheint demnächst eine eigene Blogpost-Serie …

Und die Doggies …?!?
Als alte Artenschutz-„Hasen“ wissen Speedy und Chekotee aus Erfahrung, was Sache ist, wenn ich meine botanischen Forschungen anstelle, nämlich sich ein feines Plätzchen suchen und chillen, noch dazu sind sie bei solch großer Hitze sowieso froh, wenn sie im kühlen Gras liegen können und nichts tun brauchen, außer dösen und evtl. mal ein wenig gucken und wittern;-)

Trautzke-3: Chekotee chilling – Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris), Juni 2021

Quellen:
Fagnière, Y. et al. (20202). Botanische Grundkenntnisse auf einen Blick. 40 mitteleuropäische Pflanzenfamilien. Bern. Haupt.
Der illustrierte BLV-Pflanzenführer für unterwegs (2015). München. BLV.
Kammer, P.M. (2016). Pflanzen einfach bestimmen. Schritt für Schritt einheimische Arten kennenlernen. Bern. Haupt.
Der Kosmos-Insektenführer (2018). Stuttgart. Franck-Kosmos.
Der Kosmos-Pflanzenführer (2020). Stuttgart. Franck-Kosmos.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.
Mahler, H. (1958). Pflanzen unserer Moore. Bremerhaven. Ditzen & Co.
Naturapotheke: Schwester Bernardines große Naturapotheke (1983). München. Mosaik.
Pott, E. (1985). Moor und Heide. Pflanzen und Tiere nach Farbfotos bestimmen. München. BLV.
Succow, M. & Jeschke, L. ( 19902). Moore in der Landschaft. Entstehung, Haushalt, Lebewelt, Verbreitung. Nutzung und Erhaltung der Moore. Leipzig. Urania.

Internetquellen:
BArtSchV: Bundesartenschutzverordnung (zuletzt aufgerufen am 19.06.2021)
Botanicus.de: http://www.botanicus.de > Informatives > Giftpflanzen > Alle Giftpflanzen > Fingerhut (zuletzt aufgerufen am 19.06.2021)
Rote Liste: Download über die Website des Bundesamts für Naturschutz (BfN) möglich (zuletzt aufgerufen am 19.06.2021)
Thomé, O. W. (1885). Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz:
– Calla palustris:
https:// commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Calla_palustri0.jpg (zuletzt aufgerufen am 18.06.2021)
– Comarum palustre (= Potentilla palustris):
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Comarum_palustre0.jpg (zuletzt aufgerufen am 18.06.2021)
– Digitalis purpurea: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Digitalis_purpurea0.jpg (zuletzt aufgerufen am 18.06.2021)
– Hydrocotyle vulgaris:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_Hydrocotyle_vulgaris0.jpg (zuletzt aufgerufen am 18.06.2021)

Trautzke-Seen und Moore – Teil 6: Trautzke-3

Dieses langgestreckte Feuchtgebiet trägt zwar keine offenen Wasserflächen mehr, dafür aber viele Merkmale eines (ehemaligen) Moors, also noch einen relativ großen Artenreichtum.

Trautzke-3
[Quelle: Maps.me]

Trautzke-3 ist eingebettet in eine längs verlaufende Senke, welche sich in drei Abschnitte teilt: der südliche Teil ist schon stark trocken gefallen, dort breitet sich über den Gräserhorsten vorwiegend Himbeergestrüpp aus, der nördliche Teil ist das eigentliche „Restmoor“ mit Schwingrasendecke und vielfältiger Flora.

Trautzke-3: Südteil, April 2021
Trautzke-3: Nordteil, April 2021

Und der dritte Teil?
Im Foto vom Nordteil erkennt Ihr eine Art kiefernbewachsenen „Wall“ – dieser „Hügelkamm“ trennt den dritten Teil von den beiden ineinander übergehenden Hauptteilen ab. Der separate dritte Bereich ist ebenso wie der Südteil ziemlich trocken gefallen und mit Blaubeer- und Himbeergestrüpp zugewachsen. Ihr könnt Euch dessen Lage dort vorstellen, wo in der Karte oben mein blauer Pfeil positioniert ist.
An der Ostseite führt ein Waldweg an Trautzke-3 vorbei, über den wir direkt zu Trautzke-4 kommen. Das Landschaftsbild entlang dieses Weges lässt vermuten, dass einst wohl die gesamte N-S-Strecke zwischen Trautzke-2 und Trautzke-4 Moorgebiet gewesen ist (auf der Maps.me-Karte müssten wir Trautzke-3 also nach oben und unten verlängern).
Das macht auch Sinn, denn im Vergleich mit der historischen Karte vom Kleinen und Großen Drauzen aus dem Neuzeller Atlas lässt sich ausmalen, dass der dritte, nördlichste Abschnitt von Trautzke-3 das südlichste Zipfelchen des Kleinen Drauzen sein könnte. Die in der Maps.me-Karte verzeichnete Wasserfläche für (wie von mir genannt) Trautzke-3 ist wohl gleichzusetzen mit dem schmalen länglichen Gewässer zwischen dem Kleinen und Großen Drauzen auf der Karte des Neuzeller Atlas. Dabei ist zu bedenken, dass der Große Drauzen früher eben noch seine tatsächliche Größe hatte.

Kleiner und Großer Drauzen im 18. Jahrhundert
[Quelle: Neuzeller Atlas]

Ein kleiner Ausflug in die Botanik

Der nördliche Schwingrasenteil von Trautzke-3 ist zwar bei Weitem kein intaktes Moor mehr, aber hier hat sich noch am ehesten moortypische (bzw. zumindest feuchtigkeitsliebende) Vegetation erhalten.

Carex – Gattung Segge

Trautzke-3: Seggenbult, Mai 2021

Seggen zählen zur Familie der Sauergräser (Cyperaceae), andere Gattungen der Sauergras-Familie, ebenfalls in Feuchtgebieten vorkommend, sind bspw. Simse (Scirpus) und Wollgras (Eriophorum).

Bei uns in Mitteleuropa gibt es über 100 Seggen-Arten, was die Gattung Carex zur größten innerhalb der Sauergräser macht (vgl. Lüder 2018, 169). Und das erleichtert die Bestimmung keinesfalls …
Hier tippe ich anhand der Blüten jedoch auf Carex cespitosa, Rasen-Segge, eine typische Moor-Segge (meine Blütenfotos stammen aus Trautzke-3, Mai 2021).


Mehr zu den Seggen erfahrt Ihr in meinem Blogpost Moorbotanik: Oj wej, eine Carex!

Juncus – Gattung Binse

Trautzke-3: Binsenbult, Mai 2021

Binsen sind die namensgebende Gattung in der Familie der Binsengewächse (Juncaceae) – eine andere Gattung ist die Hainsimse (Luzula). In Mitteleuropa gedeihen etwas 20 Binsen-Arten, hauptsächlich auf Feuchtwiesen, in Sümpfen und Mooren (vgl. Lüder 2018, 183).

In den Trautzke-Seen und Mooren finden wir die Flatter-Binse (Juncus effusus), eine der am häufigsten vorkommenden Binsen-Arten, wie auch die lateinische Bezeichnung „effusus“ (d.h. weit ausgedehnt, zerstreut, verschwenderisch, maßlos) suggeriert.

Juncus effusus (Flatter-Binse), November 2020

Mehr über Binsen und „Binsenweisheiten“ gibt´s in meinem Blogpost Moorbotanik: In die Binsen gegangen!

Gras – noch unbestimmt

Symphytum officinale – Gewöhnl. Beinwell

Eine uralte Heilpflanze, die im Sommer wunderschöne blauviolette Blüten hervorbringt. Gesammelt und (meist zu einer Salbe) verarbeitet wird vor allem im Herbst die Wurzel – anwendbar bei Prellungen, Stauchungen, Brüchen und schlecht heilenden Wunden. Aber auch zerstoßene Blätter sind als Gelenkspackungen hilfreich.
Das griechische Wort „symphyein“ bedeutet übrigens „zusammenwachsen lassen“ – wie so häufig prägt die Wirkung der Pflanze ihren Namen.
Symphytum officinale (Gewöhnlicher Beinwell) gehört zu den Raublattgewächsen (Boraginaceae) und wächst bevorzugt auf feuchten Standorten.

Stellaria media – Vogel-sternmiere

Trautzke-3: Stellaria media (Vogelmiere), Mai 2021

Am Rand des nördlichen Moorteils breitet sich Vogelmiere aus – die schmackhaften und vitaminreichen winzigen Frühlingspflänzchen halten durch ihren flächigen (und höchst üppigen) Wuchs den Boden feucht.

PotentillA palustris – Sumpf-Blutauge

Trautzke-3 ist übersät mit diesen außergewöhnlichen Schönheiten – schon von Anfang an vermutete ich, es handle sich um eine Potentilla-Art, aber ich war mir nicht sicher, welches Fingerkraut. Jedenfalls strahlen sie für mich einen ganz besonderen Zauber aus:-)
Erst als ich wenige Tage später erneut Trautzke-3 besuchte und den Zuwachs auf 5 und 7 Fiederblätter bemerkte, wusste ich es: das wird ein Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris)! Die Bezeichnung palustris kommt aus dem Lateinischen: palus = Sumpf, Pfuhl; paluster/palustris = sumpfig.
„Der wissenschaftliche Name Potentilla leitet sich von der Heilkraft einiger Arten ab (‚potentia‘ = ‚Kraft‘). So ist beispielsweise das Aufrechte Fingerkraut (Potentilla erecta) seit alters her vor allem wegen der magenschonenden Gerbstoffe ein geschätztes Heilkraut. Es wird auch Tormentill oder Blutwurz genannt“ (Lüder 2018, 361).
Zur Blütezeit im Juni/Juli werde ich Euch dann noch viel mehr über das magische Sumpf-Blutauge erzählen und auch über andere Potentilla-Arten, denn die Fingerkräuter gehören zu meinen Lieblingen:-)

Pflanzen – noch unbestimmt

Überall verteilt im Nordteil von Trautzke-3 wachsen einige Pflänzchen, die ich noch nicht bestimmen konnte – bin schon sehr gespannt, was da mal draus wird …

Moose

Neben den Gräsern gibt es noch eine ziemlich verzwickte Gruppe in der Botanik: die Moose! Aus dem Moormonitoring kenne ich natürlich bereits einige Torfmoose (Sphagnum sp.), aber grundsätzlich ist dieses Gebiet absolutes Neuland für mich. Außerdem stellte ich fest, dass ich bei Moosen mit meinen Lupen nicht sehr weit komme, also warte ich auf das Mikroskop, welches mir der BUND Brandenburg liebenswürdigerweise als Dauerleihgabe zur Verfügung stellt:-)

In Trautzke-3 entdeckte ich wunderschöne Moose auf dem Wurzelteller eines umgestürzten Baumes, so zart und zerbrechlich wirkend, dabei unglaublich beständig: Frauenhaarmoos – entweder Goldenes Frauenhaarmoos (Polytrichum commune) oder Schönes bzw. Wald-Frauenhaarmoos (Polytrichum formosum).

Trautzke-3: Frauenhaarmoos, Mai 2021

Es werden noch viele Pflanzen folgen, gerade jetzt im Frühling ist es jedes Jahr wieder ein Wunder, wenn überall das frische, hell leuchtende Grün aufkommt und sich stetig ausbreitet:-)

Trautzke-3: Nordteil mit Frühlingsgrün, Mai 2021

Quellen:
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.
Stiftung Stift Neuzelle, Hg. (2018). Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. Berlin. Verlag für Berlin-Brandenburg.

Moorbotanik: In die Binsen gegangen!

Wenn etwas „in die Binsen geht“, dann ist es missglückt bzw. verloren gegangen. Diese Redewendung kommt vermutlich aus der Jägersprache: Wenn Enten die Gefahr durch die Jäger wahrnehmen, so fliehen sie in die dichte Ufervegetation, in Schilf- oder Binsenbestände. Dort sind sie vor den Blicken der Jäger verborgen, also nicht mehr jagdbar: gut für die Enten, aber schlecht für die Jäger! Ist aus Sicht der Jäger ein Jagdversuch missglückt, so ist er in die Binsen gegangen (vgl. Kremer & Oftring 2013, 193).

Flatter-Binse (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Binsen sind die namensgebende Gattung in der Familie der Binsengewächse (Juncaceae). „In Mitteleuropa gedeihen etwas 20 Arten. Sie sind vor allem in Uferzonen, auf Feuchtwiesen, in Mooren und Sumpfgebieten zu finden. Sie sind als Futterpflanze wertlos, und das Vieh meidet die harten Stängel. Einige Binsen sind als Zierpflanzen für Gartenteiche und Sumpfbeete beliebt. Früher wurden sie vor allem als Flechtmaterial für Matten, Körbe und Fischreusen verwendet. Allerdings ist der Namensursprung von lat. ‚jungere‘ = ‚binden‘ umstritten“ (Lüder 2018, 183).

Ein typisches Merkmal von Binsen ist, dass sie knotenlose Stängel haben – daher kommt auch der Ausspruch „Binsenwahrheit“ bzw. „Binsenweisheit“, welcher sich auf die alten Römer zurückführen lässt: „Vermutlich im Anschluß an l. quaerere in scirpo nodum ‚in der Binse einen Knoten suchen‘ = ’sich unnötige Mühe machen‘ (weil die Binse keine Knoten hat); also etwa ‚eine Weisheit, die man nicht suchen muß, die offen zutage liegt'“ (Kluge 198922, 86).

Flatter-Binse (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Der Blütenstand von Flatter-Binsen ist in Form einer Spirre und seitenständig (d.h. seitlich vom Stängel abstehend), was besonders im Herbst markant ins Auge fällt:

Juncus effusus (Flatter-Binse), November 2020

Ein weiteres Merkmal der Flatter-Binse ist der elliptisch-runde, dunkelgrün glänzende Stängel (wie gesagt: ohne Knoten), welcher im Inneren mit einem durchgehenden weißen, schwammigen Gewebe gefüllt ist, dem Aerenchym. Das ist ein typisch für den sumpfigen Standort ausgebildetes Durchlüftungsgewebe. „Früher wurde dieses Mark wegen der trockenen Konsistenz mit seiner Sogwirkung als Lampendocht verwendet. Es lässt sich leicht mit dem Fingernagel aus dem Stängel schieben“ (Lüder 2018, 184).

Stängel der Flatter-Binse im Querschnitt, April 2021
Aerenchym (Durchlüftungsgewebe) aus dem Stängel der Flatter-Binse herausgeschält, April 2021

Das durchgehende Mark im Stängel ist ein charakteristisches Kennzeichen für die Flatter-Binse (Juncus effusus), denn andere Arten, z.B. die Blaugrüne Binse (Juncus inflexus), haben etagenweise Markschichten in ihren runden Hohlstängeln. „Durch die großen Zwischenräume (sog. Interzellularen oder Lakunen) dieses schwammartigen Gewebes wird ein optimaler Gasaustausch und eine ausreichende Versorgung mit Sauerstoff ermöglicht. […] Die luftgefüllten Räume und das Durchlüftungsgewebe dienen zusätzlich der Schwimmfähigkeit. Werden Pflanzen im Uferbereich durch Tiere oder Hochwasser von ihrem Standort gerissen, können sie lange auf der Oberfläche treiben, ohne abzusinken, und an einem anderen Ort Fuß fassen“ (Lüder 2018, 184).

Aerenchym: links Flatter-Binse (Juncus effusus), rechts Blaugrüne Binse (Juncus inflexus)
[Quelle: Lüder 2018, 183]
Flatter-Binse mit Spirre (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Quellen:
Kluge, F. (198922). Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin. Walter de Gruyter.
Kremer, B.P. & Oftring, B. (2013). Im Moor und auf der Heide. Natur erleben – beobachten – verstehen. Bern. Haupt.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.

Moorbotanik: Oj wej, eine Carex!

Tja, eigentlich könnte ich aufschreien: „Oj wej, ein Gras!“ Mit den Gräsern beschäftige ich mich nämlich erst seit Kurzem – wer ernsthaft Moormonitoring betreiben will, muss sich eben mit Gräsern auseinandersetzen;-) Und das ist ein weites Feld …

Seggenbult (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-4), Mai 2021

CAREX sp. [sp. = species; wenn man eine Grasart nicht genau bestimmen kann, fügt man dem Gattungsnamen „sp.“ an und meint damit, dass diese Art zur Gattung Carex (Segge) gehört – wenigstens eine erste Kategorisierung]: Seggen zählen zur Familie der Sauergräser (Cyperaceae), andere Gattungen der Sauergras-Familie, ebenfalls in Feuchtgebieten vorkommend, sind bspw. Simse (Scirpus) und Wollgras (Eriophorum).

„Mit über 100 Arten ist diese Gattung die weitaus größte innerhalb der Sauergräser. Ihr Name geht auf das alteuropäische Wort ’sek‘ für ’schneiden‘ zurück und bezieht sich auf die schneidend scharfen Blattränder. Dies findet sich auch im wissenschaftlichen Gattungsnamen Carex wieder. ‚Secare‘ bedeutet lateinisch ’schneiden‘, und ‚carrere‘ steht für ‚kratzen‘, so wurden diese Gräser ‚kratzendes Gestrüpp‘ genannt. Umgangssprachlich werden Seggen auch Riedgräser genannt und die Riedgrasbestände Sauerwiesen. Dies bedeutet so viel wie ‚wertloses Grünland‘ und ist auf den geringen Futterwert der Seggen zurückzuführen. Allerdings wurde das Heu der Seggenriede als Einstreu für Tiere genutzt. Die Feuchtwiesen sind entstanden, als der Mensch begann, die Feuchtwälder entlang der Bäche und Seen in Grünland zu verwandeln. Die meisten Arten gedeihen auf feuchten Standorten“ (Lüder 2018, 169).

Bei den Seggen, die ich in den Trautzke-Seen und Mooren gefunden habe, tippe ich anhand der Blüten auf Carex cespitosa, Rasen-Segge, eine typische Moor-Segge:

„Die Rasen-Segge (Carex cespitosa) bildet auf Sumpfwiesen dichte Horste. Hier sind die oberen männlichen Ährchen mit den heranreifenden Staubbeuteln zu sehen. Darunter befinden sich die weiblichen Ährchen“ (Lüder 20157, 237).

Rasen-Segge
[Quelle: Lüder 20157, 237]
Seggenbult (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Quellen:
Lüder, R. (20157). Grundkurs Pflanzenbestimmung. Wiebelsheim. Quelle & Meyer.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.