Neue Pflegehunde?!

Mehr über die beiden Schäferhunde Kyrill und Suri, die im Tierheim am See in Eisenhüttenstadt vergeblich auf ein Zuhause warteten – bis sie einen Pflegeplatz bei mir im Verein Schlaubetal-Caniden e.V. erhielten …

Info zu Kyrill

Kyrill ist ein 8-jähriger Schäferhund, dem bereits als Welpe die Rute kupiert wurde – eine grauenhafte Unsitte, die glücklicherweise in Deutschland nach § 6 Abs. 1 Satz 1 des Tierschutzgesetzes seit 1998 verboten ist (das Kupieren der Ohren wurde übrigens bereits 1986 untersagt).

Kyrill beim Wasserschlabbern: wegen der kupierten Rute entsteht tatsächlich ein unproportionaler Eindruck, aber da er es nicht anders kennt, wedelt Kyrill auch mit seinem Ruten-Stummel, wenn ihm danach ist;-)

Unter dem operativen Eingriff „Kupieren“ versteht man die Kürzung der Ohrmuscheln bzw. der Rute eines Hundes. Solche Verstümmelungen waren früher bei bestimmten Rassen (z.B. Dobermann, Boxer, Doggen, Schnauzer, Pinscher) sogar durch Rassestandards gefordert. Ein „Schönheitsideal“ mit fatalen Folgen für die Tiere. Nicht nur ist der Eingriff ziemlich schmerzhaft und kann möglicherweise zu chronischen Gesundheitseinschränkungen führen, sondern die Hunde werden eines wesentlichen Ausdrucksmittels beraubt, was Kommunikationsprobleme mit Artgenossen und auch Verhaltensstörungen zur Folge haben kann.
Ausnahmen vom Kupierverbot sind einzig und allein aus medizinischer Indikation zulässig (z.B. schwerste Verletzungen oder auch Tumore an den betroffenen Körperteilen). Und bei jagdlich eingesetzten Hunden darf zumindest die Rute kupiert werden – wen wundert´s?! Bei der Jagd finden sich generell diverse Absurditäten …
Vielleicht war Kyrill ja mal ein solcher Jagdhund – jedenfalls ist er der fixen Meinung, dass Katzen Jagdbeute sind. Da steht uns noch einiges an Arbeit bevor! Zu solch einer Harmonie mit Katzen wie bei Chekotee wird´s bei Kyrill wohl nie kommen.

Chekotee und Fralie – die große Liebe!

Kyrill ist leider ein Hospizfall: chronische Bauchspeicheldrüsen-Insuffizienz. Deshalb ist der Arme auch so abgemagert und hat ganz stumpfes, struppiges Fell. Er braucht sein spezielles Diätfutter (+ Enzymmischung) auf fünf kleine Mahlzeiten täglich verteilt, dazu noch Medikamente und alle paar Wochen eine Injektion mit Vitamin B-12 (eklatanter B-12-Mangel ist typisch bei Pankreasinsuffizienz) – regelmäßig muss er auch zur Blutabnahme.

Kyrill liegt und schläft – seine schlechte körperliche Verfassung springt ins Auge!

Zu allem Übel besteht bei Kyrill Verdacht auf Lymphom – bestätigt sich dieser, ist das natürlich niederschmetternd. Doch umso mehr braucht er ein Zuhause, wo auf seine Bedürfnisse geachtet wird und wo er Ruhe und Geborgenheit findet, denn die Sonderbetreuung von schwer kranken Hunden kann auch das beste Tierheimpersonal aus Zeitmangel nicht bewerkstelligen. Noch dazu sind kranke und alte Hunde durch die Unterbringung im Tierheim – mit seinem ständigen Lärm, dem Kommen&Gehen von Besucher*innen und den wechselnden Pfleger*innen etc. – extrem gestresst, was sich überaus negativ auf ihre Krankheit und seelische Verfassung auswirkt.

Info zu Suri

Suri ist, wie Kyrill, gleichfalls 8 Jahre alt. Sie leidet an Hüftgelenksarthrose in fortgeschrittenem Stadium, weshalb es beim Gehen und Laufen immer wieder zum Nachschleifen der Hinterbeine kommt (insbes. das linke Hinterbein ist bereits deutlich von Lahmheit betroffen).

Suri liegt beim Tor des großen Auslaufes, den sie mit Kyrill bewohnt. Die Hitze setzt ihr zu und sie braucht etwas Erholung, aber wirklich entspannt ist sie nicht: mit den Augen beobachtet sie alles, was sich vor ihr abspielt, gleichzeitig checken die Ohren alles, was seitlich und hinter ihr passiert. Sie ist allzeit bereit, nach dem Rechten zu sehen …

Suri braucht dringend Physiotherapie und auch spezifisches, individuell auf sie abgestimmtes Bewegungstraining, wie ich es bspw. als Handicap-Dogging in meinem Verein Schlaubetal-Caniden e.V. anbiete. Es handelt sich dabei um ein Fit&Fun-Programm, welches ich bereits in Österreich für meinen damaligen Verein Helping Dogs entwickelt hatte und sowohl Menschen als auch Hunden mit Handicaps erlaubt, Hundesport zu betreiben. Hier wird Mobilitätstraining (mit und ohne Geräte) in Slow Motion ausgeführt, d.h. langsam und konzentriert, ohne Leistungs- und Zeitdruck. Durch diese behutsame Gymnastizierung verbessern sich Körperwahrnehmung, Stabilisation, Gangbild, Koordination und Kraft – letztlich fördert Handicap-Dogging eben nicht nur die körperliche Beweglichkeit, sondern gleichwohl kognitive Leistungsfähigkeit und psychisches Wohlbefinden.

Im Tierheim hat Suri die „Aufpasser“-Rolle übernommen – irgendwer muss es ja tun, denn in einem Tierheim ist immer was los … das runde Porträtfoto ganz oben zeigt die hübsche Hundedame zwar in Liegeposition, jedoch von Entspannung kann keine Rede sein: wie in der Fotobeschreibung dargestellt, ist sie stets auf der Hut, ob es irgendwo irgendetwas für sie zu „(be)arbeiten“ gibt …
Und auch Kyrill kommt kaum zur Ruhe: wenn er nicht grad am Zaun steht und kuckt, rennt er alarmiert mal da- und mal dorthin oder er läuft völlig entnervt Runde um Runde im Kreis … selbst bei gut geführten Tierheimen (wie im Tierheim am See) ist der allgegenwärtige Stress für die Tiere unfassbar hoch!

Stress ist im Tierheim allgegenwärtig: Obwohl zurzeit grad Hitzewelle herrscht und jeder (egal ob Mensch oder Tier) den Tag am liebsten im kühlen Wasserbad „verschlafen“ möchte, ist bei Suri und Kyrill an Ruhe und Entspannung nicht zu denken. Es passiert immer wieder irgendetwas, sodass die Hunde quasi permanent in Alarmbereitschaft sind, um jederzeit alles „checken“ zu können. Das ist sicherlich nicht gesund – der erhöhte Stresslevel steigert die allgemeine Erregung und Nervosität der Hunde: Suri wurde in die „Aufpasser-Rolle“ katapultiert und der abgemagerte Kyrill zeigt mit seinem Im-Kreis-Laufen bereits stereotypes Verhalten.

Neue Pflegehunde?!

Mehrhundehaltung ist wohl die artgerechteste Lebensform für Haushunde. Doch es reicht nicht, willkürlich Hunde zusammenzubringen und darauf zu hoffen, sie würden sich schon irgendwie arrangieren. Die Integration eines neuen Hundes in eine bereits bestehende vierbeinige Lebensgemeinschaft erfordert Einfühlungsvermögen, Erfahrung und fundierte kynologische Kenntnisse, allem voran das „Lesen“ der Hunde. Nur dann ist eine realistische Abschätzung über Sinn bzw. Unsinn der Aufnahme von neuen Hunden möglich.

Besuch im Tierheim am See, 29. Juli 2020

„Liebe auf den ersten Blick“ sieht zwar anders aus, doch darum geht es auch gar nicht beim Kennenlernen … noch dazu war bei der Konstellation „intakter Rüde [Kyrill] vs. kastrierter Rüde, der intakte Rüden nicht leiden kann [Chekotee]“ vorerst nicht einmal gegenseitige Akzeptanz zu erwarten. Also mussten die beiden (zumindest anfangs) Maulkörbe tragen – Sicherheit geht eben vor.

Der 8-jährige – aus früherem ModeUNsinn kupierte – Kyrill, wegen chronischer Bauchspeicheldrüsenerkrankung ziemlich abgemagert, trug seinen Maulkorb eher gelassen als notwendiges Übel.

Chekotee hingegen, mein 5-jähriger „Draufgänger mit Angsthintergrund“, fühlte sich durch die laute Tierheim-Situation – noch dazu in Kombination mit dem (an sich bekannten) Maulkorb – so eingeschüchtert, dass er nur weg wollte.

Wenn Chekotee stark überfordert und geängstigt ist, sucht er stets bei mir Sicherheit und Schutz, denn er weiß, er kann sich darauf verlassen, dass ich ihm beistehe und ihm Unangenehmes „vom Leib halte“ – so wie ich Kyrill hier durch ein Handzeichen auf Abstand hielt.

Kyrill akzeptierte mein Signal, wich Chekotee aus und kam ihm in dieser Situation nicht mehr zu nahe. Für mich war das ein wesentlicher Hinweis darauf, dass Kyrill kommunizieren KANN und WILL – gute Voraussetzungen für eine Integration!

Erstes Kennenlernen zwischen Kyrill & Chekotee im Tierheim-Areal – und mit Maulkorb;-(
Video: Ute Schwetschke

Wie am Schluss des Videos zu sehen ist, blieb Suri (Kyrill´s Schäferhund-Freundin) völlig unbeeindruckt von unseren Interaktionen liegen, ihre Aufmerksamkeit war vielmehr nach hinten zu den Hunden im Nachbargehege gerichtet …

Die achtjährige Suri leidet an schwerer Hüftgelenksarthrose und an der Hitzewelle, welche zurzeit herrscht. Nur beim Zerrspiel erwachen ihre Lebensgeister: hier im Tierheim mangels eines passenden Spielzeugs bloß ein Stock.
Im Video ist außerdem zu erkennen, dass ihre Zähne nahezu komplett abgeschabt sind – ein Phänomen, welches wir im Tierschutz häufig bei Kettenhunden erleben. Suri kaut grundsätzlich auf allem gern herum, auch auf Steinen; daher werden wohl oder übel ihre abgeschliffenen Zähne stammen.

Trotz hochsommerlicher Hitze ist Suri für ein Zerrspiel immer zu haben!
Video: Mirjam Silber
Hört Suri auf ihren Namen?
Video: Mirjam Silber

Beim Zerrspiel mit Suri im Tierheim testete ich wiederholt, ob sie auf ihren Namen hört: In Spielpausen rief ich freundlich und einladend „Suri“ – jedesmal reagierte sie prompt und kam sofort zu mir. Ein gutes Zeichen für die Integration in einen Mehrhundehaushalt!

Neue Pflegehunde?

Suri und Kyrill aus dem Tierheim am See warten auf einen Dauerpflegeplatz …

Alles begann mit einem VIDEO

… von dem ich so berührt und begeistert war, dass ich folgenden Kommentar dazu schrieb:

Hallo, vielleicht kann ich helfen, ich möchte als Pflegehunde eben solche „ungewollten“ Hundesenioren aufnehmen, ihnen einen schönen Lebensabend schenken, sie rehabilitativ (Mobility, TellingtonTouch) und wenn´s dann soweit ist ebenso palliativ betreuen.

Voraussetzung ist natürlich, dass sich Suri und Kyrill mit den bereits bei Schlaubetal-Caniden e.V. lebenden beiden Hunden Speedy und Chekotee vertragen. Dafür wird zurzeit behutsames Kennenlernen durchgeführt – diese Blog-Serie „Neue Pflegehunde“ berichtet über unsere Fortschritte …


Der nächste Beitrag Neue Pflegehunde 2 beschreibt das allererste „Date“ zwischen Speedy & Chekotee und Suri & Kyrill.

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Mirjam Silber

über Likes, Kommentare und Follower freue ich mich natürlich!

Hundehospiz bei Schlaubetal-Caniden e.V.

Alte und kranke Hunde aus dem Tierschutz finden bei Schlaubetal-Caniden e.V. rehabilitative und palliative Pflegestellen.

Mein Herz schlägt ganz besonders für alte Hunde. Natürlich für alle Tiere, aber mit den Senioren fühle ich mich eben in besonderer Weise verbunden. Vielleicht weil ich durch meine Körperbehinderung am eigenen Leib spüre, was es heißt, beeinträchtigt zu sein … schließlich es ist nun mal der Lauf des Lebens, dass Altern mehr oder weniger Einschränkungen mit sich bringt – auch bei Tieren.
Andererseits kommt mit dem Alter aber gleichwohl Ruhe, Zufriedenheit, Weisheit und innere Bereicherung – bei einer mehr, beim anderen halt weniger;-)

Für mich ist es ein sehr kostbares Geschenk, einen Hund bis ins hohe Alter begleiten zu dürfen, dabei entsteht eine unbeschreiblich innige Verbundenheit, auch wenn einem der Abschied jedesmal das Herz zerreißt. Aber wenn man ein so großes Herz hat wie ich, dann ist darin viel Platz für viele „graue Schnauzen“:-)

Selbstverständlich betreue ich weiterhin Angst- und Deprivationshunde, jedoch soll mein kleines Hundeheim hier im Verein Schlaubetal-Caniden e.V. in erster Linie ein Hundeseniorenheim sein – noch dazu gelten im Tierschutz alte Hund in der Regel als kaum bis gar nicht vermittelbar, leiden aber meistens umso mehr unter den stressigen Bedingungen, die ein Tierheim im Allgemeinen mit sich bringt.

Mein Verein steht in Austausch und Kooperation mit dem Tierheim am See in Eisenhüttenstadt – dort warten momentan zwei Hundesenioren darauf, in ihre Pflegestelle bei Schlaubetal-Caniden e.V. zu ziehen …

Schlaubetal-Caniden e.V.

Der gemeinnützige Verein Schlaubetal-Caniden e.V. wurde im März 2020 im amtlichen Vereinsregister eingetragen – und dann kam Corona …

Unser Verein wurde gegründet, im Vereinsregister eingetragen, die Gemeinnützigkeit bestätigt, wir gestalteten bereits eine Vereins-Website, eine Facebook-Seite, ein Logo und haben sogar schon Visitkarten … bloß weiß faktisch noch kaum jemand, dass es uns überhaupt gibt. Seit März wurden nämlich sämtliche Veranstaltungen, für die wir gebucht waren, abgesagt – nu, keiner braucht mehr dreimal zu raten, denn wir wissen eh alle, warum: tja, wegen Corona!

Frühjahr und Sommer war also nix, rein gar nix mit „Öffentlichkeitsarbeit zur Bekanntmachung des neuen Vereins“: keine Info-Veranstaltungen, keine Vorträge, kein Hundetraining, kein Mensch-Hund-Coaching, keine Exkursionen etc. etc. etc. – daher auch keine Einnahmen und keine neuen Mitglieder …

Dafür aber ein exquisites Logo:

Unser Logo – künstlerisch umgesetzt von Ute Schwetschke

Wir lassen uns nicht entmutigen und starten mit unserem Vereins-Opening in Phase 2.0: nicht nur mithilfe der virtuellen sozialen, sondern ebenso mithilfe der reellen regionalen Medien wollen wir uns vorstellen.
Bis dahin können wir die langen Herbst- und Winterabende für die Vorbereitung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nutzen: Vereins-Website vervollständigen, im Blog und in den Social Media-Portalen regelmäßig aktiv sein, Flyer und Folder im Stile der Visitkarten entwerfen und dann jede Menge drucken lassen u.v.m.
Auftaktveranstaltung wird ein „Qigong im Wald“-Event im Frühling 2021 sein, wo wir durch „Waldbaden“ mit Meditation und Qigong die Natur mit allen Sinnen erspüren. Was wir kennen und lieben (gelernt haben), das schützen wir auch, meinte schon Konrad Lorenz. Insofern soll unser meditatives Naturerleben Weckruf und Sensibilisierung für nachhaltigen Natur- und Artenschutz sein.

Elemente aus Qigong sowie anderen Körper- und Atemtherapien begleiten auch die ebenfalls im Frühjahr 2021 startenden Workshops „Mensch-Hund-Team in Balance“, wo wir uns dem Mensch-Hund-Training ganzheitlich nähern.

Selbstverständlich biete ich weiterhin multimediale Vorträge über Wölfe an, zudem Vorträge und Seminare über verschiedene Hundethemen, darunter auch Assistenzhunde. Bei Exkursionen zu Mooren befassen wir uns wiederum mit der Thematik Natur- und Artenschutz.

Der Vorstand von Schlaubetal-Caniden e.V. freut sich über rege Teilnahme in bester Gesundheit!
Mirjam Silber, Vorsitzende / Ute Schwetschke, Schatzmeisterin

NACHTRAG

Anfang 2021 wurde der Verein Schlaubetal-Caniden e.V. aufgelöst. Corona und ASP (Afrikanische Schweinpest) waren einfach zu viel für einen so jungen kleinen Regionalverein.

Doch dafür bin ich nunmehr als Sprecherin des Landesarbeitskreises „Wolf und Herdenschutz“ beim BUND Brandenburg ehrenamtlich tätig und kann somit à la longue viel mehr bewirken als mit einem winzigen Lokalverein. Und da die Führung eines Vereins in Deutschland sowieso einen enormen Bürokratieaufwand mit sich bringt, trauere ich „meinem“ Verein gar nicht nach.