Moorbotanik: In die Binsen gegangen!

Wenn etwas „in die Binsen geht“, dann ist es missglückt bzw. verloren gegangen. Diese Redewendung kommt vermutlich aus der Jägersprache: Wenn Enten die Gefahr durch die Jäger wahrnehmen, so fliehen sie in die dichte Ufervegetation, in Schilf- oder Binsenbestände. Dort sind sie vor den Blicken der Jäger verborgen, also nicht mehr jagdbar: gut für die Enten, aber schlecht für die Jäger! Ist aus Sicht der Jäger ein Jagdversuch missglückt, so ist er in die Binsen gegangen (vgl. Kremer & Oftring 2013, 193).

Flatter-Binse (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Binsen sind die namensgebende Gattung in der Familie der Binsengewächse (Juncaceae). „In Mitteleuropa gedeihen etwas 20 Arten. Sie sind vor allem in Uferzonen, auf Feuchtwiesen, in Mooren und Sumpfgebieten zu finden. Sie sind als Futterpflanze wertlos, und das Vieh meidet die harten Stängel. Einige Binsen sind als Zierpflanzen für Gartenteiche und Sumpfbeete beliebt. Früher wurden sie vor allem als Flechtmaterial für Matten, Körbe und Fischreusen verwendet. Allerdings ist der Namensursprung von lat. ‚jungere‘ = ‚binden‘ umstritten“ (Lüder 2018, 183).

Ein typisches Merkmal von Binsen ist, dass sie knotenlose Stängel haben – daher kommt auch der Ausspruch „Binsenwahrheit“ bzw. „Binsenweisheit“, welcher sich auf die alten Römer zurückführen lässt: „Vermutlich im Anschluß an l. quaerere in scirpo nodum ‚in der Binse einen Knoten suchen‘ = ’sich unnötige Mühe machen‘ (weil die Binse keine Knoten hat); also etwa ‚eine Weisheit, die man nicht suchen muß, die offen zutage liegt'“ (Kluge 198922, 86).

Flatter-Binse (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Der Blütenstand von Flatter-Binsen ist in Form einer Spirre und seitenständig (d.h. seitlich vom Stängel abstehend), was besonders im Herbst markant ins Auge fällt:

Juncus effusus (Flatter-Binse), November 2020

Ein weiteres Merkmal der Flatter-Binse ist der elliptisch-runde, dunkelgrün glänzende Stängel (wie gesagt: ohne Knoten), welcher im Inneren mit einem durchgehenden weißen, schwammigen Gewebe gefüllt ist, dem Aerenchym. Das ist ein typisch für den sumpfigen Standort ausgebildetes Durchlüftungsgewebe. „Früher wurde dieses Mark wegen der trockenen Konsistenz mit seiner Sogwirkung als Lampendocht verwendet. Es lässt sich leicht mit dem Fingernagel aus dem Stängel schieben“ (Lüder 2018, 184).

Stängel der Flatter-Binse im Querschnitt, April 2021
Aerenchym (Durchlüftungsgewebe) aus dem Stängel der Flatter-Binse herausgeschält, April 2021

Das durchgehende Mark im Stängel ist ein charakteristisches Kennzeichen für die Flatter-Binse (Juncus effusus), denn andere Arten, z.B. die Blaugrüne Binse (Juncus inflexus), haben etagenweise Markschichten in ihren runden Hohlstängeln. „Durch die großen Zwischenräume (sog. Interzellularen oder Lakunen) dieses schwammartigen Gewebes wird ein optimaler Gasaustausch und eine ausreichende Versorgung mit Sauerstoff ermöglicht. […] Die luftgefüllten Räume und das Durchlüftungsgewebe dienen zusätzlich der Schwimmfähigkeit. Werden Pflanzen im Uferbereich durch Tiere oder Hochwasser von ihrem Standort gerissen, können sie lange auf der Oberfläche treiben, ohne abzusinken, und an einem anderen Ort Fuß fassen“ (Lüder 2018, 184).

Aerenchym: links Flatter-Binse (Juncus effusus), rechts Blaugrüne Binse (Juncus inflexus)
[Quelle: Lüder 2018, 183]
Flatter-Binse mit Spirre (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Quellen:
Kluge, F. (198922). Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin. Walter de Gruyter.
Kremer, B.P. & Oftring, B. (2013). Im Moor und auf der Heide. Natur erleben – beobachten – verstehen. Bern. Haupt.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.

Moorbotanik: Oj wej, eine Carex!

Tja, eigentlich könnte ich aufschreien: „Oj wej, ein Gras!“ Mit den Gräsern beschäftige ich mich nämlich erst seit Kurzem – wer ernsthaft Moormonitoring betreiben will, muss sich eben mit Gräsern auseinandersetzen;-) Und das ist ein weites Feld …

Seggenbult (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-4), Mai 2021

CAREX sp. [sp. = species; wenn man eine Grasart nicht genau bestimmen kann, fügt man dem Gattungsnamen „sp.“ an und meint damit, dass diese Art zur Gattung Carex (Segge) gehört – wenigstens eine erste Kategorisierung]: Seggen zählen zur Familie der Sauergräser (Cyperaceae), andere Gattungen der Sauergras-Familie, ebenfalls in Feuchtgebieten vorkommend, sind bspw. Simse (Scirpus) und Wollgras (Eriophorum).

„Mit über 100 Arten ist diese Gattung die weitaus größte innerhalb der Sauergräser. Ihr Name geht auf das alteuropäische Wort ’sek‘ für ’schneiden‘ zurück und bezieht sich auf die schneidend scharfen Blattränder. Dies findet sich auch im wissenschaftlichen Gattungsnamen Carex wieder. ‚Secare‘ bedeutet lateinisch ’schneiden‘, und ‚carrere‘ steht für ‚kratzen‘, so wurden diese Gräser ‚kratzendes Gestrüpp‘ genannt. Umgangssprachlich werden Seggen auch Riedgräser genannt und die Riedgrasbestände Sauerwiesen. Dies bedeutet so viel wie ‚wertloses Grünland‘ und ist auf den geringen Futterwert der Seggen zurückzuführen. Allerdings wurde das Heu der Seggenriede als Einstreu für Tiere genutzt. Die Feuchtwiesen sind entstanden, als der Mensch begann, die Feuchtwälder entlang der Bäche und Seen in Grünland zu verwandeln. Die meisten Arten gedeihen auf feuchten Standorten“ (Lüder 2018, 169).

Bei den Seggen, die ich in den Trautzke-Seen und Mooren gefunden habe, tippe ich anhand der Blüten auf Carex cespitosa, Rasen-Segge, eine typische Moor-Segge:

„Die Rasen-Segge (Carex cespitosa) bildet auf Sumpfwiesen dichte Horste. Hier sind die oberen männlichen Ährchen mit den heranreifenden Staubbeuteln zu sehen. Darunter befinden sich die weiblichen Ährchen“ (Lüder 20157, 237).

Rasen-Segge
[Quelle: Lüder 20157, 237]
Seggenbult (Trautzke-Seen und Moore: Trautzke-3), Mai 2021

Quellen:
Lüder, R. (20157). Grundkurs Pflanzenbestimmung. Wiebelsheim. Quelle & Meyer.
Lüder, R. (2018). Grundlagen der Feldbotanik. Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen. Bern. Haupt.

Trautzke-Seen und Moore – Teil 5: Trautzke-2

Chekotee guckt gebannt auf Trautzke-2 hinunter. Tagelang wanderten wir immer wieder dran vorbei und ich vertröstete meine forschungsfreudigen Hunde jedesmal auf später: „Later on we´re gonna explore that part, too.“ Und dann war es endlich soweit …

Wie bereits im vorigen Blogpost erwähnt, ist Trautzke-2 mit Trautzke-1 verbunden, d.h. die Darstellung auf der Karte von Maps.me täuscht. Und auch hier ist es ähnlich wie bei Trautzke-1, dass nämlich die westliche Ausbuchtung aufgrund der massiven Verlandung längst nicht mehr so groß ist. Aus der Position des blauen Pfeils in der Karte nahm ich das obige Titelfoto (mit Chekotee) auf, wo die eher geringen Ausmaße von Trautzke-2 erkennbar sind.

Trautzke-2
[Quelle: Maps.me]

Im Panoramafoto, bei dem ich inmitten von Trautzke-2 stand, ist links die westliche Begrenzung durch den Wald, mittig der Birkensaum (dahinter liegt Trautzke-1) und rechts die östliche Begrenzung durch den Wald zu sehen.

Trautzke-2: Panorama, Mai 2021
Trautzke-2: Mitte – Blick nach N (Trautzke-1 liegt hinter den Birken), Mai 2021

Trautzke-2 ist augenscheinlich vor geraumer Zeit schon komplett trocken gefallen: Der dicht mit Gras bewachsene Boden weist nicht das kleinste Morastfleckchen auf und deshalb schwingt da klarerweise rein gar nix mit beim Gehen. Nur vereinzelt existieren noch Binsen- und Seggenbulte, lichte Schilfbestände hie und da sind nur noch Relikte einer längst vergangenen Periode als Feuchtbiotop.

Die Doggies kamen jedenfalls voll auf ihre Kosten – wortwörtlich: Sie fanden Überbleibsel von einem Riss und knabberten glückselig auf alten Knochen herum.

Hinter dem Birkensaum zieht sich im Norden eine Art „Schwelle“ quer durch Trautzke-2, ähnlich wie bei Trautzke-1, wenngleich nicht ganz so erhaben: der Übergang von Trautzke-2 zu Trautzke-1 (auf dem Foto ist links im Hintergrund der schilfumschlossene Moorsee von Trautzke-1 auszumachen, die Birken rechts „gehören“ z. gr. T. bereits zu Trautzke-1).

„Schwelle“ zwischen Trautzke-2 und Trautzke-1, Mai 2021

So gesehen stimmt die Karte von Maps.me ja eigentlich – zwischen Trautzke-1 und Trautzke-2 ist quasi „Land“, bloß dass Trautzke-2 schon sehr, sehr lange keine offene Wasserfläche mehr birgt.

„Schwelle“ zwischen Trautzke-2 und Trautzke-1
[Quelle: Maps.me]
Trautzke-2: Blick vom Ostrand, Mai 2021

Trautzke-Seen und Moore – Teil 4: Trautzke-1

Trautzke-1 ist das nördlichste Moor im NSG Trautzke-Seen und Moore und gliedert sich in zwei Teile: der Süd-Part trägt dieses Jahr wieder Wasser, sodass sich ein kleiner See gebildet hat, hingegen ist der Nord-Part schon vor Jahren trocken gefallen.

Trautzke-1
[Quelle: Maps.me]

Obwohl Maps.me an sich recht genaue Daten liefert, stimmen die Ausmaße von Trautzke-1 nicht mit der Wirklichkeit überein. Der nördliche (trocken gefallene) Teil ist längst nicht (mehr) so breit wie auf der Karte dargestellt (Ihr könnt es Euch so vorstellen, dass die westliche Ausdehnung im Grunde kaum mehr existiert – Wald dringt hier immer weiter vor).
Mein blauer Pfeil zeigt in Richtung Moorsee, welcher im südlichen Part von Trautzke-1 liegt. Die kleine Wasserstelle ist von Schilf umwachsen, worin versteckt ein Kranichpaar brütet, begleitet vom vielstimmigen Froschkonzert.

Rund um die Wasserstelle ist der Boden naturgemäß matschig und nass, jedoch hatte ich nicht das Gefühl von Schwingrasen, zumindest nicht an der Ostseite dieses südlichen Moorteils. Die Verlandung ist offenbar stark fortgeschritten, was sich auch am Aufkommen von üppigen Birkensäumen entlang der Außenseiten zeigt.

Die Kraniche flogen natürlich bei unserer Ankunft auf und kreisten eine Weile über uns, schließlich ließ sich einer der Kraniche wieder seelenruhig im Schilfdickicht nieder. Auch hier zeigte sich wiederum, dass nicht einmal meine beiden Hunde als Gefahr angesehen werden, weil sie sich – wie ich – sehr behutsam und respektvoll in der Natur verhalten. Sie dürfen „scannen“, d.h. gucken, lauschen und wittern, aber eben ganz in Ruhe, da gibt´s kein Vorstürmen und auch kein Bellen! Speedy ist sowieso unser „Musterschüler“, doch sogar der ansonsten gern übermütige Chekotee weiß es mittlerweile zu schätzen, wie toll das ruhige „Scannen“ ist;-)

Chekotee & Speedy beim „Scannen“, Sommer 2020

Auch im Trautzke-1-Moor waren meine Hunde vorbildlich!

Trautzke 1: Südteil mit See und braven Doggies – Panorama, Mai 2021

Am Panoramafoto ist östlich vom Moorteich deutlich eine birkenbewachsene „Schwelle“ zu erkennen (im Bild rechts, wo Speedy im Gras schnüffelt) – dies ist in der Tat die Trennschwelle zwischen dem südlichen Wasserpart und dem nördlichen Trockenpart von Trautzke-1.

Trautzke-1: Zweiteilung (links der südliche Moorteich-Part, ungefähr mittig die „Schwelle“, rechts der nördliche trockene Part) – Panorama, Mai 2021

Kucken wir von der „Schwelle“ aus nach Süden, so haben wir weiterhin den schilfumwachsenen See im Blick.

Trautzke-1: Moorsee von „Schwelle“ aus, Mai 2021


Wenden wir aber unsere Augen von der „Schwelle“ aus nach Norden, so überblicken wir den „Birkenteil“, wie ich diesen Bereich von Trautzke-1 nenne.

„Trautzke-1: „Birkenteil“ von „Schwelle“ aus, Mai 2021

Hier ist alles ganz trocken, nur vereinzeltes Schilfaufkommen zeigt, dass es tief im Boden noch Feuchtigkeitsansammlungen geben muss.

Trautzke-1: „Birkenteil“ vom Nordost-Rand mit Blick nach Süden (hinter den Birken liegt der Part mit dem Moorsee), Mai 2021

Trautzke-1: Moorsee von „Schwelle“ aus – Panorama, Mai 2021

Trautzke-Seen und Moore – Teil 3: Mirjam’s topographische Nomenklatur

Aus den vorangegangenen Blogposts zu den Trautzke-Seen und Mooren wissen wir bereits, dass sich sowohl die Gewässeranzahl als auch deren Größe und Lage im Laufe der Geschichte verändert hat. Zudem bringen Wanderkarten und Touren-Apps unterschiedliche Informationen. Um diesem Dilemma zu entgehen dachte ich mir meine eigene topographische Nomenklatur aus. Erst auf dieser Basis wird es möglich, meine Erkenntnisse zu den einzelnen Mooren exakt dem entsprechenden (Mikro-)Biotop zuzuordnen und anschaulich darüber zu berichten.

Die von mir genutzte (kostenfreie) Touren-App „Maps.me“ zeigt die wirklich vorhandenen Moorflächen – fast – detailgetreu: 5 Trautzke-Seen.
Jetzt fragt Ihr Euch natürlich, warum „fast“? Immerhin bestätigte ich ja bereits im vorigen Blogpost, dass es heutzutage fünf Teile gibt. Tja, das stimmt auch in gewisser Weise, aber eigentlich … doch dazu später mehr …
Tatsache ist jedenfalls, es sind nicht nur drei Teiche im NSG Trautzke-Seen und Moore.

Was tat ich also? Anhand der Maps.me-Karte nummerierte ich die einzelnen Trautzke-Seen einfach der Reihe nach durch – im Uhrzeigersinn, beginnend beim nördlichsten See:

Trautzke-1
Trautzke-2
Trautzke-6
Trautzke-3
Trautzke-5
Trautzke-4

Warum denn auf einmal sechs Moorstellen?
Nu, das verrät Euch eine Satellitenaufnahme des NSG Trautzke-Seen und Moore:

Trautzke-Seen und Moore – Satellitenaufnahme
[Quelle: Google-Maps]

Erkannt?!?
Nördlich von Trautzke-5 (bzw. lagemäßig zwischen Trautzke-5 und Trautze-2) existierte noch ein Moorbereich. Anzunehmen ist, dass es sich dabei um die drei (oder mehr) nicht namentlich genannten Tümpel neben dem historischen Großen und Kleinen Drauzen handelte (siehe Blogpost Trautzke-Seen und Moore: Geschichte und Etymologie). Die Karte unten zeigt den möglichen Radius, in welchem diese Tümpel heute liegen würden, wenn es sie noch gäbe, wobei der blaue Pfeil die wahrscheinlichste Stelle kennzeichnet).

Trautzke-6
[Quelle: Maps.me]

Außerdem lässt sich anhand der Satellitenaufnahme noch etwas Wichtiges entdecken: Trautzke-1 und Trautzke-2 sind miteinander verbunden, wobei Trautzke-2 trocken gefallen ist, nur Trautzke-1 führt dieses Jahr (2021) Wasser.

Trautzke-1 mit Wasserfläche von W, April 2021

Trautzke-Seen und Moore – Teil 2: Geschichte und Etymologie

Nachzuforschen, welche Bedeutung Namen haben und woher sie kommen, das finde ich besonders spannend. Und für historische Karten hatte ich sowieso schon immer ein Faible.

Im Neuzeller Stiftsatlas finden wir u.a. eine Karte zum Gebiet Trautzke-Seen und Moore aus dem 18. Jahrhundert – damals wurden die Gewässer als der „Kleine Drauzen“ (nördlicher See) und der „Große Drauzen“ (südlicher See) bezeichnet.

„Draußen“, südwestlich des Henzendorfer Sees: zwei namentlich genannte Seen (Großer Drauzen [südlich] und Kleiner Drauzen [nördlich]) und mind. drei dazugehörige Teiche. Nach Süden hin verlängert sich das ganze Feuchtgebiet als „Drauzen Lauche“ hinein ins Raacksche Feld Richtung Göhlener Heyde.
[Quelle: Atlas Neuzelle 2018, 9]

Der regionale Historicus, Herr Dr. Klaus-Dieter Gansleweit, berichtet in seiner Henzendorfer Dorfchronik (Gansleweit 2020), dass beide Waldseen damals zu den verpachteten Stiftsgewässern (des Zisterzienserstifts Neuzelle) gehörten.
Im Seenregister von 1780 ist der Kleine Drauzen als „Trautzken der kleine“ eingetragen „und mit dem Hinweis versehen, dass er ‚wegen den vielen Holze mit dem Garn (Fischernetz) nicht befischet‘ werden könne“ (Gansleweit 2020, 176). „Um 1575 war der ‚Druzen Sehe‘, womit man damals zweifellos den Großen Drauzen meinte, ’so voller Holz‘, dass mehr als zwei Züge darin nicht möglich waren, und 1780 wurde er wie der Kleine Drauzen mit dem Garn nicht mehr befischt“ (Gansleweit 2020, 177).

Eine Karte aus dem Jahr 1896 zeigt, dass der Große Drauzen, der südliche See, nunmehr nach Absinken des Wasserspiegels aus zwei Gewässern besteht. Ursprünglich waren die beiden aufgespaltenen Teile des Großen Drauzen noch durch eine Schmalstelle miteinander verbunden – dieser wenige Meter breite Graben konnte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts noch mit dem Kahn befahren werden (vgl. Gansleweit 2020, 176f.; MLUK 2020, 15). Heute sind die beiden Gewässerteile komplett getrennt.
Außerdem blieb vom ein Jahrhundert zuvor noch „Der Kleine Drautz See und Laug“ (Gansleweit 2020, 176) genannten Kleinen Drauzen bloß ein wahrlich kleiner Tümpel im Norden des Feuchtgebiets übrig.

Kleiner und (zweigeteilter) Großer Drauzen Ende 19. Jahrhunderts
[Quelle: SLUB-Dresden, Neuzelle 1896]

„Ursachen für die wechselnden Verlandungs- und Seespiegelabsenkungsperioden können auch damals schon durch saisonale Defizite der klimatischen Wasserbilanz, direkte Entnahmen (Brunnen, Bewässerung) und indirekte Verluste durch höhere Verdunstung ausgelöst oder verstärkt worden sein. So hatten sicherlich die Rodung weiter Waldflächen (bis ins 18. Jh.), die darauffolgende Verheidung und stellenweise Versteppung sowie die anschließende Aufforstungen mit Nadelbäumen im 19. Jh. Auswirkungen auf die Grund- und Seewasserstände“ (MLUK 2020, 15).

Interessant ist beim Vergleich der Karten aus dem 18. und 19. Jh. zudem, dass sich zur damaligen Zeit in Henzendorf der „Dorfsee“ vom Henzendorfer See abgetrennt hatte, wie bereits in der Karte aus dem Jahr 1896 ersichtlich und ebenso eine Karte aus dem Jahr 1925 verdeutlicht.

[Quelle: SLUB-Dresden, Neuzelle 1925]

Zur Namensgebung „Trautzke“ erläutert Herr Gansleweit: „Noch immer nicht aufgehellt ist die Etymologie des Gewässernamens, bei dem von einer aso. [altsorbischen, Anmerkung M. Silber] Grundform mit d-Anlaut auszugehen ist, vgl. mda. [mundartlich, Anmerkung M. Silber] Drauzen, 1842 der große Drautzen/der kleine Drautzen, 1742 Der Große Drautz See, 1739 bey den Drautzen, um 1575 Der Druzen Sehe. Sprachlich verwandt ist möglicherweise der bisher ebenfalls ungedeutete Flurname Die Drutzine in Klenica […]. Der offizielle Name des NSG enthält eine selten belegte Schreibvariante mit Tr-. Im Bestreben, den unverständlichen Gewässernamen zu erklären, wird er mitunter zum Numerale dreizehn (mhd. [mittelhochdeutsch, Anmerkung M. Silber] drizehen, -zen) gestellt, weil in dem hügligen Gelände mit mehreren z. T. ausgetrockneten Senken einst 13 Tümpel gelegen hätten. Aus lautlichen Gründen ist diese Erklärung jedoch abzulehnen“ (Gansleweit 2020, 178).

„Großer Drauzen“ – Panorama, 2021

In seiner Dorfchronik bringt Herr Gansleweit außerdem Fotos vom Großen Drauzen aus den Jahren 2014 und 2019 mit erstaunlich hohem Wasserstand, sodass tatsächlich der Eindruck eines Sees entsteht (vgl. Gansleweit 2020, 176-178). Hingegen belegen meine Aufnahmen vom Großen Drauzen aus den Jahren 2020 und 2021, dass kaum mehr offene Wasserflächen zu sehen sind: Immer dichter werdende Röhricht- und Schilfwalle und immer üppiger wuchernde Binsen- und Seggenbulte führen uns die fortschreitende Verlandung und somit Artenverarmung des einst so vielfältigen Sees drastisch vor Augen.


Quellen:
Gansleweit, K.-D. (2020). Henzendorf und Umgebung. Zum 650-jährigen Jubiläum eines Ortsteils der Gemeinde Neuzelle. Cottbus. Regia-Co-Work.
MLUK, Hg. (2020). Managementplan für das FFH-Gebiet Trautzke-Seen und Moore. Managementplanung Natura-2000 im Land Brandenburg. Potsdam. Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg.
Stiftung Stift Neuzelle, Hg. (2018). Atlas des Zisterzienserstifts Neuzelle. Berlin. Verlag für Berlin-Brandenburg.

Trautzke-Seen und Moore – Teil 1: Lage und Geomorphologie

Dieses Moorgebiet nahe Henzendorf liegt im Naturpark Schlaubetal und besteht heutzutage aus mehreren kleinen, teilweise leider trocken gefallenen Teichen. Als Moorpatin beim BUND Brandenburg besuche ich die Trautzke-Seen und Moore regelmäßig, um deren Zustand zu dokumentieren, wobei ich mich beim Moormonitoring insbesondere der Botanik widme.

Naturschutzgebiet Trautzke-Seen und Moore nahe Henzendorf, meinem Zuhause (SO-Brandenburg)
[Quelle: Open Street Map]

Im Naturschutzgebiet liegen fünf Trautzke-Seen – wobei die Bezeichnung „Seen“ übertrieben scheint, da der Großteil dieser kleinen Moorteiche trocken gefallen ist und nur vereinzelt offene Wasserstellen zu finden sind. Die Oberfläche der Teiche aber ist matschig und schwingt beim Gehen mit (sog. „Schwingrasen“) – ein typisches Merkmal für Moore.

Fünf Trautzke-Seen (der blaue Pfeil zeigt quasi die Richtung von Henzendorf zu den Trautzke-Seen und Mooren an)
[Quelle: Maps.me]

Über die Anzahl der Trautzke-Seen herrscht jedoch Uneinigkeit: Auf aktuellen Wanderkarten und auch in Google-Maps sind lediglich drei Seen verzeichnet.

Fünf Trautzke-Seen? In Google-Maps werden lediglich zwei Seen und ein Teich (das kleine blaue Pünktchen im Norden des grünen Naturschutzgebiets) aufgezeigt.
[Quelle: Google-Maps]

Glücklicherweise sind die Landkarten des Virtuellen Kartenforums der Technischen Universität Dresden exakter: 5 Seen!

Trautzke-Seen und Moore südöstlich von Henzendorf: Virtuelles Kartenforums der Technischen Universität Dresden – 5 Seen
[Quelle: SLUB Dresden]
Dabei war früher mal alles ganz anders …

Die Landschaft des Schlaubetals und seiner Umgebung wurde im Quartär ausgeformt, insbesondere in den beiden jüngsten Eiszeiten, der Saale- und Weichselkaltzeit. Als die Gletscher der nördlich gelegenen Fünfeichener Höhen abtauten, fielen gewaltige Schmelzwassermassen an, die südlich in Richtung Baruther Urstromtal abflossen. Auf ihrem Weg dorthin bildeten die glazifluvialen Sande und Kiese der Schmelzwässer den breit gefächerten Reicherskreuzer Sander.

{Quelle: Gansleweit 1986, 3]

Der Schmelzwasserabfluss erfolgte als Rinnenentwässerung, hauptsächlich durch die Schlauberinne und die Demnitz-Ölse-Rinne, aber auch die Chossewitzer Rinne und andere. Durch die Entwässerungsbahnen entstandenen steilwandige Tunneltäler, in diesen plombierten Toteisblöcke lange Zeit den Abfluss des Schmelzwassers. Erst „mit der holozänen Klimaerwärmung kam es zum Austauen des Toteises und zur fluvialen, turbulenten Ausräumung der Rinnen, so dass sie ihr heutiges Relief erhielten“ (MLUK 2020, 6).
In den zurückgebliebenen Sand- und Schluffablagerungen bildeten sich in der Nacheiszeit Rinnenseen und Niedermoore – auch die Trautzke-Seen und Moore liegen in einer solchen Rinne eingebettet.
Leider sind sie – wie auch andere Gewässer dieser Region – stark vom Austrocknen bedroht bzw. zum Teil bereits trocken gefallen. Darum wurde in den Jahren 2018 bis 2020 für das NSG Trautzke-Seen und Moore, das zugleich auch FFH-Gebiet ist, ein Managementplan erstellt, dessen übergeordnetes Ziel in der „Verbesserung und Stabilisierung des Landschaftswasserhaushalts insbesondere aber der Wasserhaushalte der gebietsprägenden Moore und Stillgewässer“ liegt (MLUK 2020, 43). Basierend auf der Natura-2000-Managementplanung soll ein günstiger Erhaltungszustand der Arten und Lebensräume gesichert bzw. entwickelt werden, um die biologische Vielfalt zu fördern (vgl. MLUK 2020, 1).
Der Managementplan beschreibt sehr anschaulich, welche Maßnahmen für das bereits schwer geschädigte NSG Trautzke-Seen und Moore vonnöten sind, doch ehrlich gesagt habe ich nicht den Eindruck, dass zurzeit tatsächlich etwas davon realisiert wird …


Quellen:
Gansleweit, K.-D., Hg. (1986). Eisenhüttenstadt und seine Umgebung. Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme im Gebiet zwischen Oder, Neiße und Schlaubetal um Eisenhüttenstadt und Neuzelle. Werte unserer Heimat, Bd. 45. Berlin. Akademie-Verlag.
MLUK, Hg. (2020). Managementplan für das FFH-Gebiet Trautzke-Seen und Moore. Managementplanung Natura-2000 im Land Brandenburg. Potsdam. Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg.

Trautzke-See, April 2021