Schlaubetal-Wanderweg zwischen Kieselwitzer und Bremsdorfer Mühle

Ausgangspunkt: Kieselwitzer Mühle, vorbei an den Sümpfen der Schlaube Richtung Bremsdorfer Mühle – so viele faszinierende Entdeckungen …

Schlaubetal-Wanderweg zwischen Kieselwitzer Mühle und Bremsdorfer Mühle
[Quelle: Open Street Map]

Ausgangspunkt: Kieselwitzer Mühle – geplant war eine Wandertour bis zur Bremsdorfer Mühle und wieder zurück, doch gerade an diesem Samstag hatte auch andere Menschen die Wanderlust gepackt, sodass wir, d.h. Chekotee und Speedy, viele Begegnungen meistern mussten. Zu viele! Vor allem Chekotee, der bei fremden Menschen immer noch sehr verängstigt ist (ein Handicap, das ihn sein Leben lang begleiten wird) war auf halber Strecke schon so mit den Nerven fertig, dass ich beschloss, lieber umzukehren. Normalerweise treffen wir monatelang keine Menschenseele auf unseren Waldtouren, jedoch an diesem Tag war erstaunlich viel los.

Unser „halber“ Schlaubetal-Wanderweg von der Kieselwitzer Mühle Richtung Bremsdorfer Mühle
[Quelle: Open Street Map]

Schlaubetal-Wanderweg:
Kennzeichnung = blaues S auf weißem Grund

Nichtsdestotrotz machten wir tolle Entdeckungen und auch die Doggies hatten ihren Spaß – jedenfalls solange niemand sonst in der Nähe war. Höhepunkt für die Hunde war mit Sicherheit ein umgestürzter Baum, der quer über eine Senke gefallen war, also eine Brücke in die Wildnis bildete! Bei solcherart wagemutiger Akrobatik hat Chekotee niemals Angst, da ist er ganz in seinem Element:-)

Chekotee balanciert und lacht, Mai 2021

Natürlich lässt sich auch Speedy diesen Spaß nicht nehmen und so spazieren die beiden Hunde auf dem dicken Baumstamm über einem immerhin ca. 6 Meter tiefen „Abgrund“ hin und her als wäre gar nichts dabei! Aber nur bis zur „natürlichen Grenze“, keineswegs ins Buschwerk hinein – Speedy und Chekotee sind ja brave Naturschutzhunde:-)

Das Schlaubetal hat eine ganz besondere Atmosphäre und die vielen Sumpfgebiete entlang der Schlaube verwandeln das Gebiet in einem „Zauberwald“:-)

„Zauberwald“ im Schlaubetal, Mai 2021

All die Feuchtstellen waren übersät mit weiß-leuchtendem Schaumkraut: Bitteres Schaumkraut (Cardamine amara). „Die Pflanzen bilden Ausläufer und treten so oft truppweise auf. […] Die Blätter sind essbar und liefern bereits früh im Jahr Vitamin C, allerdings schmecken sie – wie der Name verrät – bitter“ (Kosmos 2020, 116).

Schlaubetal: Üppig wächst Bitteres Schaumkraut (Cardamine amara) im Sumpfgebiet, Mai 2021

„Den Namen Schaumkraut verdankt diese Gattung den Schaumzikaden (meist), deren Larven geschützt vor Austrocknung und Fressfeinden in selbst erzeugten Schaumnestern an den Stängeln der Pflanzen leben“ (Lüder 2018, 489). Das Bittere Schaumkraut (Cardamine amara) ist u.U. mit der Brunnenkresse zu verwechseln, doch trägt diese gelbe Staubbeutel, während die Staubbeutel des Bitteren Schaumkrauts violett sind.

Das Bittere Schaumkraut (Cardamine amara) „wächst in unmittelbarer Nähe von Wasser, manchmal steht es sogar mit den Füßen im Wasser“ (Fragnière et al. 20202, 205).

Cardamine amara (Bitteres Schaumkraut) im Nassen, Mai 2021

Zwischen den Schaumkraut-Pflanzen ranken sich die typischen Quirl-Stängel des Kletten-Labkrauts (Galium aparine) empor, welches jedoch zurzeit noch nicht blüht. Mit seinen Borstenhaaren (die auf dem zweiten Foto zu erkennen sind) klimmt es an anderen Pflanzen bzw. auch an Zäunen u.Ä. hoch.

Galium aparine (Kletten-Labkraut), Mai 2021
Galium aparine (Kletten-Labkraut) mit Borstenhaaren, Mai 2021

Die weiß-grüne Pracht der Schaumkraut-Sümpfe erhielt immer wieder leuchtend gelbe Tupfen durch die Blüten des Hahnenfußes. Leider konnte ich nicht exakt bestimmen, um welche Art es sich bei diesen Ranunculaceae (Hahnenfußgewächsen) handelt – ich bin nicht dicht genug heran gekommen, um die Grundblätter anzuschauen, denn da wäre ich im Morast versunken, bis zum Knöchel oder gar noch tiefer!

Sumpf mit Hahnenfuß, Mai 2021
„Sumpfwildnis“ mit Schaumkraut und Hahnenfuß, Mai 2021

Im morastigen Sumpfgebiet fand ich außerdem: Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), Goldnessel (Lamium galeobdolon), Wald-Sauerklee (Oxalis acetosella – nur noch Blätter, denn die Zeit der weißen Waldsauerklee-Blüten ist bereits vorbei) und Gras-Sternmiere (Stellaria graminea – winzig kleine weiße Blütchen, darum der Größenvergleich mit meinem Wanderschuh).

Mitten im Morast machte ich eine faszinierende Entdeckung: Kissen vom Wechselblättrigen Milzkraut (Chrysosplenium alternifolium). „Die Gattung [Milzkraut (Chrysosplenium), Anmerkung M. Silber] verdankt ihren Namen den gelben Hochblättern (‚chrysos‘ = ‚Gold‘) und den milzförmigen Laubblättern (’splen‘ = ‚Milz‘)“ (Lüder 2018, 280). Das Milzkraut zählt zur Familie der Steinbrechgewächse (Saxifragaceae), über die ich bereits in einem Blogpost berichtete. „Aus der milzähnlichen Form der Blätter schloss man im Mittelalter, dass die Pflanze gegen Milzkrankheiten hilft“ (Kosmos 2018, 250). Zur Reifezeit entwickeln sich flachschalige Fruchtkapseln mit vielen winzigen Samen aus den Fruchtblättern des Milzkrauts. „Bei Regen werden die kleinen Samen durch auftreffende Tropfen ausgespült und fortgeschleudert“ (Lüder 2018, 281).

Beim „Hunde-Akrobatik-Baumstamm“ entdeckte ich eine Gruppe noch nicht voll aufgeblühter Pflänzchen der Zweiblättriges Schattenblume (Maianthemum bifolium). Der Standort in schattigen Wäldern und die beiden einander gegenüberstehenden Stängelblätter brachten diesem Blümchen aus der Familie der Spargelgewäche (Asparagaceae) seinen Namen ein (vgl. Lüder 2018, 121).

Überall – an morastigen Tümpeln und am feuchten Waldboden – wächst Schönes Frauenhaarmoos (Polytrichum formosum). Auf den beiden Fotos sind trotz Unschärfe recht gut die Sporenkapseln und deren Häubchen sowie die „splash cups“, die schüsselförmigen Antheridien (männlichen Geschlechtsorgane) zu erkennen. Bei Polytrichum-Moosarten kommen die Geschlechter nämlich getrennt auf verschiedenen Pflanzen vor, d.h. die Geschlechterverteilung ist zweihäusig (diözisch). Typischerweise stehen die einzelnen Geschlechter in Gruppen zusammen (vgl. Rapp 2020, 15). Wie Haarmützenmoose (Polytrichaceae) aufgebaut sind, wie die geschlechtliche Vermehrung und die Ausbreitung durch Sporen funktioniert, das beschreibe ich in einem anderen Blogpost.

Schlaubetal: Polytrichum formosum (Schönes Frauenhaarmoos) mit Sporenkapseln und „splash cups“, Mai 2021
Schlaubetal: Polytrichum formosum (Schönes Frauenhaarmoos) mit Sporenkapseln (Häubchen!) und „splash cups“, Mai 2021

Der Fund des Tages aber war Schachtelhalm (Equisetum sp.)!

Am Rande eines schilfbedeckten Feuchtgebietes entdeckte ich diese urzeitlichen Pflanzen. Es erfüllt mich stets mit besonderer Ehrfurcht, wenn ich Exemplare aus der Gruppe Monilophyta (Farne und farnartige Pflanzen) sehe, die schon vor rund 380 Millionen Jahren entstanden sind (vgl. Lüder 2018, 41).

In der Familie der Schachtelhalmgewächse (Equisetaceae) gibt es „nur die Gattung Schachtelhalm (Equisetum) mit weltweit ca. 20 Arten. In den Wäldern und Feuchtgebieten Mitteleuropas kommen etwa 10 Arten vor. Die meisten haben lange unterirdische Sprossachsen (Rhizome) und vermehren sich auch über abgetrennte Rhizomabschnitte. Die Schachtelhalme enthalten viel Kieselsäure und sind sehr stabil aufgebaut“ (Lüder 2018, 45).
Das sog. Kieselhäutchen „macht die Triebe auffallend hart, so daß sie von Pflanzenfressern gemieden werden. Ihres Kieselgehaltes wegen verwendete man sie früher zum Reinigen kupferner oder zinnerner Gefäße (Scheuer- oder Zinnkraut)“ (Schmeil 1973, 215).

[Quelle: Carl Axel Magnus Lindman]

Ich war so erfreut über meinen Fund, dass ich gar keine genauere Bestimmung vornahm. Dazu hätte ich nämlich eine Pflanze abschneiden müssen, um das Innere des Stängels zu betrachten, was ich aber nicht wollte. Stattdessen bewunderte ich wie gebannt die „geschachtelten“ Stängel mit ihren typischen Qirln.
Meiner Meinung nach handelt es sich nicht um Acker-Schachtelhalm (Equisetum arvense), sondern um Sumpf-Schachtelhalm (Equisetum palustre), denn nachträglich konnte ich anhand der – wenngleich nicht ganz scharfen – Fotos feststellen, dass die untersten Internodien der Seitentriebe kürzer als die Stängelscheide sind. Außerdem sind die Zähnchen an den Stängelscheiden dunkel gefärbt und deren Anzahl eher gering. Und die unteren Scheiden der Seitentriebe haben ebenfalls eine dunkle Färbung. Doch was es damit auf sich hat, erkläre ich in einem späteren, speziell den Equisetaceae gewidmeten Blogpost.

Die Doggies, die stets geduldig warten, wenn ich fotografiere, konnten ihren Durst zwischendurch in einem der vielen Rinnsale stillen.

Schlaubetal: Doggies beim Wassertrinken, Mai 2021

Und nun noch Landschaftsimpressionen (alle Fotos Mai 2021): Tümpel und Wald:-)


Quellen:
Fragnière, Y. et al. (20202). Botanische Grundkenntnisse auf einen Blick. 40 mitteleuropäische Pflanzenfamilien. Bern. Haupt.
Der Kosmos-Pflanzenführer (2020). Stuttgart. Franck-Kosmos.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.
Rapp, C. (2020). Moose des Waldbodens. Der Bestimmungsführer. Bern. Haupt.
Schmeil. Pflanzenkunde (1973). Wiebelsheim. Quelle & Meyer.

Trautzke-Seen und Moore – Teil 9: Trautzke-6 oder das verschwundene Moor

Früher existierten zwischen dem Großen und dem Kleinen Drauzen noch einige weitere (nicht namentlich bekannte) kleinere Teiche. Dieser heute längst trocken gefallene Bereich liegt zwischen den von mir persönlich als Trautzke-1/Trautzke-2 und Trautzke-5 bezeichneten Trautzke-Seen und wird von mir Trautzke-6 genannt.

Mach Dich HIER vertraut mit der von mir gewählten topographischen Nomenklatur des NSG Trautzke-Seen und Moore.

NSG Trautzke-Seen und Moore – Satellitenaufnahme
[Quelle: Googlemaps]
Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-6
[Quelle: Maps.me]

Ausgangspunkt unserer Entdeckungstour Richtung Trauzke-6 ist der Hügelkamm im Norden von Trautzke-3:

Trautzke-3: Nordteil – Hügelkamm, Mai 2021

Vom Hügelkamm gelangen wir zu einer Senke, an deren Rand Birken wachsen und die von Blaubeerengebüsch überwuchert ist, weshalb ich sie „Blaubeeren-Senke“ nenne – und im Sommer sicherlich öfter hierher kommen werde, yummie;-)

Trautzke-6: Vom Hügelkamm nördlich von Trautzke-3 Richtung Trautzke-6 zur Blaubeeren-Senke (Blick vom Rand der Blaubeeren-Senke nach NO), Mai 2021
Trautzke-6: Blaubeeren-Senke, Blick nach W, Mai 2021

Mitten in der Blaubeeren-Senke stehend und den Blick in Richtung Trautzke-3, also nach Nordosten wendend, sieht das Panorama so aus:

Trautzke-6: Blaubeeren-Senke, Blick nach NO Richtung Trautzke-3, Mai 2021

Weiter geht´s dann in Richtung Trautzke-4 und Trautzke-5:

Trautzke-6: Blickrichtung zu Trautzke-4 und Trautzke-5
[Quelle: Maps.me]
Trautzke-6: Blaubeeren-Senke Richtung Trautzke-4 und Trautzke-5, Mai 2021

So kommen wir zur nächsten Senke, die viel weiträumiger als die vorhin beschriebene Blaubeeren-Senke ist und auf den ersten Blick nicht unbedingt nach einem ehemaligen Feuchtgebiet aussieht, obwohl zwischen den Kiefern vereinzelt Birken stehen und auch hier der Boden überwiegend von Blaubeerstauden bedeckt ist. Doch da muss ich bei nächster Gelegenheit die Krautschicht noch genauer untersuchen …

Trautzke-6: Senke, vom W-Rand nach O, Mai 2021

Speedy ist jedenfalls total in seinem Element – Scannen: tja, so mitten im Wald gibt´s natürlich verlockende Erlebnisse für alle Sinne;-)

An dieser Stelle ein kleiner Wald-Knigge: „Normale“ Spaziergänger*innen, quasi Erholungssuchende, sollten keine solchen „Wildnis-Abenteuer“ unternehmen. Erstens stören sie die Natur im Allgemeinen und die Wildtiere im Besonderen, zweitens dürfen in den Wäldern nur Befugte abseits der Wege sein, z.B. Leute aus den Tätigkeitsbereichen Jagd, Forst oder Naturschutz, wobei für das Artenschutzmonitoring die Bestätigung einer anerkannten Naturschutzorganisation (bei mir der BUND Brandenburg) und/oder der Unteren Naturschutzbehörde vorliegen muss. Freiwillige, die ehrenamtlich im Artenschutz tätig sind, können sich von der Unteren Naturschutzbehörde einen sog. NATURSCHUTZAUSWEIS ausstellen lassen.
Dazu ein interessanter NABU-Artikel.

Meine beiden Hunde Speedy und Chekotee sind ja „alte Monitoringexperten“;-) Sie wissen, dass sie keine Tiere aufstöbern und schon gar nicht hinter ihnen her rennen sollen, sie verhalten sich ruhig (auch bei Tiersichtungen gibt´s kein Gekläffe) und finden ihr „Jagdglück“ im Scannen, wo sie – an Ort und Stelle bleibend – den Tieren mit Nase, Augen und Ohren „nachspüren“. Scannen ist so toll für sie, dass ich es sogar als Belohnung einsetzen kann, nach dem Motto: „Das habt Ihr gut gemacht, dafür dürft Ihr nun scannen!“

Auch der eher nicht so „nervenstarke“ Chekotee ist ein großer Scan-Fan geworden, soll heißen: statt Ausflippen ist nunmehr (zu 99,9%) Gucken, Lauschen und Wittern, eben Scannen angesagt (es lohnt sich also wirklich, solche funktionalen Verstärker im Hundetraining einzusetzen). Und weil alles so positiv assoziiert ist, wird klarerweise auch der Rückruf zum freudigen Ereignis:-)

Trautzke-6: Chekotee beim Scannen, Mai 2021
Trautzke-6: Chekotee kommt auf Rückruf freudig herangelaufen – und das bei all den tollen Ablenkungen im Wald, Mai 2021

Kein Wunder, dass Chekotee so gern zurückkommt, wenn´s doch dann eine Suuuuuuper-Belohnung wie bspw. Buddeln in einem Wurzelteller gibt!

Trautzke-6: Chekotee glückselig nach dem Buddelspaß, Mai 2021

Beim Weitergehen schimmern bald schon die Wasserstellen von Trautzke-5 durch die Bäume und das ist auch gut so, denn die Hunde sind nach dem Buddeln ziemlich durstig – deshalb guckt Chekotee auch schon sehnsüchtig zum Wasser hinunter …

Trautzke-6: Chekotee blickt Richtung Trautzke-5, weil´s dort unten Wasser gibt, Mai 2021
Trautzke-6: Blick hinunter zu Trautzke-5, Mai 2021

Nachdem wir bei Trautzke-5 ein wenig Rast gemacht und die Hunde ihren Durst gestillt hatten, machen wir uns wieder auf den Weg – an der Westseite von Trautzke-5 weiter durch den Wald. Und stoßen auf eine völlig „verwilderte“ Senke: meiner Meinung nach das Relikt eines Nebenteiches der früheren Drauzen-Seen.

Trautzke-6: Lag in dieser Senke früher mal ein Nebenteich der Drauzen-Seen? Mai 2021

Zur Orientierung: Diese „wilde Senke“ (wie ich sie nenne) liegt nordwestlich von Trautzke-5 und hat eine Art „Kipferl“-Form (in Deutschland sagt man „Hörnchen“ zum Wiener Kipferl), genauso wie der kleine Teich nördlich des Großen Drauzen auf der Karte aus dem 18. Jahrhundert.

Die wilde Senke möchte ich demnächst unbedingt noch genauestens untersuchen – ich könnte mir vorstellen, dass es dort in ähnlicher Art „moortypische“ Vegetation zu entdecken gibt wie in Trautzke-3, aber wir werden ja sehen, welche Überraschungen noch auf uns warten …

Erschöpft, aber glücklich über die schönen Entdeckungen treten die Doggies und ich unseren Heimweg an. Einem Wildwechsel mitten durch den Wald in nördlicher Richtung folgend erspähen wir durch die Bäume bald die Silhouette von Trautzke-2.

Trautzke-6: Auf dem Weg zu Trautzke-2
[Quelle: Maps.me]
Trautzke-6: Wildwechsel nach Norden in Richtung Trautzke-2 (kleine lichtgrüne Fläche rechts im Bild), Mai 2021
Trautzke-2: Panorama, Mai 2021

Trautzke-Seen und Moore – Teil 8: Trautzke-5

Einst bildete Trautzke-5 zusammen mit Trautzke-4 den Großen Drauzen See, doch das ist schon lange her.

Großer und Kleiner Drauzen im 18. Jahrhundert
[Quelle: Atlas Neuzelle 2018, 9]
Trautzke-5
[Quelle: Maps.me]

Trautzke-5 ist fast zur Gänze mit Schilfröhricht bewachsen, also wesentlich feuchter als Trautzke-4. Der gesamte Ostrand hat mehrere offene Wasserstellen, die sich bis weit über die Mitte von Trautzke-5 hinaus ziehen. Wir haben es hier mit einer moortypischen Schwingrasendecke zu tun, die bei jedem Schritt schaukelt.

Trautzke-5: von N nach S, April 2021

Die Wasserstellen werden bevorzugt von Wildschweinen genutzt: insbesondere am SO-Rand entdeckten wir in den Suhlen auch deutliche Schwarzwild-Spuren.

Speedy wies mich ja bereits im Böschungsbereich auf die Wildschweinhaare hin und unten an der Suhle wachte er „gestrenge“ über meine improvisatorische Kennzeichnung der Spuren mittels Lipstick (hatte an diesem Tag meinen Zollstock nicht dabei und die kleinen Holzlineale, die ich sonst immer parat habe, steckten in der Tasche einer anderen Jacke). Nu, das Wichtigste ist, dass man überhaupt ein Referenzobjekt zum Größenvergleich dazulegt …

Trautzke-5: Wildschweinhaare, April 2021

Und während Speedy an der Suhle nach allen Richtungen scannt, ob nicht doch noch ein Wildschwein in der Nähe ist, behält Chekotee von der Böschung aus den Überblick;-)

Die ganze Ostseite entlang ziehen sich solche Wildschweinsuhlen und weil Trautzke-5 noch nicht so stark verlandet ist, zeigen sich dabei auch mehrere offene, wenngleich schlammige Wasserstellen.

Auf den obigen Fotos ist auch zu erkennen, dass die Oberfläche – wenn nicht von Schilfröhricht – von Seggen und Binsen in ihren typischen Bultformen bewachsen ist.

Natürlich hat auch ein röhricht- und schilfbewachsenes Moor sein Fleur, jedoch im Sinne der Artenvielfalt ist hier dringend Renaturierung nötig.

Trautzke-5: Schilf, April 2021

Quelle:
Stiftung Stift Neuzelle, Hg. (2018). Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. Berlin. Verlag für Berlin-Brandenburg.

Trautzke-Seen und Moore – Teil 7: Trautzke-4

Trautzke-4 ist ein Teil des ehemaligen Großen Drauzen, doch von dem einstigen See ist heute nicht mehr viel übrig.

Großer und Kleiner Drauzen im 18. Jahrhundert
[Quelle: Atlas Neuzelle 2018, 9]
Trautzke-4
[Quelle: Maps.me]
Trautzke-4: von SW nach N, April 2021

Der ehemalige Große Drauzen hat sich im Laufe der Geschichte zweigeteilt: Trautzke-4 und Trautzke-5. Beide sind von Kiefern (vereinzelt auch Birken) umsäumt und zum großen Teil trocken gefallen.
Trautzke-4 ist vor allem im südlichen Abschnitt stark verlandet (nur am südlichsten Zipfel zeigen Schilfröhrichte und etwas morastiger Boden eine Restwasserstelle an). Im Nordteil besteht eine offene, mit Schilf und Röhricht bewachsene Wasserfläche, der Binsen- und Seggenboden rundherum hat Schwingrasen-Charakter.

An den Böschungen des trocken gefallenen Südteils fand ich neben einem völlig einsam sprießenden Korbblütler* jede Menge Hundsveilchen (Viola canina), also nicht duftende Veilchen.

* Dieser kleine gelbe Korbblütler harrt noch der Bestimmung – wahrscheinlich ist das arg zernepfte Pflänzchen doch „nur“ ein gemeiner Löwenzahn (Taraxacum officinale) oder ein rauer Löwenzahn (Leontodon hispidus); jedenfalls kein Habichtskraut, denn bei denen kommen solch löwenzahnartige Blätter nicht vor. An dem Tag bei Trautzke-4 waren die Doggies und ich schon mehrere Stunden unterwegs und ich dementsprechend k.o., also examinierte ich das winzige zerrupfte Pflänzchen nicht genauer … leider ist zudem das Foto nicht besonders scharf, aber ich werde die Stelle sicherlich bald wieder besuchen.

Unter den Bäumen der Böschung des südlichsten Zipfels stießen wir auf einen Haufen Federn und Flaumen – da hat sich jemand einen Vogel gut schmecken lassen.

Nicht weit davon durfte sich Chekotee an einem alten Wurzelteller „austoben“ – er jedenfalls hatte seinen Spaß, Speedy hingegen war eher missmutig, weil sein Kumpel ihn beim Buddeln voll mit Erde einstaubte. Tja, das Leben ist manchmal echt grausam;-) Aber Speedy durfte im Nachhinein natürlich auch buddeln, während ich Chekotee mit einem Suchspiel ablenkte.

Am Rand des trockenen Südteils machten wir eine kleine Rast, nachdem Chekotee dort eine Losung gefunden hatte. Da es sich aber weder um eine Wolfs- noch eine Fuchslosung handelte, sondern um verklumpte Rehkotbeeren, war er im ersten Moment unsicher, ob er es überhaupt anzeigen sollte. Doch schließlich siegte sein Eifer – er dachte sich wohl voller Stolz: „Ist zwar kein Wolfspoops, aber immerhin hab ich´s gefunden!“

Trautzke-4: von O nach W, Hunde ruhen im Gras, April 2021
Trautzke-4: von N-Böschung nach S, April 2021

Quelle:
Stiftung Stift Neuzelle, Hg. (2018). Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. Berlin. Verlag für Berlin-Brandenburg.

Meine neueste botanische Entdeckung: Knöllchen-Steinbrech

Der Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata) gehört – wie der Name schon sagt – zur Familie der Steinbrechgewächse (Saxifragaceae), Gattung Steinbrech (Saxifraga), und gilt als GESCHÜTZT!

„Von dieser Gattung gibt es weltweit etwa 400 Arten, von denen über 30 in Mitteleuropa heimisch sind. Viele von ihnen sind in den Steinschuttfluren und auf felsigen Standorten der Alpen beheimatet. Dort wachsen sie häufig in Felsspalten, und es sieht so aus, als ob sie die Felsen spalten könnten – so sind sie zu ihrem Namen gekommen. Auch der wissenschaftliche Gattungsname hat diesen Ursprung (’saxum‘ = ‚Stein‘ und ‚frangere‘ = ‚brechen‘). […] Einige Arten sind beliebt als Zierpflanzen, vor allem als Bodendecker und in Steingärten“ (Lüder 2018, 285).

Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata), Mai 2020

Der Knöllchen-Steinbrech wächst auf mageren Wiesen (also eher nicht auf Steinen), ist mehrjährig und hat seine Blütezeit von Mai bis Juni. In den Achseln der abgestorbenen Grundblätter bilden sich unterirdische Brutzwiebel (Bulben bzw. Knöllchen – daher auch der Name!); die Knöllchen dienen der vegetativen Vermehrung.
Im Mittelalter dachte man anhand der Signaturenlehre, „die steinchenähnlich aussehenden Zwiebelchen seien ein Zeichen, dass die Pflanze bei Blasen- und Nierensteinen den ‚Stein brechen‘ könne“ (Kosmos 2020, 144).

Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata) – links
[Quelle: Thomé 1885, 351]

Die rosettenartigen Grundblätter des Knöllchen-Steinbrechs sind rundlich nierenförmig und lappig gekerbt. Sie erscheinen oft schon im Herbst und sind wintergrün, zur Blütezeit jedoch meist bereits abgestorben (unten ein Foto, wo die Grundblätter noch zu sehen sind).

Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata) – Grundblätter, Mai 2020

Die Pflanze wird 15-40 cm hoch und trägt außer den Grundblättern zumeist keine weiteren Stängelblätter. Der sich bereits ab der Mitte verzweigende Stängel ist klebrig behaart, wodurch häufig vom Wind verwehte Samenfäden anderer Pflanzen hängen bleiben. Die Blüten sind weiß, ca. 1,5-2 cm im Durchmesser, der Blütenstand ist eine lockere Rispe (vgl. BLV 2015, 64).

Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata) mit hängengebliebenen Samenfäden, Mai 2021
Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata), Mai 2020

Quellen:
Der illustrierte BLV-Pflanzenführer für unterwegs (2015). München. BLV.
Der Kosmos-Pflanzenführer (2020). Stuttgart. Franck-Kosmos.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.
Thomé, O. W. (1885). Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8618 (zuletzt aufgerufen am 20.05.2021).

Trautzke-Seen und Moore – Teil 6: Trautzke-3

Dieses langgestreckte Feuchtgebiet trägt zwar keine offenen Wasserflächen mehr, dafür aber viele Merkmale eines (ehemaligen) Moors, also noch einen relativ großen Artenreichtum.

Trautzke-3
[Quelle: Maps.me]

Trautzke-3 ist eingebettet in eine längs verlaufende Senke, welche sich in drei Abschnitte teilt: der südliche Teil ist schon stark trocken gefallen, dort breitet sich über den Gräserhorsten vorwiegend Himbeergestrüpp aus, der nördliche Teil ist das eigentliche „Restmoor“ mit Schwingrasendecke und vielfältiger Flora.

Trautzke-3: Südteil, April 2021
Trautzke-3: Nordteil, April 2021

Und der dritte Teil?
Im Foto vom Nordteil erkennt Ihr eine Art kiefernbewachsenen „Wall“ – dieser „Hügelkamm“ trennt den dritten Teil von den beiden ineinander übergehenden Hauptteilen ab. Der separate dritte Bereich ist ebenso wie der Südteil ziemlich trocken gefallen und mit Blaubeer- und Himbeergestrüpp zugewachsen. Ihr könnt Euch dessen Lage dort vorstellen, wo in der Karte oben mein blauer Pfeil positioniert ist.
An der Ostseite führt ein Waldweg an Trautzke-3 vorbei, über den wir direkt zu Trautzke-4 kommen. Das Landschaftsbild entlang dieses Weges lässt vermuten, dass einst wohl die gesamte N-S-Strecke zwischen Trautzke-2 und Trautzke-4 Moorgebiet gewesen ist (auf der Maps.me-Karte müssten wir Trautzke-3 also nach oben und unten verlängern).
Das macht auch Sinn, denn im Vergleich mit der historischen Karte vom Kleinen und Großen Drauzen aus dem Neuzeller Atlas lässt sich ausmalen, dass der dritte, nördlichste Abschnitt von Trautzke-3 das südlichste Zipfelchen des Kleinen Drauzen sein könnte. Die in der Maps.me-Karte verzeichnete Wasserfläche für (wie von mir genannt) Trautzke-3 ist wohl gleichzusetzen mit dem schmalen länglichen Gewässer zwischen dem Kleinen und Großen Drauzen auf der Karte des Neuzeller Atlas. Dabei ist zu bedenken, dass der Große Drauzen früher eben noch seine tatsächliche Größe hatte.

Kleiner und Großer Drauzen im 18. Jahrhundert
[Quelle: Neuzeller Atlas]

Ein kleiner Ausflug in die Botanik

Der nördliche Schwingrasenteil von Trautzke-3 ist zwar bei Weitem kein intaktes Moor mehr, aber hier hat sich noch am ehesten moortypische (bzw. zumindest feuchtigkeitsliebende) Vegetation erhalten.

Carex – Gattung Segge

Trautzke-3: Seggenbult, Mai 2021

Seggen zählen zur Familie der Sauergräser (Cyperaceae), andere Gattungen der Sauergras-Familie, ebenfalls in Feuchtgebieten vorkommend, sind bspw. Simse (Scirpus) und Wollgras (Eriophorum).

Bei uns in Mitteleuropa gibt es über 100 Seggen-Arten, was die Gattung Carex zur größten innerhalb der Sauergräser macht (vgl. Lüder 2018, 169). Und das erleichtert die Bestimmung keinesfalls …
Hier tippe ich anhand der Blüten jedoch auf Carex cespitosa, Rasen-Segge, eine typische Moor-Segge (meine Blütenfotos stammen aus Trautzke-3, Mai 2021).


Mehr zu den Seggen erfahrt Ihr in meinem Blogpost Moorbotanik: Oj wej, eine Carex!

Juncus – Gattung Binse

Trautzke-3: Binsenbult, Mai 2021

Binsen sind die namensgebende Gattung in der Familie der Binsengewächse (Juncaceae) – eine andere Gattung ist die Hainsimse (Luzula). In Mitteleuropa gedeihen etwas 20 Binsen-Arten, hauptsächlich auf Feuchtwiesen, in Sümpfen und Mooren (vgl. Lüder 2018, 183).

In den Trautzke-Seen und Mooren finden wir die Flatter-Binse (Juncus effusus), eine der am häufigsten vorkommenden Binsen-Arten, wie auch die lateinische Bezeichnung „effusus“ (d.h. weit ausgedehnt, zerstreut, verschwenderisch, maßlos) suggeriert.

Juncus effusus (Flatter-Binse), November 2020

Mehr über Binsen und „Binsenweisheiten“ gibt´s in meinem Blogpost Moorbotanik: In die Binsen gegangen!

Gras – noch unbestimmt

Symphytum officinale – Gewöhnl. Beinwell

Eine uralte Heilpflanze, die im Sommer wunderschöne blauviolette Blüten hervorbringt. Gesammelt und (meist zu einer Salbe) verarbeitet wird vor allem im Herbst die Wurzel – anwendbar bei Prellungen, Stauchungen, Brüchen und schlecht heilenden Wunden. Aber auch zerstoßene Blätter sind als Gelenkspackungen hilfreich.
Das griechische Wort „symphyein“ bedeutet übrigens „zusammenwachsen lassen“ – wie so häufig prägt die Wirkung der Pflanze ihren Namen.
Symphytum officinale (Gewöhnlicher Beinwell) gehört zu den Raublattgewächsen (Boraginaceae) und wächst bevorzugt auf feuchten Standorten.

Stellaria media – Vogel-sternmiere

Trautzke-3: Stellaria media (Vogelmiere), Mai 2021

Am Rand des nördlichen Moorteils breitet sich Vogelmiere aus – die schmackhaften und vitaminreichen winzigen Frühlingspflänzchen halten durch ihren flächigen (und höchst üppigen) Wuchs den Boden feucht.

PotentillA palustris – Sumpf-Blutauge

Trautzke-3 ist übersät mit diesen außergewöhnlichen Schönheiten – schon von Anfang an vermutete ich, es handle sich um eine Potentilla-Art, aber ich war mir nicht sicher, welches Fingerkraut. Jedenfalls strahlen sie für mich einen ganz besonderen Zauber aus:-)
Erst als ich wenige Tage später erneut Trautzke-3 besuchte und den Zuwachs auf 5 und 7 Fiederblätter bemerkte, wusste ich es: das wird ein Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris)! Die Bezeichnung palustris kommt aus dem Lateinischen: palus = Sumpf, Pfuhl; paluster/palustris = sumpfig.
„Der wissenschaftliche Name Potentilla leitet sich von der Heilkraft einiger Arten ab (‚potentia‘ = ‚Kraft‘). So ist beispielsweise das Aufrechte Fingerkraut (Potentilla erecta) seit alters her vor allem wegen der magenschonenden Gerbstoffe ein geschätztes Heilkraut. Es wird auch Tormentill oder Blutwurz genannt“ (Lüder 2018, 361).
Zur Blütezeit im Juni/Juli werde ich Euch dann noch viel mehr über das magische Sumpf-Blutauge erzählen und auch über andere Potentilla-Arten, denn die Fingerkräuter gehören zu meinen Lieblingen:-)

Pflanzen – noch unbestimmt

Überall verteilt im Nordteil von Trautzke-3 wachsen einige Pflänzchen, die ich noch nicht bestimmen konnte – bin schon sehr gespannt, was da mal draus wird …

Moose

Neben den Gräsern gibt es noch eine ziemlich verzwickte Gruppe in der Botanik: die Moose! Aus dem Moormonitoring kenne ich natürlich bereits einige Torfmoose (Sphagnum sp.), aber grundsätzlich ist dieses Gebiet absolutes Neuland für mich. Außerdem stellte ich fest, dass ich bei Moosen mit meinen Lupen nicht sehr weit komme, also warte ich auf das Mikroskop, welches mir der BUND Brandenburg liebenswürdigerweise als Dauerleihgabe zur Verfügung stellt:-)

In Trautzke-3 entdeckte ich wunderschöne Moose auf dem Wurzelteller eines umgestürzten Baumes, so zart und zerbrechlich wirkend, dabei unglaublich beständig: Frauenhaarmoos – entweder Goldenes Frauenhaarmoos (Polytrichum commune) oder Schönes bzw. Wald-Frauenhaarmoos (Polytrichum formosum).

Trautzke-3: Frauenhaarmoos, Mai 2021

Es werden noch viele Pflanzen folgen, gerade jetzt im Frühling ist es jedes Jahr wieder ein Wunder, wenn überall das frische, hell leuchtende Grün aufkommt und sich stetig ausbreitet:-)

Trautzke-3: Nordteil mit Frühlingsgrün, Mai 2021

Quellen:
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.
Stiftung Stift Neuzelle, Hg. (2018). Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. Berlin. Verlag für Berlin-Brandenburg.

Moorbotanik: In die Binsen gegangen!

Wenn etwas „in die Binsen geht“, dann ist es missglückt bzw. verloren gegangen. Diese Redewendung kommt vermutlich aus der Jägersprache: Wenn Enten die Gefahr durch die Jäger wahrnehmen, so fliehen sie in die dichte Ufervegetation, in Schilf- oder Binsenbestände. Dort sind sie vor den Blicken der Jäger verborgen, also nicht mehr jagdbar: gut für die Enten, aber schlecht für die Jäger! Ist aus Sicht der Jäger ein Jagdversuch missglückt, so ist er in die Binsen gegangen (vgl. Kremer & Oftring 2013, 193).

Flatter-Binse (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Binsen sind die namensgebende Gattung in der Familie der Binsengewächse (Juncaceae). „In Mitteleuropa gedeihen etwas 20 Arten. Sie sind vor allem in Uferzonen, auf Feuchtwiesen, in Mooren und Sumpfgebieten zu finden. Sie sind als Futterpflanze wertlos, und das Vieh meidet die harten Stängel. Einige Binsen sind als Zierpflanzen für Gartenteiche und Sumpfbeete beliebt. Früher wurden sie vor allem als Flechtmaterial für Matten, Körbe und Fischreusen verwendet. Allerdings ist der Namensursprung von lat. ‚jungere‘ = ‚binden‘ umstritten“ (Lüder 2018, 183).

Ein typisches Merkmal von Binsen ist, dass sie knotenlose Stängel haben – daher kommt auch der Ausspruch „Binsenwahrheit“ bzw. „Binsenweisheit“, welcher sich auf die alten Römer zurückführen lässt: „Vermutlich im Anschluß an l. quaerere in scirpo nodum ‚in der Binse einen Knoten suchen‘ = ’sich unnötige Mühe machen‘ (weil die Binse keine Knoten hat); also etwa ‚eine Weisheit, die man nicht suchen muß, die offen zutage liegt'“ (Kluge 198922, 86).

Flatter-Binse (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Der Blütenstand von Flatter-Binsen ist in Form einer Spirre und seitenständig (d.h. seitlich vom Stängel abstehend), was besonders im Herbst markant ins Auge fällt:

Juncus effusus (Flatter-Binse), November 2020

Ein weiteres Merkmal der Flatter-Binse ist der elliptisch-runde, dunkelgrün glänzende Stängel (wie gesagt: ohne Knoten), welcher im Inneren mit einem durchgehenden weißen, schwammigen Gewebe gefüllt ist, dem Aerenchym. Das ist ein typisch für den sumpfigen Standort ausgebildetes Durchlüftungsgewebe. „Früher wurde dieses Mark wegen der trockenen Konsistenz mit seiner Sogwirkung als Lampendocht verwendet. Es lässt sich leicht mit dem Fingernagel aus dem Stängel schieben“ (Lüder 2018, 184).

Stängel der Flatter-Binse im Querschnitt, April 2021
Aerenchym (Durchlüftungsgewebe) aus dem Stängel der Flatter-Binse herausgeschält, April 2021

Das durchgehende Mark im Stängel ist ein charakteristisches Kennzeichen für die Flatter-Binse (Juncus effusus), denn andere Arten, z.B. die Blaugrüne Binse (Juncus inflexus), haben etagenweise Markschichten in ihren runden Hohlstängeln. „Durch die großen Zwischenräume (sog. Interzellularen oder Lakunen) dieses schwammartigen Gewebes wird ein optimaler Gasaustausch und eine ausreichende Versorgung mit Sauerstoff ermöglicht. […] Die luftgefüllten Räume und das Durchlüftungsgewebe dienen zusätzlich der Schwimmfähigkeit. Werden Pflanzen im Uferbereich durch Tiere oder Hochwasser von ihrem Standort gerissen, können sie lange auf der Oberfläche treiben, ohne abzusinken, und an einem anderen Ort Fuß fassen“ (Lüder 2018, 184).

Aerenchym: links Flatter-Binse (Juncus effusus), rechts Blaugrüne Binse (Juncus inflexus)
[Quelle: Lüder 2018, 183]
Flatter-Binse mit Spirre (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Quellen:
Kluge, F. (198922). Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin. Walter de Gruyter.
Kremer, B.P. & Oftring, B. (2013). Im Moor und auf der Heide. Natur erleben – beobachten – verstehen. Bern. Haupt.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.

Moorbotanik: Oj wej, eine Carex!

Tja, eigentlich könnte ich aufschreien: „Oj wej, ein Gras!“ Mit den Gräsern beschäftige ich mich nämlich erst seit Kurzem – wer ernsthaft Moormonitoring betreiben will, muss sich eben mit Gräsern auseinandersetzen;-) Und das ist ein weites Feld …

Seggenbult (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-4), Mai 2021

CAREX sp. [sp. = species; wenn man eine Grasart nicht genau bestimmen kann, fügt man dem Gattungsnamen „sp.“ an und meint damit, dass diese Art zur Gattung Carex (Segge) gehört – wenigstens eine erste Kategorisierung]: Seggen zählen zur Familie der Sauergräser (Cyperaceae), andere Gattungen der Sauergras-Familie, ebenfalls in Feuchtgebieten vorkommend, sind bspw. Simse (Scirpus) und Wollgras (Eriophorum).

„Mit über 100 Arten ist diese Gattung die weitaus größte innerhalb der Sauergräser. Ihr Name geht auf das alteuropäische Wort ’sek‘ für ’schneiden‘ zurück und bezieht sich auf die schneidend scharfen Blattränder. Dies findet sich auch im wissenschaftlichen Gattungsnamen Carex wieder. ‚Secare‘ bedeutet lateinisch ’schneiden‘, und ‚carrere‘ steht für ‚kratzen‘, so wurden diese Gräser ‚kratzendes Gestrüpp‘ genannt. Umgangssprachlich werden Seggen auch Riedgräser genannt und die Riedgrasbestände Sauerwiesen. Dies bedeutet so viel wie ‚wertloses Grünland‘ und ist auf den geringen Futterwert der Seggen zurückzuführen. Allerdings wurde das Heu der Seggenriede als Einstreu für Tiere genutzt. Die Feuchtwiesen sind entstanden, als der Mensch begann, die Feuchtwälder entlang der Bäche und Seen in Grünland zu verwandeln. Die meisten Arten gedeihen auf feuchten Standorten“ (Lüder 2018, 169).

Bei den Seggen, die ich in den Trautzke-Seen und Mooren gefunden habe, tippe ich anhand der Blüten auf Carex cespitosa, Rasen-Segge, eine typische Moor-Segge:

„Die Rasen-Segge (Carex cespitosa) bildet auf Sumpfwiesen dichte Horste. Hier sind die oberen männlichen Ährchen mit den heranreifenden Staubbeuteln zu sehen. Darunter befinden sich die weiblichen Ährchen“ (Lüder 20157, 237).

Rasen-Segge
[Quelle: Lüder 20157, 237]
Seggenbult (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Quellen:
Lüder, R. (20157). Grundkurs Pflanzenbestimmung. Wiebelsheim. Quelle & Meyer.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.

Trautzke-Seen und Moore – Teil 5: Trautzke-2

Chekotee guckt gebannt auf Trautzke-2 hinunter. Tagelang wanderten wir immer wieder dran vorbei und ich vertröstete meine forschungsfreudigen Hunde jedesmal auf später: „Later on we´re gonna explore that part, too.“ Und dann war es endlich soweit …

Wie bereits im vorigen Blogpost erwähnt, ist Trautzke-2 mit Trautzke-1 verbunden, d.h. die Darstellung auf der Karte von Maps.me täuscht. Und auch hier ist es ähnlich wie bei Trautzke-1, dass nämlich die westliche Ausbuchtung aufgrund der massiven Verlandung längst nicht mehr so groß ist. Aus der Position des blauen Pfeils in der Karte nahm ich das obige Titelfoto (mit Chekotee) auf, wo die eher geringen Ausmaße von Trautzke-2 erkennbar sind.

Trautzke-2
[Quelle: Maps.me]

Im Panoramafoto, bei dem ich inmitten von Trautzke-2 stand, ist links die westliche Begrenzung durch den Wald, mittig der Birkensaum (dahinter liegt Trautzke-1) und rechts die östliche Begrenzung durch den Wald zu sehen.

Trautzke-2: Panorama, Mai 2021
Trautzke-2: Mitte – Blick nach N (Trautzke-1 liegt hinter den Birken), Mai 2021

Trautzke-2 ist augenscheinlich vor geraumer Zeit schon komplett trocken gefallen: Der dicht mit Gras bewachsene Boden weist nicht das kleinste Morastfleckchen auf und deshalb schwingt da klarerweise rein gar nix mit beim Gehen. Nur vereinzelt existieren noch Binsen- und Seggenbulte, lichte Schilfbestände hie und da sind nur noch Relikte einer längst vergangenen Periode als Feuchtbiotop.

Die Doggies kamen jedenfalls voll auf ihre Kosten – wortwörtlich: Sie fanden Überbleibsel von einem Riss und knabberten glückselig auf alten Knochen herum.

Hinter dem Birkensaum zieht sich im Norden eine Art „Schwelle“ quer durch Trautzke-2, ähnlich wie bei Trautzke-1, wenngleich nicht ganz so erhaben: der Übergang von Trautzke-2 zu Trautzke-1 (auf dem Foto ist links im Hintergrund der schilfumschlossene Moorsee von Trautzke-1 auszumachen, die Birken rechts „gehören“ z. gr. T. bereits zu Trautzke-1).

„Schwelle“ zwischen Trautzke-2 und Trautzke-1, Mai 2021

So gesehen stimmt die Karte von Maps.me ja eigentlich – zwischen Trautzke-1 und Trautzke-2 ist quasi „Land“, bloß dass Trautzke-2 schon sehr, sehr lange keine offene Wasserfläche mehr birgt.

„Schwelle“ zwischen Trautzke-2 und Trautzke-1
[Quelle: Maps.me]
Trautzke-2: Blick vom Ostrand, Mai 2021

Trautzke-Seen und Moore – Teil 4: Trautzke-1

Trautzke-1 ist das nördlichste Moor im NSG Trautzke-Seen und Moore und gliedert sich in zwei Teile: der Süd-Part trägt dieses Jahr wieder Wasser, sodass sich ein kleiner See gebildet hat, hingegen ist der Nord-Part schon vor Jahren trocken gefallen.

Trautzke-1
[Quelle: Maps.me]

Obwohl Maps.me an sich recht genaue Daten liefert, stimmen die Ausmaße von Trautzke-1 nicht mit der Wirklichkeit überein. Der nördliche (trocken gefallene) Teil ist längst nicht (mehr) so breit wie auf der Karte dargestellt (Ihr könnt es Euch so vorstellen, dass die westliche Ausdehnung im Grunde kaum mehr existiert – Wald dringt hier immer weiter vor).
Mein blauer Pfeil zeigt in Richtung Moorsee, welcher im südlichen Part von Trautzke-1 liegt. Die kleine Wasserstelle ist von Schilf umwachsen, worin versteckt ein Kranichpaar brütet, begleitet vom vielstimmigen Froschkonzert.

Rund um die Wasserstelle ist der Boden naturgemäß matschig und nass, jedoch hatte ich nicht das Gefühl von Schwingrasen, zumindest nicht an der Ostseite dieses südlichen Moorteils. Die Verlandung ist offenbar stark fortgeschritten, was sich auch am Aufkommen von üppigen Birkensäumen entlang der Außenseiten zeigt.

Die Kraniche flogen natürlich bei unserer Ankunft auf und kreisten eine Weile über uns, schließlich ließ sich einer der Kraniche wieder seelenruhig im Schilfdickicht nieder. Auch hier zeigte sich wiederum, dass nicht einmal meine beiden Hunde als Gefahr angesehen werden, weil sie sich – wie ich – sehr behutsam und respektvoll in der Natur verhalten. Sie dürfen „scannen“, d.h. gucken, lauschen und wittern, aber eben ganz in Ruhe, da gibt´s kein Vorstürmen und auch kein Bellen! Speedy ist sowieso unser „Musterschüler“, doch sogar der ansonsten gern übermütige Chekotee weiß es mittlerweile zu schätzen, wie toll das ruhige „Scannen“ ist;-)

Chekotee & Speedy beim „Scannen“, Sommer 2020

Auch im Trautzke-1-Moor waren meine Hunde vorbildlich!

Trautzke 1: Südteil mit See und braven Doggies – Panorama, Mai 2021

Am Panoramafoto ist östlich vom Moorteich deutlich eine birkenbewachsene „Schwelle“ zu erkennen (im Bild rechts, wo Speedy im Gras schnüffelt) – dies ist in der Tat die Trennschwelle zwischen dem südlichen Wasserpart und dem nördlichen Trockenpart von Trautzke-1.

Trautzke-1: Zweiteilung (links der südliche Moorteich-Part, ungefähr mittig die „Schwelle“, rechts der nördliche trockene Part) – Panorama, Mai 2021

Kucken wir von der „Schwelle“ aus nach Süden, so haben wir weiterhin den schilfumwachsenen See im Blick.

Trautzke-1: Moorsee von „Schwelle“ aus, Mai 2021


Wenden wir aber unsere Augen von der „Schwelle“ aus nach Norden, so überblicken wir den „Birkenteil“, wie ich diesen Bereich von Trautzke-1 nenne.

„Trautzke-1: „Birkenteil“ von „Schwelle“ aus, Mai 2021

Hier ist alles ganz trocken, nur vereinzeltes Schilfaufkommen zeigt, dass es tief im Boden noch Feuchtigkeitsansammlungen geben muss.

Trautzke-1: „Birkenteil“ vom Nordost-Rand mit Blick nach Süden (hinter den Birken liegt der Part mit dem Moorsee), Mai 2021

Trautzke-1: Moorsee von „Schwelle“ aus – Panorama, Mai 2021