Neue Pflegehunde?!

Mehrhundehaltung ist wohl die artgerechteste Lebensform für Haushunde. Doch es reicht nicht, willkürlich Hunde zusammenzubringen und darauf zu hoffen, sie würden sich schon irgendwie arrangieren. Die Integration eines neuen Hundes in eine bereits bestehende vierbeinige Lebensgemeinschaft erfordert Einfühlungsvermögen, Erfahrung und fundierte kynologische Kenntnisse, allem voran das „Lesen“ der Hunde. Nur dann ist eine realistische Abschätzung über Sinn bzw. Unsinn der Aufnahme von neuen Hunden möglich.

Besuch im Tierheim am See, 29. Juli 2020

„Liebe auf den ersten Blick“ sieht zwar anders aus, doch darum geht es auch gar nicht beim Kennenlernen … noch dazu war bei der Konstellation „intakter Rüde [Kyrill] vs. kastrierter Rüde, der intakte Rüden nicht leiden kann [Chekotee]“ vorerst nicht einmal gegenseitige Akzeptanz zu erwarten. Also mussten die beiden (zumindest anfangs) Maulkörbe tragen – Sicherheit geht eben vor.

Der 8-jährige – aus früherem ModeUNsinn kupierte – Kyrill, wegen chronischer Bauchspeicheldrüsenerkrankung ziemlich abgemagert, trug seinen Maulkorb eher gelassen als notwendiges Übel.

Chekotee hingegen, mein 5-jähriger „Draufgänger mit Angsthintergrund“, fühlte sich durch die laute Tierheim-Situation – noch dazu in Kombination mit dem (an sich bekannten) Maulkorb – so eingeschüchtert, dass er nur weg wollte.

Wenn Chekotee stark überfordert und geängstigt ist, sucht er stets bei mir Sicherheit und Schutz, denn er weiß, er kann sich darauf verlassen, dass ich ihm beistehe und ihm Unangenehmes „vom Leib halte“ – so wie ich Kyrill hier durch ein Handzeichen auf Abstand hielt.

Kyrill akzeptierte mein Signal, wich Chekotee aus und kam ihm in dieser Situation nicht mehr zu nahe. Für mich war das ein wesentlicher Hinweis darauf, dass Kyrill kommunizieren KANN und WILL – gute Voraussetzungen für eine Integration!

Erstes Kennenlernen zwischen Kyrill & Chekotee im Tierheim-Areal – und mit Maulkorb;-(
Video: Ute Schwetschke

Wie am Schluss des Videos zu sehen ist, blieb Suri (Kyrill´s Schäferhund-Freundin) völlig unbeeindruckt von unseren Interaktionen liegen, ihre Aufmerksamkeit war vielmehr nach hinten zu den Hunden im Nachbargehege gerichtet …

Die achtjährige Suri leidet an schwerer Hüftgelenksarthrose und an der Hitzewelle, welche zurzeit herrscht. Nur beim Zerrspiel erwachen ihre Lebensgeister: hier im Tierheim mangels eines passenden Spielzeugs bloß ein Stock.
Im Video ist außerdem zu erkennen, dass ihre Zähne nahezu komplett abgeschabt sind – ein Phänomen, welches wir im Tierschutz häufig bei Kettenhunden erleben. Suri kaut grundsätzlich auf allem gern herum, auch auf Steinen; daher werden wohl oder übel ihre abgeschliffenen Zähne stammen.

Trotz hochsommerlicher Hitze ist Suri für ein Zerrspiel immer zu haben!
Video: Mirjam Silber
Hört Suri auf ihren Namen?
Video: Mirjam Silber

Beim Zerrspiel mit Suri im Tierheim testete ich wiederholt, ob sie auf ihren Namen hört: In Spielpausen rief ich freundlich und einladend „Suri“ – jedesmal reagierte sie prompt und kam sofort zu mir. Ein gutes Zeichen für die Integration in einen Mehrhundehaushalt!

Autor: Mirjam Silber

Zertifizierte Kynologin, Canidenforscherin (Schwerpunkt Hunde und Wölfe), Assistenzhundetrainerin und Expertin für Hunde mit (deprivationsbedingten) Ängsten, Natur- und Artenschützerin, Sprecherin des Landesarbeitskreises "Wolf und Herdenschutz" beim BUND Brandenburg, Mitwirkende im Wolfsmonitoring, Mitglied bei Alnus e.V. (Moor-AG), Studentin an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE), Mitarbeiterin bei Palanca e.V.

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